Einfach mal
laufen lassen

(31.08.2022) Saubere DNA für die Genomsequenzierung lässt sich ganz einfach über eine Agarose-Gelelektrophorese gewinnnen. Ausschneiden, extrahieren, fertig.
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Editorial

Die Genom­sequenzierung hat sich rasant entwickelt und mit ihr die Anzahl sequenzierter Organismen. Doch so brillant eine neue Technologie, so effizient eine Apparatur auch sein mag, zu Beginn braucht sie immer eines: genomische DNA (gDNA), und zwar in guter Qualität.

Protokolle zur DNA-Extraktion richten sich nach den Eigenheiten des Organismus beziehungsweise Materials – manche verlangen einen rabiaten Zellaufschluss, andere ein bestimmtes Detergenz. An die DNA heranzukommen, ist oft allerdings nicht der Knackpunkt, sondern, ungewollt mitextrahierte Komponenten wieder loszuwerden. Hinter jedem Verarbeitungs- oder Reinigungs­schritt lauert Degradations­gefahr, ganz besonders bei der RNAse-Behandlung. Schließlich läuft diese unter Bedingungen ab, bei denen sich Nukleasen generell wohlfühlen.

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Vorteil: langsame DNA

Es gibt eine ganze Palette an gDNA-Extraktions-Kits. Auch wenn sie eine RNAse-Behandlung beinhalten, können Reste von RNA dennoch verbleiben. Bevor die Probe also zur Genom­sequenzierung weiterverarbeitet werden kann, wären zusätzliche Reinigungen nötig. Ein Forscherteam aus Bangkok fragte sich, ob man die Aufreinigung nicht abkürzen könnte. Wenn RNAse-Behandlung die DNA in Degradations­gefahr bringt, die Probe aber auf jeden Fall von RNA befreit werden soll, muss man sie eben anderweitig loswerden.

Die Lösung ist verblüffend einfach: Agarose-Gelelektro­phorese. Schließlich läuft die RNA weit, weit vorneweg, während sich die hochmolekulare DNA wesentlich langsamer vorwärts­bewegt und nur kurze Strecken schafft. Dass die DNA aber überhaupt läuft, ist vorteilhaft und wichtig, denn sonstige Kontaminanten bleiben in den Gel-Taschen stecken. Um an die aufgereinigte DNA zu gelangen, schneidet man einfach die DNA-Bande im Gel (0,8 % Agarose) aus. Die Gel-Extraktion erfolgt klassisch mit einem Kit. Es gibt jedoch ein paar Kniffe zu beachten.

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Frisch gereinigt und autoklaviert

Um der Degradation vorzubeugen, muss die Gel-Apparatur vorher unbedingt gereinigt, das Gel frisch gegossen und der Laufpuffer autoklaviert worden sein. Die UV-Bestrahlung beim Gel-Ausschneiden soll minimal gehalten werden (oder man exponiert nur einen Teil einer breiteren Laufspur). Statt bei der Gel-Extraktion die Säulchen nur einmal zu waschen, wäscht man dreimal. Mit jedem Waschschritt steigt die Qualität, messbar am Absorptions­verhältnis (A230/A260), welches am Ende bei 0,5 liegt.

Die Forscher haben drei Laufpuffer-Systeme verglichen: TAE, TBE und Borsäure, und alle für gleichermaßen geeignet befunden. Die gDNA lässt sich mit Restriktions­enzymen schneiden und für eine Illumina-Sequenzierung verwenden. Die erhaltenen Leselängen sind 150 nt. Benötigt werden für das Short-read-Next-Generation-Sequencing mindestens 1,5 Mikrogramm gDNA mit Mindest­konzentration von 20 ng/µl. Das sollte leicht zu schaffen sein. Die Kapazität von Gel-Reinigungs­säulchen liegt bei 20 Mikrogramm. Daumenregel: Die im Gel aufgetragene Nukleinsäure-Menge bringt etwa ein Drittel Ausbeute an aufgereinigter DNA.

Transportabel und lagerungsfähig

gDNA-Proben im Gel aufzureinigen, hat einen weiteren Vorteil, der für sicheren Transport und arbeitsfreie Wochenenden sorgt: Das entsprechende Gel-Stück, anstelle der fertig Gel-extrahierten-eluierten Probe, kann ein paar Tage gelagert werden. Im Gel findet (diffusions­bedingt) weniger Degradation statt als in Flüssigkeit. Drei Tage bei Raumtemperatur sind kein Thema. Last but not least sind Kits zur Gel-Aufreinigung ungleich billiger als gDNA-Extraktionskits.

Für diese Organismen hat das Prozedere erwiesenermaßen funktioniert: Dictyostelium, Pflanzenblätter (Reis, Maulbeere, Sonnenblume, Okra), Bakterien (E. coli, Agrobacterium).

Andrea Pitzschke

Utthiya S. et al. (2022): Gel purification of gDNA for next-generation sequencing applications. BioTechniques, 73(2): 99-103

Bild: Pixbay/Filmbetrachter