Editorial

Buchbesprechung

Sigrid März




Angelika H. Hofmann:
Scientific Writing and Communication
Oxford University Press, 4. Auflage (2020)
Sprache: Englisch, 743 Seiten
ISBN-10: 0190063289
ISBN-13: 978-0190063283
Preis: 43,10 Euro (Paperback)

Gegen die Mittelmäßigkeit

(11.03.2020) Wer kennt es nicht, das jungfräulich weiße Blatt, die leere Dokumentenseite. Das Paper soll bald raus, aber die Worte wollen nicht aus dem Hirn aufs Papier. So viel vorweg: Vor der Schreibblockade schützt auch das Buch „Scientific Writing and Communication“ nicht. Aber das handwerkliche Rüstzeug für einen passablen Text liefert es dafür umso überzeugender.

Bereits in vierter Auflage informiert die Projekt- und Kommunikationsberaterin der Yale University Angelika H. Hofmann in „Scientific Writing and Communication“ Wissbegierige rund um das wissenschaftliche Schreiben, denn: „Clear communication is a requirement, not an option, for a good scientist“, stellt sie gleich im Vorwort klar.

Dabei sei es wichtig, zwischen Scientific Writing und Science Writing zu unterscheiden, lernt der Leser im ersten Kapitel. Letzteres, also das Schreiben über Wissenschaft, machen die tapferen Schreiberlinge von Laborjournal tagtäglich für Sie. Beim wissenschaftlichen Schreiben hingegen texten Wissenschaftler für Wissenschaftler: Paper, Reviews, Förderanträge – also alles, um die eigene Forschung möglichst kompakt und verständlich zusammenzufassen. Genau darum geht es in dem Buch mit mehr als 700 eng bedruckten Seiten. Information pur.

Wir starten mit den Basics, und die unterscheiden sich kaum von denen journalistischer Texte: Einfache Wörter, klare Sprache, kurze Sätze, lieber Verben statt Nomen. Eines der zahlreichen Beispiele verdeutlicht diesen Ansatz: „Changeability of X occurs when Y is added“ sollte besser heißen: „X can change when Y is added“ (Seite 17). Wer täglich das Geschwurbel in wissenschaftlichen Fachmagazinen liest, weiß, dass diese banalen Tipps allzu gern vernachlässigt werden. Oder die Autoren nutzen Übermengen an Fachbegriffen und Phrasen absichtlich, um noch schlauer zu klingen, als ihre hochspezialisierte Forschung sie ohnehin schon aussehen lässt. Wer weiß. Damit die Forscher wenigstens die Fachtermini korrekt verwenden, stellt Hofmann ihnen Literaturhinweise für naturwissenschaftliche Wörterbücher zur Verfügung.

Es folgen weitere Tipps zur Kommasetzung und Grammatik oder Fragen wie: Wohin stelle ich in einem Satz welches Wort, um die Bedeutung des Satzes nicht zu verfälschen?

Um Forschung ordentlich zu kommunizieren, sollten Abbildungen für sich sprechen. Verwende ich dabei lieber ein Balkendiagramm, eine Tabelle oder ein Box-Plot? Oder doch eine Graphik? Und welchen Bildausschnitt sollte ich vergrößert darstellen, um die wichtigste Aussage hervorzuheben? Korrektes Zitieren will ebenfalls gelernt sein, um den eigenen Namen nicht irgendwann wegen Plagiatsverdachts beim Blog Retraction Watch wiederzufinden. Auch hierzu liefert das Buch den einen oder anderen Kniff, genauso wie zur Statistik – des Biologen Lieblingsdisziplin. Aufgrund der Informationsfülle wird das Thema nur kurz angeschnitten, dafür aber so verpackt, dass es auch Nicht-Mathematiker verstehen.

Paper schreiben: ein Klacks

Schritt für Schritt arbeitet sich der wissenschaftlich vorgebildete oder zumindest interessierte Leser durch den typischen Aufbau eines Papers, Einleitung, Material und Methoden, Ergebnisse bis zur Diskussion, um endlich zur Königsdisziplin vorzustoßen – dem Schreiben des Abstracts. „Knowing how to write an Abstract is one of the most important skills in science, as virtually all of a scientist‘s work will be judged first (and often last) based on the Abstract“, heißt es sodann auf Seite 329. Nach der Lektüre von „Scientific Writing and Communication“ erscheint dies wie ein Klacks dank zahlreicher Beispiele und praxisnaher Übungen. Selbst das Überarbeiten des eigenen (oder eines fremden) Artikels wird mithilfe einer Checkliste zum Kinderspiel.

Derart euphorisiert kann sich der Forscher im nächsten Kapitelblock den Förderanträgen widmen. Dies gleicht in Grundzügen dem Paperschreiben, setzt jedoch Schwerpunkte bei der Darstellung der Forschungsziele und – natürlich den beiden „Is“: Impact und Innovation! Denn unter Weltrettungsambitionen mit Technologie aus der Raumfahrt läuft bei den Geldgebern kaum etwas.

Wird der Wissenschaftler dann dazu angehalten, seine Forschungsergebnisse zu präsentieren, so kann er dies auf einem Poster oder mit einem mündlichen Vortrag machen. Für beide Optionen gibt Hofmann erneut reichlich Tipps. Beim Poster etwa ist eine ansprechende Darstellung Pflicht, denn die Zeit der Posterbetrachter ist stets begrenzt. Viel Text schreckt ab, anschauliche Abbildungen schmeicheln dem Auge. Das gleiche gilt im Großen und Ganzen auch für den Aufbau eines Vortrags. Testet der Vortragende im Verlauf seiner Präsentation die gesamte Powerpoint-Animationspalette einmal rauf und runter, nervt das. Steht die Aussage der Folie in einem knackigen Satz direkt im Titel, kann auch ein Fachfremder folgen.

Viele im Buch angesprochene Tipps kennt der durchschnittlich informierte Wissenschaftler sicherlich bereits. Das meiste zum Thema „Paperschreiben“ oder „Anträge stellen“ lernt der Jungforscher eh von Mitdoktoranden, Postdocs und PIs. Dennoch ist „Scientific Writing and Communication“ die Gelegenheit, sich von der Mittelmäßigkeit des Chefs abzusetzen und mit glasklaren Formulierungen zu glänzen. So sei das Werk Studenten ebenso ans Herz gelegt wie gestandenen Wissenschaftlern. Zahlreiche Listen mit Dos und Don‘ts, Checklisten und ein schier unerschöpflicher Quell von Beispielen und Übungen machen das Buch zu einem wertvollen Begleiter auf dem langen Weg von der weißen Seite zum fertigen Paper.





Letzte Änderungen: 11.03.2020