Lasst uns über Geld sprechen!

(09.04.2021) Aus unserer Reihe „Anekdoten aus dem Forscherleben“: Betritt man das Feld des Labor-Budgets, sind Fettnäpfchen oft nicht weit.
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Editorial

Die laufende Planung eines Labor-Budgets ist nicht trivial – und will daher gelernt sein.

Der frischgebackene molekularbiologische Masterstudent merkt das beispielsweise erstmals, wenn er voller Elan mit Bleistift und Papier die nötigen Vektor-Konstrukte für sein neues Projekt zusammenbastelt. Nach potenziellem Klonierungsansatz und eifrigem Studium der entscheidenden Sequenzabschnitte erscheint ihm ein analytischer Verdau mit dem Restriktionsenzym FatI als ganz besonders elegant. Erwartungsvoll präsentiert er den Plan seinem Prof – und der schlägt sofort die Hände über dem Kopf zusammen: „FatI, ja klar! Tatsächlich so ziemlich das fetteste Enzym von allen. 250-mal teurer als EcoRI. Und das, nur um ein Plasmid zu überprüfen? Nee, das geht ganz sicher auch mit viel billigeren Enzymen.“

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Was kostet ein Projekt?

Mit hängendem Kopf trottet der arme Masterstudent zurück an seinen Schreibplatz. Woher hätte er das auch wissen sollen? Denn auch in der Forschung gilt die weitverbreitete Etikette: Über Geld spricht man nicht! Selbst Postdocs haben meist keine Ahnung, was ihr eigenes Projekt kostet – geschweige denn, wie viel Geld das gesamte Labor zur Verfügung hat und wie es budgetiert ist.

Dabei müssten eigentlich genau diese Dinge – Budgetierung und Grant Management – zwingender Bestandteil eines ordentlichen Postdoc-Trainings sein. Schließlich müssen diese bald selbst die vollen Kosten für geplante Projekte zuverlässig kalkulieren und daraufhin die passenden Anträge stellen können.

Der Laborleiter, der einmal im Jahr mit seinen Leuten eine komplette „Haushaltssitzung“ macht, ist jedoch die rühmliche Ausnahme. Die Realität spiegelt sich eher in der folgenden Forums-Frage eines Postdocs:

„Kann ich meinen Chef einfach ansprechen?“, fragt er. „Nach dem Motto: ‚Ich würde gerne mehr über Labor-Budgetierung und -Management lernen, um besser auf meine akademische Zukunft vorbereitet zu sein. Kannst du mir daher das ungefähre Jahresbudget für unser Labor erklären und mir aufschlüsseln, wie es sich auf die einzelnen Posten verteilt?‘ Wäre das genauso unverschämt, wie ihn nach seinem Gehalt zu fragen? Oder so heikel, wie sich nach seiner letzten Zahnbehandlung zu erkundigen?“

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Fragen kostet... doch was!

Nein, es ist weder unverschämt noch heikel – es ist absolut angemessen!

Allerdings kann es einem dann auch ergehen wie Postdoc Müller: Dem erklärte sein Chef auf Nachfrage nach anfänglichem Zögern umfassend das Finanzmanagement der Gruppe – mit dem Resultat, dass dieser seitdem die Budgetplanung und Buchhaltung des komplette Labors am eigenen Hals hat.

Ralf Neumann

(Illustr.: AE Zemlin)

(Die einzelnen Geschichten dieser Kolumne sind uns in aller Regel nicht genau so, aber doch sehr ähnlich referiert worden.)

 

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