Gut für Klima und
Geldbeutel
(26.01.2022) Laborutensilien aus Glas oder Plastik wiederzuverwenden, spart nicht nur CO2-Emissionen ein – es ist auch ökonomisch sinnvoll.
In den meisten Fällen ist ein großer persönlicher Einsatz nötig, um Forschungsergebnisse zu erzielen, die einen nennenswerten Eindruck hinterlassen. Der mit der Forschung verbundene CO2-Fußabdruck hängt aber weniger vom persönlichen Einsatz ab als vielmehr vom Einsatz von Ressourcen. Aber soll es der Umwelt zuliebe ab sofort nur noch virtuelle Experimente geben? Sinnvoller wäre sicher der Umstieg von Einweg- auf Mehrwegutensilien. Fragt sich nur wie praktikabel dieser ist.
Benoit P. Nicolet vom Amsterdam UMC and Oncode Institute und sein Kollege Martin Farley vom University College London haben nachgerechnet, ob sich der Umstieg auszahlt – für Klima und das Laborbudget. Die beiden erfassten hierfür den Lebenszyklus von vier häufig genutzten Laborutensilien: Sechs-Zentimeter-Petrischalen, 50-ml-Röhrchen (Zentrifugenröhrchen), Ein-Liter-Kulturkolben sowie Pasteurpipetten, jeweils als Einwegplastikartikel oder mehrfach verwendeter Plastik- beziehungsweise Glasartikel. Die Gesamtemissionen an CO2 setzen sich zusammen aus der Produktion (Rohstoffe und deren Verarbeitung) sowie dem Transport. Bei der mehrfachen Verwendung kamen Reinigung, Autoklavieren und Trocknung hinzu, gefolgt von der Entsorgung (Verbrennung).
Klarer Vorteil für Mehrweg
Wiederverwendeten Artikeln unterstellten Nicolet und Farley eine Lebensdauer von zehn Jahren, auf die sich die herstellungsbedingten Emissionen wie auch die Anschaffungskosten verteilen. Außerdem nahmen sie an, dass ein wiederverwendeter Artikel innerhalb einer Woche den vollständigen Zyklus aus Benutzen, Waschen, Autoklavieren sowie Trocknen durchläuft und danach wieder griffbereit im Regal steht. Um es vorwegzunehmen: Auch wenn es sich nur um eine Beispielrechnung handelt und die Preise für Strom, Wasser sowie für die verwendeten Artikel zwischen einzelnen Ländern beziehungsweise Herstellern variieren – Mehrweg hat gegenüber Einweg klar die Nase vorn.
Bei den Zentrifugenröhrchen fallen elfmal weniger Emissionen an, wenn Mehrwegglas statt Einwegplastik verwendet wird. Mehrfach verwendete Plastikröhrchen schneiden gegenüber Glas nochmals um 7,4 Prozent besser ab, da ihre Produktion mit weniger Treibhausgas-Emissionen verbunden ist. Bei wiederverwendetem Glas hat das Autoklavieren mit 44 Prozent den dicksten Anteil am Fußabdruck, 31 Prozent stammen von der Produktion, 18,5 Prozent vom Waschen in der Spülmaschine und sechs Prozent vom Trocknen.
„Teure“ Herstellung
Ganz ähnlich sehen die einzelnen Fußabdrücke von Mehrwegplastik aus. Bei Einwegartikeln haut dagegen die Herstellung mit 99 Prozent der Emissionen so richtig rein. Das übrige Prozent ist der Verbrennung zuzuschreiben. Falls die Wiederverwendung dieser Artikel nicht möglich ist, etwa weil Experimente gefährliche Komponenten enthalten oder der Artikel beim Autoklavieren zerstört wird, sollten sie keinesfalls solange ungenutzt im hintersten Regal stehen, bis sie zerbröseln. Die Emissionen, die auf ihre Kappe gehen, sind schließlich schon passiert.
Für die anderen drei untersuchten Laborutensilien sieht die Ökobilanz ähnlich aus, auch wenn die Mehrwegersparnis unterschiedlich hoch ausfällt. Petrischalen, Pasteurpipetten, oder Kulturkolben wiederzuverwenden, reduziert gegenüber der Wegwerf-Alternative den Fußabdruck um knapp das Drei-, Sieben- beziehungsweise Elffache. Die Liebe zum Recycling darf aber nicht blind für die eigentliche Forschung machen. Wenn beispielsweise eine Zellkultur Kratzer auf dem Boden der Kulturschale übel nimmt und Experimente wiederholt werden müssen, wird die Sparerei zum Bumerang.
Groß und zentral denken
Ein nachhaltig geführtes Labor misst seine Bilanzen aber nicht nur in CO2-Äquivalenten, sondern auch in Euro. Umso erfreulicher ist, dass Mehrweg im Fall von Glas nur etwa sechs Prozent teurer ist als Einweg. Die mehrfache Verwendung von Plastik ist sogar wesentlich günstiger und spart bis zu 93 Prozent der Kosten ein. Dies ist das Ergebnis einer detaillierten Analyse, in der Nicolet und Farley den unterschiedlichen Lebensstationen der Laborutensilien die jeweiligen Kosten zuordneten, etwa Lohnkosten für das Handling der Utensilien sowie Strom- und Wasserkosten.
Eine effizientere Nutzung würde die Mehrwegvariante sowohl ökologisch als auch ökonomisch in ein noch besseres Licht rücken. Deshalb raten die beiden Forscher zur Abkehr vom „Klein-Klein-Schema“. Statt in jedem noch so kleinen Labor eine Spülmaschine und einen handlichen Autoklaven aufzustellen, die tagein und tagaus bestückt und geleert werden müssen, sollten Forschungsinstitute größere Investitionen nicht scheuen und ihre Mehrweginfrastruktur zentral und entsprechend groß gestalten und koordinieren.
Andrea Pitzschke
Farley M. & Nicolet B. (2022): Re-use of labware reduces CO2 equivalent footprint and running costs in laboratories. BioRxiv, DOI: 10.1101/2022.01.14.47633
Bild: Pixabay/KC_Woon