Biologisches Fungizid
aus Hefe
(01.06.2022) Von Lipoxygenasen synthetisierte Oxylipine schützen Pflanzen vor Infektionen. Pichia pastoris könnte die Enzyme auch in großen Mengen herstellen.
Tuckernd ziehen die Traktoren derzeit wieder durch Felder und Plantagen und versprühen synthetische Pflanzenschutzmittel. Dufte finden das die wenigsten. Zu wissen, was da an Chemie alles im Grundwasser landet oder auf der Schale von Früchten haften bleibt, kann gehörig den Appetit verderben (siehe dazu einen Bericht vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart).
Dabei hätte die Natur die eine oder andere umweltverträglichere Alternative parat – etwa Oxylipine, die wie natürliche Fungizide wirken. Oxylipine entstehen durch die von Lipoxygenasen (LOX) katalysierte Addition von Sauerstoff an ungesättigte Fettsäuren. Pflanzen aktivieren Lipoxygenasen, wenn sie zum Beispiel von Pilzen infiziert werden. Kartoffelpflanzen fahren dann die Expression der Lipoxygenase 9-LOX hoch, um Oxylipine mit antimikrobiellen Eigenschaften zu bilden.
Kartoffelklon aus Köln
Warum Oxylipine also nicht als Pflanzenschutzmittel einsetzen? Dazu müsste man sie in großen Mengen produzieren und da lohnt sich ein Blick in die Literatur. Schon 1996 hatte Jose Sanchez-Serranos Gruppe vom Centro Nacional de Biotecnología CSIC, zu der auch Sabine Rosahl (damals am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln) gehörte, das 9-LOX-Gen der Kartoffel kloniert (J Biol Chem, 271(35):21012-9). Ein bunt gemischtes Team um Matthias Koch von der Hochschule Neubrandenburg, Sylvestre Marillonnet vom Leibnitz-Institut für Pflanzenbiochemie in Halle/Saale sowie dem Erstautor Alex Olongo von der Makerere University in Uganda erinnerte sich daran und besorgte sich von Rosahl, die inzwischen ebenfalls in Halle arbeitet, den LOX-Klon.
Das deutsch-ugandische Forscherteam verfrachtete das 2,6 kb lange mit einem His-Tag ausgestattete 9-LOX-Gen in drei handlichen Fragmenten in einen geeigneten Vektor und exprimierte es in der Hefe Pichia pastoris. Warum ausgerechnet P. pastoris? Die Hefezellen sind methylotroph und kommen mit Methanol als einziger Energiequelle aus. Olongo et al. transfizierten P. pastoris X-33 mit dem linearisierten Plasmid und selektierten sie auf Zeocin. Die Zellen kultivierten sie zunächst in BMGY-Medium (Buffered Glycerol Complex Medium), zentrifugierten sie nach 18 Stunden ab und überführten sie dann in BMMY-Medium (Buffered Methanol Complex Medium). Damit änderte sich nicht nur der Speiseplan der Hefen. Der Alkohol induzierte auch die Expression des rekombinanten 9-LOX-Proteins, da diese von einem AOX1-Promoter (Alkoholoxidase) gesteuert wurde. Um die Induktion in den Zellen aufrechtzuerhalten, gab die Gruppe alle 24 Stunden Methanol zu, bis eine Endkonzentration von 0,5 Prozent erreicht war.
Bislang geringe Ausbeute
In Coomassie-Gel und Western-Blot zeigte sich die erhoffte Proteinbande und auch die Größe von 97 kD passte. Dummerweise entließen die Hefezellen das 9-LOX-Protein aber nicht in den Überstand, wie es die Hallenser Forscher mit einem vorgeschalteten Alpha-Sekretionsfaktor beabsichtigt hatten. Von dort wäre es viel leichter zu isolieren als aus lysierten Zellen. Das Team änderte schließlich die Schnittstelle zwischen dem Sekretionsfaktor und LOX-9, um die Sekretion mithilfe der hefeeigenen Convertase (Protease Kex2) zu forcieren. Offensichtlich wirken sich aber auch vakuoläre Proteasen wie Saccharopepsin und Cerivisin negativ auf die Ausbeute aus. Einen möglichen Ausweg sieht die Gruppe durch den Umstieg auf entsprechende Mutantenstämme.
Ob das in Pichia pastoris exprimierte rekombinante 9-LOX-Protein tatsächlich enzymatisch aktiv ist und im Fermenter ungesättigte Fettsäuren sauber und produktiv zu Oxylipinen umsetzen kann, muss sich aber erst noch zeigen.
Andrea Pitzschke
Olengo A. et al. (2022): Molecular cloning and recombinant protein expression of 9-Lipoxygenase gene from Solanum tuberosum in Pichia pastoris yeast cells. BioRxiv, DOI: 10.1101/2022.05.18.492528
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