Editorial

Buchbesprechung

Darja Henseler




Fritz Höffeler: Bildatlas Genexpression

Broschiert: 224 Seiten
Verlag: Deutsch, Harri, Verlag GmbH; Auflage: 1. Aufl. 2011 (20. Oktober 2011)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3817118856
ISBN-13: 978-3817118854
Preis: 48,00 EUR



Biologie in Bildern: Bildatlas Genexpression

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte – ganz besonders, wenn es um hochkomplizierte Zusammenhänge geht.

Er hat es wieder getan. Fritz Höffeler, Jahrgang 1964 und in Hamburg lebender Diplombiologe, hat mit dem Bildatlas Genexpression sein zweites „Bilderbuch“ veröffentlicht. Als Genetikerin habe ich es voller Spannung aufgeschlagen. Meine Erwartung: 198 Seiten nur Informationen über Genexpression und -regulation.

Falsch vermutet. Höffeler fängt bei den Grundlagen an. Die ersten 16 Seiten gibt er einen Überblick über die verschiedenen Molekülklassen (Proteine, Fette, Polysaccharide und Nucleinsäuren), deren Zusammensetzung, Funktion sowie einige Besonderheiten der DNA und RNA. Dann folgt eine Beschreibung gängiger genetischer und chromosomaler Elemente wie Centromere, Transponierbare Elemente, Plasmide und Nucleoide. Jeder, der es schätzt, wenn ein Buch bei leicht verständlichen Dingen ansetzt und erst nach und nach zu komplexeren Themen übergeht, wird beglückt sein.

Wie sieht der Replikationsapparat aus?

Auf den Seiten 44 beziehungsweise 96 beginnen dann die beiden Hauptkapitel des Buches: „Genetische Mechanismen“ und „Expressionsregulation“. Hier erfährt der Leser alles von Transkription über RNA-Prozessierung bis hin zur Translation. Spannender sind jedoch die Abbildungen und Texte zur Replikation. Bei deren Betrachtung wird einem beispielsweise verständlich, wie der Replikationsapparat aufgebaut ist und dass die DNA-Polymerase nicht auf dem Folgestrang entlang gleitet, sondern der Folgestrang mit Hilfe des Replikationsapparats durch die DNA-Polymerase hindurchgezogen wird.

Auch anderes, zum Beispiel warum und unter welchen Bedingungen die 5’-Kappe und der Poly-A-Schwanz der mRNA diese vor dem Abbau schützen, wird bildhaft und vorbildlich veranschaulicht. Weiterhin fällt positiv auf, dass oftmals die grundlegenden Mechanismen in Eukaryoten und Prokaryoten gegenübergestellt werden.

Vorbildliche Gegenüberstellungen

Mehrmals wird auch zu Modellorganismen Bezug genommen. So ist beispielsweise die Dosiskompensation bei X-Chromosomen für den Fadenwurm, Drosophila und die Maus beschrieben. Und im nachfolgenden Kapitel „Signale und Kaskaden“ werden die genotypische und die phänotypische Geschlechtsdetermination sehr anschaulich durch Beispiele aus dem Tier- und Pflanzenreich erläutert.

Hier erfährt man auch, wie es bei Drosophila zu Individuen kommt, die halbseitig männlich und halbseitig weiblich sind und warum beim Clownfisch Veränderungen im sozialen Umfeld zu einer Änderung des Geschlechts führen kann. Auch wenn gerade der letzte Punkt etwas ausführlicher hätte sein können, sollte sich jeder Leser diese sechs Seiten über Geschlechtsbestimmung nicht entgehen lassen.

Zu guter letzt gibt Höffeler einen Überblick über den Bau, die Bestandteile und die Aufnahme gängiger Viren in die Zelle und zeigt dazu auch elektronenmikroskopische Aufnahmen der kleinen „Lebewesen“. Auch nicht zu verachten ist der 39seitige Ergänzungsteil am Ende des Buches, der einige der vorher besprochenen Themen noch mal vertieft.

Etwas gestolpert bin ich über die Definition für ein Pseudogen, die nicht ganz richtig als „funktionslose, nicht transkribierbare Gene oder Genkopien“ beschrieben werden. Es gibt jedoch durchaus Pseudo­gene, die eine regulierende Funktion haben. Ein Beispiel ist das Pseudogen der neuronalen Stickstoffmonooxid-Syn­thase (nNOS), das durch Expression einer antisense RNA die Expression des Originalgens inhibiert (J Neurosci. 1999 Sep 15;19(18):7711-20).

Der Bildatlas ist sehr strukturiert und übersichtlich. Kurz gehaltene Textpassagen und ein Bilderanteil von 50 Prozent machen das Lesen leicht. Die Abbildungen veranschaulichen die genetischen Abläufe recht gut und auch viele der elektronenmikroskopischen Aufnahmen sind sehenswert.

Strukturiert und übersichtlich

Höffeler schafft es, ein breites Wissensfeld übersichtlich und kurz zusammengefaßt darzustellen. Seine gewünschte Zielgruppe: Studenten, Dozenten sowie Schüler und Lehrer in der Sekundarstufe II. Um sich auf Prüfungen vorzubereiten, ist dieses Buch auf jeden Fall geeignet. Auch kann es Dozenten helfen, Themen übersichtlicher darzustellen. Weit in die Tiefe geht dieses Werk nicht, daher wird ein sehr wissensdurstiger Leser sich nicht mit dieser Lektüre allein zufrieden geben. Allerdings ist dieses Repetitorium auch sinnvoll für Fachexperten, die nicht Gefahr laufen wollen, zu Fachidioten zu mutieren. So kann man mit diesem Buch gut mal einen Schritt zurück treten, um sein Spezialwissen ins Gesamtbild einzuordnen und zusätzlich das Grundwissen aufzufrischen.

Fritz Höffeler hat nach seinem Biologiestudium einige Jahre in der Industrie gearbeitet und dann Erziehungswissenschaften mit Schwerpunkt Didaktik studiert. 1999 gründete er ein Atelier für wissenschaftliche Illustrationen (www.art4science.de) und arbeitet seitdem als Illustrator und Autor unter anderem für Biologie in unserer Zeit und Spektrum der Wissenschaft.




Letzte Änderungen: 07.10.2012