Fluoreszierender Auxin-Tracker

(14.04.2021) Bisher konnte man die räumliche und zeitliche Verteilung von Auxin in Pflanzen nur indirekt beobachten. Mit einem Auxin-Sensor sieht man es sofort.
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Wurzelspitze eines Arabidosis-Keimlings. Die Zellkerne sind mit zunehmender Auxin-Menge von blau über grün und gelb bis rot gefärbt.

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Das Hormon Auxin hat in fast allen Entwicklungs- und Wachstums­prozessen von Pflanzen die Finger im Spiel. Um zu verstehen, wie es an seine Wirkorte gelangt und wie seine Verteilung angepasst wird, um zum Beispiel Embryonal­entwicklung und Wurzel­wachstum zu steuern, muss man es auf Schritt und Tritt verfolgen. Den passenden Sensor hierfür entwickelte eine Gruppe um Birte Höcker von der Universität Bayreuth und Gerd Jürgens vom Max-Planck-Institut für Entwicklungs­biologie in Tübingen.

Als Vorbild nutzte das Team einen Tryptophan-Repressor (TrpR) aus E. coli. Schließlich ähnelt Tryptophan dem bedeutendsten Auxin, Indolyl­essigsäure (IAA), und kommt zudem in dessen Syntheseweg vor. TrpR bindet als Dimer an Trp und ändert hierauf seine Konformation. Stattet man TrpR mit zwei strategisch platzierten fluores­zierenden Proteinen aus, die sich durch die Konformations­änderung annähern, lässt sich Trp durch ein FRET-Signal aufspüren (PLoS Biol, 5(10):e257).

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Starkes Signal

Dieses Prinzip haben Höcker und Jürgens auf Pflanzen übertragen. Ihre Gruppe testete mithilfe von Mutagenese und Screening 2.000 TrpR-Varianten. Dabei stießen sie auf ein Exemplar, das IAA statt Trp bindet und optimierten es weiter. Zuletzt fusionierten sie das Molekül mit den Fluoreszenz­proteinen mNeonGreen sowie Aquamarin und erhielten hierdurch einen Auxin-Sensor (AuxSen). Bindet AuxSen an IAA, resultiert aus dem Konformations­wechsel ein starkes FRET-Signal. mNeonGreen dient hierbei als FRET-Akzeptor für die von dem FRET-Donor Aquamarin emittierte Fluoreszenz. Bei In-vitro-Versuchen verstärkte sich das FRET-Signal von AuxSen in Gegenwart von 50 µM um das Dreifache.

Die Frage war aber, ob AuxSen auch in vivo funktioniert. Die Gruppe exprimierte den IAA-Sensor zunächst konstitutiv in transient transformierten Protoplasten. Versetzte sie das Medium mit IAA, konnte sie ab einer Konzentration von 3 µM IAA ein FRET-Signal messen. Die Forscher gingen deshalb davon aus, dass AuxSen auch auf endogene Auxin-Mengen reagieren müsste. Um diese Hypothese zu prüfen, erzeugten sie transgene Arabidopsis-Linien mit einem durch Dexamethason induzier­baren Expressions­system für AuxSen.

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Induzierbares System

Die Mitarbeiter von Höcker und Jürgens mussten hierbei sehr behutsam vorgehen – AuxSen durfte nicht in den Hormonhaushalt der Pflanzen eingreifen und IAA-Prozesse manipulieren. Sie wählten deshalb ein induzierbares, reversibles System. Als konstitutiver und ubiquitärer Promoter dient RPS5A, der die Expression des Hefe-Transkriptions­faktors Gal4P kontrolliert. Dexamethason induziert die Aufnahme von Gal4P in den Zellkern. Dort bindet der Transkrip­tionsfaktor an den Promotor des AuxSen-Konstrukts und aktiviert letztlich die Expression des Sensors.

Die Gruppe inkubierte transgene Arabidopsis-Pflanzen über Nacht mit Dexamethason und konnte Pflanzen, die AuxSen exprimierten, anhand der Fluoreszenz von mNeonGreen erkennen. Behandelte sie die Keimlinge mit 10 µm IAA, erreichte das FRET-Signal nach zehn Minuten ein Maximum und blieb für weitere 50 Minuten konstant.

Die Forschenden untersuchten mit dem AuxSen-System unter anderem, wie Pflanzen auf Gravitations­änderungen reagieren. Stellten sie die Pflanzen auf den Kopf, änderte sich innerhalb von einer Minute auch die Orientierung von IAA in der Wurzel. Richteten sie die Pflanzen wieder normal aus, folgte auch hier IAA auf dem Fuß.

Andrea Pitzschke

Herud-Sikimic O. et al. (2021): A biosensor for the direct visualization of auxin. Nature, DOI: 10.1038/s41586-021-03425-2

Bild: S. Shanmugaratnam, A.C. Stiel, M. Kolb