Feine Spürnase
für optimale gRNAs

(22.06.2022) Schlecht gewählte guideRNAs können Genom-Editing-Experimente ziemlich versauen. Ein einfaches Webtool hilft, geeignete Kandidaten zu finden.
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Editorial

Wer seinen Lieblings­organismus gezielt genetisch manipulieren oder von einer genetischen Krankheit heilen will, greift gern zum Genom-Editing-System CRISPR-Cas9. Der Erfolg der Genom-Editierung hängt aber sehr stark von möglichst treffsicheren guide (g)RNA-Sequenzen ab. Diese werden von gRNA-Design-Tools vorgeschlagen, nachdem sie den gewünschten Abschnitt des Genoms mit speziellen Algorithmen überprüft haben. Die von den Programmen ausgespuckten gRNAs sollten zu einem möglichst effektiven Schneiden der Zielsequenz führen und gleichzeitig Off-target-Effekte vermeiden. Das ist aber in vielen Fällen nur Wunschdenken. Meist ist die Vorhersage-Güte der Tools alles andere als optimal und es ist oft nicht nachvollziehbar, wie sie die geeignetsten Sequenzen für die gRNAs aufspüren.

Georgios Paliouras Gruppe von der Aristotle University of Thessaloniki in Griechenland hat deshalb das Vorhersage-Werkzeug CRISPRedict ausgetüftelt, das die gRNAs mithilfe eines transparenten und einfachen Algorithmus auswählt. Die Griechen trainierten das Tool mit umfangreichen Daten-Sets für gRNAs, deren Expression von U6- sowie T7-Promotoren angetrieben wurde. Dazu arbeiteten sie zunächst 25 Eigenschaften von gRNAs heraus, die die Schneid-Effizienz positiv oder negativ beeinflussen können. Hierzu gehören beispielsweise Positions-spezifische Nukleotid­konstellationen sowie (Falt-)Strukturen.

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Erkunden und vorhersagen

CRISPRedict kann in drei verschiedenen Operations-Modi verwendet werden. Im Explore-Modus bekommt der Nutzer Einblick in die Modelle sowie die definierten 25 Eigenschaften und kann in der Ansicht zwischen U6- und T7-spezifischen Plots wählen. Weiter geht es im Predict-Modus. Das Programm akzeptiert Nutzer-definierte Sequenzen, die potenzielle gRNAs darstellen. An diese Sequenzen gelangt man beispielsweise mit Webtools für die Suche von CRISPR-Zielsequenzen wie zum Beispiel Chopchop (https://chopchop.cbu.uib.no).

Aus einer beliebig langen hochgeladenen Liste im FASTA oder CSV-Format berechnet das Programm die vielverspre­chendsten gRNAs – wiederum wahlweise für die Expression von einem U6- oder T7-Promotor. Das Ergebnis kann man als Tabelle herunterladen. Die Gruppe testete mit CRISPRedict eine Liste von 147 Kandidaten­sequenzen, die ein US-amerikanisches Team in einer früheren Studie für den Knockout des Gens Nrl1 erhalten hatte (Nat Commun, 8:14716). Offensichtlich trafen die US-Forscher damals keine optimale Wahl für die gRNA. Die von ihnen favorisierte gRNA setzte CRISPRedict nur auf Platz 5 der Kandidatenliste – es hätte also vier geeignetere gRNAs gegeben.

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Interpretieren

Der Interpret-Modus veranschaulicht schließlich, warum eine gRNA geeigneter ist als eine andere und wie viel sie möglichen Konkurrenten voraushat. Hier sieht man die errechneten Effizienz­werte (efficiency score), und wie sie sich zusammen­setzen. Die Darstellung erfolgt als Balkendiagramm. Jeder Balken steht für eine der 25 Eigenschaften und bildet jeweils die Spannbreite innerhalb eines Datensets ab. Für jede gewählte Sequenz existiert eine separate Darstellung. Das eigentliche Balkendiagramm für jede Sequenz des Datensets ist identisch. Es enthält aber bei den einzelnen Eigenschaften ein Kreuzchen an der exakten Stelle, variiert also beispielsweise weil überdurch­schnittlich viele AG-Motive vorkommen oder nicht.

Wer CRISPRedict ausprobieren will, findet das Tool unter dem Link www.crispredict.org.

Andrea Pitzschke

Konstantakos V. et al. (2022): CRISPRedict: The case for simple and interpretable efficiency prediction for CRISPR-Cas9 gene editing. BioRxiv, DOI: 10.1101/2022.04.07.486362

Bild: Pixabay/susanne906