Mit Genschere und Telefon
(21.10.2020) Ein neuer CRISPR-Cas13-basierter SARS-CoV-2-Test ist nicht nur einfach und schnell durchzuführen. Er liefert auch ein quantitatives Ergebnis.
Die Nuklease Cas13a schneidet RNA und lässt sich ähnlich wie Cas9 mit einer entsprechend designten CRISPR-RNA (crRNA) zur Zielsequenz lotsen. Ein großes Team aus Kalifornien entwickelte auf Basis von Cas13a einen SARS-CoV-2-Nachweis, der ohne zeitraubende reverse Transkription und Amplifikation auskommt. Angeführt wurde die Gruppe, der unter anderem auch die frischgebackene Nobelpreisträgerin Jennifer Doudna angehörte, von der Direktorin der Gladstone Institutes of Virology in San Francisco und gebürtigen Frankfurterin Melanie Ott.
Die wichtigsten Zutaten für den Test sind neben Cas13a aus dem Stäbchenbakterium Leptotrichia buccalis (LbuCas13a) Zielsequenz-spezifische crRNAs, ein kommerzielles Fluorophor-Quencher-Paar, an dem ein kurzes Stück Einzelstrang RNA (ssRNA) hängt, sowie ein Detektionsgerät, das einen einfachen Laser für die Fluoreszenz-Anregung sowie eine Handy-Kamera für die Auswertung enthält.
Zerschnitten und zerlegt
Der Plan der Kalifornier sah vor, dass der Komplex aus crRNA und Cas13a an die SARS-CoV-2-RNA bindet, wodurch Cas13a aktiviert wird und sämtliche ssRNAs in dessen Reichweite zerschneidet. Zu letzteren gehört auch die ssRNA des Fluorophor-Quencher-Paars. Sobald diese zerlegt ist, erscheint ein Fluoreszenz-Signal, das die Anwesenheit der SARS-CoV-2-RNA anzeigt.
In Vorversuchen verwendete das Team zunächst verschiedene Abschnitte des in vitro transkribierten N-Gens von SARS-CoV-2 als Ziel-RNA. Zehn von anfangs 12 getesteten crRNAs lieferten bei diesen Experimenten Fluoreszenz-Signale, die eindeutig über denen der RNA-freien Kontrolle lagen. Die Kalifornier konzentrierten sich auf die zwei vielversprechendsten crRNAs und setzten diese zusammen ein, wodurch sich die Sensitivität deutlich erhöhte. Mit einer dritten crRNA, die gegen das E-Gen von SARS-CoV-2 gerichtet war, ließ sie sich jedoch noch weiter verbessern.
Mit diesem crRNA-Trio führte Otts Team den Test schließlich mit Nasenabstrichen von fünf SARS-CoV-2 positiven Patienten mit unterschiedlicher Viruslast durch. Alle fünf wurden von dem Test erkannt. Für die Test-Auswertung war die Gruppe aber noch auf einen Mikroplatten-Reader angewiesen.
Per App gesteuert
Um diesen zu umgehen, entwickelten die Forscher ein kleines Handy-gesteuertes Fluoreszenz-Mikroskop (siehe Bild). Dieses ist in eine Mini-Dunkelkammer integriert, in der die Probe auf einer Art Objektträger aus dem Kunststoff PDMS aufgebracht wird. Der Strahl eines Diodenlasers wird in der Kammer seitlich auf die Probe gelenkt, von ihr ausgehende Fluoreszenz-Signale werden von der Linse einer Handy-Kamera eingefangen. Gesteuert wird die Detektionseinheit, die handlich genug ist, um in einem Inkubator Platz zu finden, von einer App.
Neben der einfachen Handhabung und schnellen Durchführung des Tests innerhalb weniger Minuten sehen die Entwickler den größten Vorteil in der quantitativen Bestimmung der Viruslast. Damit ließe sich nicht nur das Stadium der Infektion abschätzen, sondern auch die damit einhergehende Ansteckungsgefahr. Die Dauer von Quarantäne-Maßnahmen könnte so wesentlich genauer festgelegt und zeitnaher überwacht werden.
Andrea Pitzschke
Fozouni P. et al. (2020): Direct detection of SARS-CoV-2 using CRISPR-Cas13a and a mobile phone. MedRxiv, DOI: 10.1101/2020.09.28.20201947
Bild: Fozouni P. et al.