Buchbesprechung

Daniel Weber

Editorial

Douglas Adams & Mark Carwardine:
Die Letzten ihrer Art: Eine Reise zu den aussterbenden Tieren unserer Erde.
(im Original erschienen 1990 als Last Chance to See bei Pan Books)
Taschenbuch: 272 Seiten
Verlag: Heyne Verlag (1. November 1992)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3453061152
ISBN-13: 978-3453061156
Preis: 11 Euro (Taschenbuch), ab 5 Euro (Gebundene Ausgabe), 16 Euro (Audio-CD)

Editorial

Der Engländer Douglas Adams ist vor allem durch seine vierteilige Trilogie in fünf Bänden Per Anhalter durch die Galaxis bekannt geworden. Weniger bekannt, aber nicht weniger lesenswert, ist sein 1990 (1991 auf Deutsch) erschienenes Buch Die Letzten ihrer Art, in dem er von seinen Reisen zu den vom Aussterben bedrohten Tierarten berichtet, die er zusammen mit dem Zoologen Mark Carwardine zwischen 1985 und 1989 unternommen hat.

Adams war Autor von skurrilen Weltraumgeschichten und seine Aufgabe – „eine, für die ich absolut qualifiziert bin – bestand darin, ein ungemein unwissender Nicht-Zoologe zu sein, für den alles wie aus heiterem Himmel zu kommen hatte“. Mark Carwardine wiederum ist ein erfahrener und mit allen Wassern gewaschener Zoologe, der beispielsweise einen finnenlosen Schweinswal sofort erkannte. Davon war Adams so beeindruckt, dass er seinen Autorenkollegen fragte, wie er das nur mache – und bekam prompt die fachmännische Antwort „Na, er hatte keine Finne!“.


Mehr Nase als Gehirn

So humorvoll wie von seinen Romanen gewohnt präsentiert Adams auch seine Reiseerlebnisse, die ihn nach Madagaskar, Indonesien, Zaire (das heutige Kongo), Neuseeland, China und Mauritius führen. Nebenbei lernt man, dass die Nasengänge des Nashorns mehr Platz einnehmen als sein Gehirn, der Kiwi ein angriffslustiger Vogel ist („Ein Kiwi […] prügelt eine Katze in der Regel grün und blau“) und dass die Ziffern auf den Telefonwählscheiben in Neuseeland entgegen dem Uhrzeigersinn nummeriert sind. Wählscheiben? Naja, die im Buch beschriebenen Weltreisen wurden zwischen 1985 und 1989 gemacht. Inzwischen hat wohl selbst die neuseeländische Telekom längst Ziffernblöcke eingeführt. Ob die ebenfalls „andersherum“ sortiert sind, mit einer mittigen Null ganz oben? Laborjournal-Leser im südlichen Pazifik, bitte melden!


Douglas Adams (1952-2001) Foto: BBC

Im Mittelpunkt der jeweiligen Kapitel stehen aber selbstverständlich die vom Aussterben bedrohten Tiere. Darüber hinaus nimmt sich Adams stets Erzählzeit für die Menschen, die ihm auf seinen Reisen begegneten. Der in weiten Kreisen als „Kultautor“ geltende Adams war ein genauer Beobachter und hervorragender Erzähler, und so ist das Buch nicht nur zoologische Feldstudie und Reisetagebuch, sondern auch eine an Ideen reichhaltige philosophische Entdeckungsreise. Dabei hat die Thematik nichts von ihrer Aktualität verloren, wie Elizabeth Kolbert erst kürzlich mit ihrem Pulitzer-gepreisten Buch Das 6. Sterben bewiesen hat (siehe dazu auch Laborjournal 9/2017, Seite 70).

... und wie geht’s ihnen heute?

Es sind rund dreißig Jahre vergangen, seitdem Adams und Carwardine ihre im Buch beschriebenen Reisen unternahmen, und es stellt sich natürlich die Frage, wie es im Jahr 2017 um die damals charakterisierten Tiere bestellt ist.

Für den Aye-Aye (Daubentonia madagascariensis), eine Lemurenart auf Madagaskar, wird heute angenommen, dass dessen Verbreitungsgebiet größer und die Bedrohung geringer geworden sei. Der Komodowaran (Varanus komodoensis) in Indonesien, die mit bis zu drei Metern Länge größte lebende Echse, ist mit einem Bestand zwischen 3.000 und 4.000 Tieren weiterhin gefährdet. Vom südlichen Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum) gibt es im Kongo mittlerweile wieder mehr Tiere als damals; hingegen scheint das nördliche Breitmaulnashorn in freier Wildbahn tatsächlich ausgestorben zu sein. Lediglich in europäischen Zuchtprogrammen leben noch einige Exemplare.

Ebenfalls im Kongo leben weiterhin die bedrohten Berggorillas (Gorilla beringei beringei) mit einer Popula­tionsgröße von etwa 880 Tieren bei der letzten Zählung 2012; auch der Roudrigues-Flughund (Pteropus rodricensis) auf Madagaskar gilt weiterhin als „stark bedroht“. Vermehrt hat sich erfreulicherweise der Kakapo (Strigops habroptila) auf Neuseeland, der „größte, fetteste und flugunfähigste Papagei der Welt“ – von 47 auf 154 Exemplare. Der Jangtse-Delphin in China ist hingegen vermutlich ausgestorben. Dessen lateinischen Artnamen brauchen Sie nicht mehr zu lernen.

Während der Rezensent die Informationen über den Zustand der verschiedenen Tierpopulationen aus der Online-Enzyklopädie Wikipedia bezogen hat, wollten Adams und Carwardine dieser Frage bereits vor rund 16 Jahren nachgehen und dafür wieder zu den damaligen Reisezielen aufbrechen. Leider ereilte Adams zu der Zeit das Schicksal des Jang­tse-Delphins: Er ist 2001 ausgestorben. Seinen Fans in aller Welt ist das einerlei – die einen glauben fest an Adams’ triumphale Rückkehr und Teil sechs der „Anhalter“-Trilogie, die anderen tragen ihm zum Gedenken an jedem 25. Mai feierlich ein Handtuch mit sich herum oder wickeln es sich als Turban um den Kopf.

Einstweilen müssen wir uns aber mit den leider viel zu wenigen Romanen von Adams begnügen (jüngst um die drei Doctor-Who-Drehbücher in Romanform erweitert), sowie dem Wörterbuch Der tiefere Sinn des Labenz und eben mit Die Letzten ihrer Art – ein noch immer eher unbeachteter Klassiker, der einerseits unglaublich humorvoll ist, andererseits aber auch sehr nachdenklich stimmt. Ein Buch zum Immer-wieder-lesen – wie alle Werke von Douglas Adams.


Letzte Änderungen: 08.12.2017