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Cornelia Stolze: Vergiss Alzheimer! Die Wahrheit über eine Krankheit, die keine ist. Gebundene Ausgabe: 245 Seiten Verlag: Kiepenheuer & Witsch, 2011 Sprache: Deutsch ISBN-10: 3462043390 ISBN-13: 978-3462043396 Preis: 18,99 EUR |
„Du, da behauptet jemand, Alzheimer gäb’s gar nicht. Es sei ne Erfindung von geldgeilen Medizinern und der Pharmalobby.“ – „Wer sagt das? Peter Duesberg?“ – „Nee, ne Wissenschaftsjournalistin.“ – „Wie heißt sie denn?“ – „Stolz oder Stölzle oder so ähnlich.“ – „Nie gehört.“ – „Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Du bist doch Neurobiochemiker. Lies das doch mal und sag mir was Du davon hältst.“
Auf diese Weise kam der Rezensent zu einem Exemplar von Vergiss Alzheimer!, aufgelegt bei Kiepenheuer & Witsch und geschrieben von der Diplombiologin Cornelia Stolze. Der Rezensent schlug es mit Misstrauen auf und hatte die 230 Seiten in fünf Stunden durchgelesen.
Stolze trägt Folgendes vor:
Die Lektüre machte den Rezensenten nachdenklich. Da schreibt keine hysterische Esoterikerin. Stolze ist auf eine tatsächliche Schwachstelle der Demenz-Forschung gestoßen. Sie könnte recht haben: Wenn die Plaques und Tangles wirklich nicht mit Demenz korrelieren, dann ist Alzheimer Schall und Rauch – ein Gespenst, das Milliarden Euro und Hekatomben von Forscherleben gefressen hat. Und in der Tat: Die über Jahrzehnte hinweg verprassten Milliarden und Forscherjahre haben bisher weder zu einer Klärung der Ursachen noch zu einer Therapie von Alzheimer geschweige denn Demenz geführt. Eine beinharte Blamage für die medizinische Forschung.
Die Zweifel am Krankheitsbild „Alzheimersche Krankheit“ sind nicht auf Stolzes Mist gewachsen, sondern auf dem des US-Neurologen Peter Whitehouse. Er hat schon 2009 vom „Mythos Alzheimer“ geschrieben. Auch eine Reihe von deutschen Universitätsmedizinern sieht „Alzheimer“ kritisch. Dennoch: Die deutschen Alzheimerpäpste müssen sich von einer kleinen Diplombiologin sagen lassen, dass ihre Arbeit wertlos ist. Peinlich!
Leider versäumt Stolze den entscheidenden Punkt: Sie untermauert die schlechte Korrelation der Plaques und Tangles mit Demenz nicht mit Zahlen. Wie viele Leute gibt es, die voller Plaques und Tangles, aber in geistiger Frische gestorben sind? Wie viele Hirne gestorbener Alzheimer-Patienten sind frei von Plaques und Tangles?
Statt dies fest zu tackern, verzettelt sich Stolze. Sie macht Ausflüge in Gegenden, die nur am Rande mit Alzheimer zu tun haben. So geißelt sie die Korruption der Ärzte durch Pharmareferenten. Dabei scheint sie in dem Punkt nicht auf dem Laufenden zu sein. Der Arztbestechung durch Pharmareferenten ist seit Jahren ein gesetzlicher Riegel vorgeschoben worden. Viel mehr als einen Kugelschreiber dürfen die nicht mehr überreichen.
Stolze nennt die Profiteure am Alzheimer-Geschäft oder jene, die sie dafür hält, mit vollem Namen. Tapfer greift sie an, scheut selbst juristische Auseinandersetzungen nicht. Jörg Debatin (Hamburg), Harald Hampel (Frankfurt), Hans-Jürgen Möller (München), Wolfgang Maier (Bonn) und einige andere sind ihre bösen Buben. Stolze beschreibt die Alzheimer-Forschung als Trauerspiel von Seilschaften, Interessenverflechtungen, Ignoranz und Gleichgültigkeit. Blinde tappen im Dunkeln und tasten nach Geldsäcken.
Ein Lesegenuss ist das Buch nicht. Die Abbildungen sind unterirdisch. Der Text strotzt vor Wiederholungen, die Schreibe fließt eintönig und ohne Glanzlichter. Stolzes Lieblingswort ist „renommiert“. Ein Sachwortverzeichnis fehlt. Manches ist falsch, so bindet der NMDA-Rezeptor Glutamat und nicht Glutamin. Der Rezensent hat den Eindruck, dass zwar sorgfältig recherchiert, aber hastig geschrieben wurde.
Aber immerhin: Die Frau hat etwas zu sagen.
Zudem gibt sie am Ende des Werkes an, was wirklich gegen Demenz helfe (nicht gegen Alzheimer, Alzheimer gibt es ja nicht). Einige Ihrer Ratschläge, angereichert mit Überlegungen des Rezensenten:
Diese Tipps kosten wenig, ja sparen Geld. Auch ist der Rezensent davon überzeugt, dass die Studien, auf denen sie basieren, korrekt durchgeführt wurden. Denn schon des Rezensenten Unterentersbacher Oma tischte dem Opa fast täglich derartige Ratschläge auf. Mit Erfolg. Der Rezensent zieht daher den Hut vor Vergiss Alzheimer! und empfiehlt das Buch.
"Der Rezensent behauptet, ich hätte versäumt, den entscheidenden Punkt zu erwähnen: Eine Angabe nämlich, wie viele Leute es gibt, deren Hirne voller Plaques und Tangles, aber in geistiger Frische gestorben sind. Die Antwort ist: Ein Drittel. Sie findet sich auf Seite 42 meines Buches.
Ferner behauptet der Rezensent, die Zweifel am Krankheitsbild "Alzheimer" seien nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern auf dem des US-Neurologen Whitehouse. Das ist nicht der Fall. Tatsächlich bin ich 2007 auf die massiven Widersprüche im Konzept gestoßen - also zwei Jahre vor Erscheinen des Buchs von Peter Whitehouse (2009). Auslöser dafür war ein Interview mit Prof. Hampel - jenem Alzheimer-Forscher, der inzwischen auch öffentlich in Kritik geraten und vor kurzem von der Universitätsklinik Frankfurt entlassen worden ist. Auf dieses Interview habe ich mich an mehreren Stellen in meinem Buch bezogen. Seit diesem Interview hat mich das Thema nicht mehr losgelassen. Und ich habe dazu immer wieder recherchiert und mit Experten gesprochen. Denn am Anfang konnte ich selbst nicht fassen, dass offensichtlich in derart großem Stil in der Alzheimer-Forschung geschummelt und gelogen wird. Erst nachdem die Idee geboren war, ein Buch über den Alzheimer-Schwindel zu schreiben, habe ich eine Bestandsaufnahme gemacht - und festgestellt, dass ich mit meiner These nicht alleine da stehe. Einige meiner Beobachtungen haben sich mit denen von Peter Whitehouse gedeckt. Er hat das Thema in seinem Buch aber anders abgehandelt. Seine These ist, dass hinter der Alzheimer-Krankheit ein ganz normaler Altersprozess steckt - mehr nicht. Meine Recherchen und mein Buch gehen aber weit darüber hinaus. Auch die Schlüsse, die ich aus meinen Beobachtungen und Erkenntnissen gezogen habe, sind größtenteils andere. Dass es Zweifel am Krankheitskonzept Alzheimer gibt, ist übrigens - wenn man es genau nimmt - keineswegs neu. Auch Peter Whitehouse war hier nicht der Erste."