Aufreinigung mit RNA-Lasso
(30.07.2020) Mit individuell anpassbaren DNA-Nanoschaltern lassen sich RNA-Spezies fast schon kinderleicht einfangen und isolieren.
Die RNA-Forschung ist weiter auf dem Vormarsch. Durch die Entdeckung neuer RNA-Spezies, wie microRNA, long non-coding (lnc)RNA und chemisch modifizierter RNA, und auch durch das wachsende Wissen um ihre Bedeutung für biologische Prozesse und Krankheiten gewinnen die Methoden zur Isolierung von RNA zunehmend an Bedeutung.
Gesamt-RNA wird typischerweise mittels organischer Extraktion oder mit Spin-Säulen aus biologischen Proben isoliert. Die Isolierung spezifischer RNA hat es allerdings in sich. Da es an Alternativen mangelt, ist der gängige Ansatz die Isolierung mit funktionalisierten Magnet-Beads, welche auf die spezifische RNA-Sequenz in der RNA-Probe oder im Zelllysat abzielen. Dieser Weg ist jedoch recht komplex und teuer. Aufgrund unspezifischer Bindungen von RNA auf der Bead-Oberfläche wird zudem nur eine geringe Ausbeute mit geringer Spezifität erreicht.
Schnell und simpel
Eine Forschergruppe um Ken Halvorsen von der Universität Albany in New York hat einen raffinierten Ansatz entwickelt, der die RNA-Isolierung auf ein neues Level hebt. Anstatt die RNA auf einem soliden Träger zu fangen, entwarfen sie DNA-Nanoschalter, die nach Binden einer Zielsequenz ihre Konformation ändern. Die Nanoschalter bestehen aus einem linearen doppelsträngigen DNA-Strang (dsDNA), der mit zwei ssDNA-Sonden bestückt ist. Die Bindung der Ziel-RNA an die ssDNA-Sonden führt dazu, dass sich die beiden ssDNA-Sonden schließen und sich aus dem linearen Doppelstrang eine Schleife bildet.
Die Strategie dieses Ansatzes umfasst im Wesentlichen nur drei Schritte: Als Erstes werden die Schleifen-förmigen Nanoschalter mit der eingefangenen RNA durch Gelelektrophorese getrennt, anschließend angefärbt und durch Exzision des Gels isoliert. Im zweiten Schritt werden die Gel-Stücke, die die DNA-Nanoschalter beinhalten, mit DNase I verdaut. Im letzten Schritt erfolgt eine Reinigung mit einem kommerziellen Kit, das die verdauten Nebenprodukte entfernt und die RNA von Enzymen und Nanoschalter-Fragmenten trennt.
Erfolgreich gefischt
Für den Proof-of-Concept wählten die Forscher zwei Ziel-RNAs mit unterschiedlicher Länge: Ein 401 Nukleotide langes transkribiertes RNA-Fragment aus der untranslatierten 3‘-Region einer Drosophila-mRNA und eine synthetische microRNA (miR-206) mit nur 22 Nukleotiden. Sie testeten ihr Reinigungsverfahren mit vier verschiedenen DNA-Nanoschaltern, die mit unterschiedlich langen RNA-Sonden bestückt waren. Den Forschern gelang es, die Target-RNA sowohl aus einer wässrigen Probe, die nur die entsprechende RNA-Spezies enthält, als auch aus einer Probe mit Gesamt-RNA, die dem biologischen Fall am nächsten kommt, erfolgreich herauszufischen.
Den Beweis, dass wirklich die korrekte Sequenz isoliert worden war, erhielten die Forscher durch eine nachgeschaltete qRT-PCR an der gereinigten RNA-Probe. Die anschließende Gelelektrophorese zeigte, dass das RT-PCR-Produkt mit dem entsprechenden DNA-Template übereinstimmte. Am effizientesten arbeitete der Nanoschalter mit einer Größe von 20 Nukleotiden. Die Nachweisgrenze für das mRNA-Fragment betrug bei diesem Nanoschalter etwa 12,5 pM. Für miR-206 lag sie im sub-pikomolaren Bereich. Die Gesamtausbeute für das mRNA-Fragment und miR-206 lag bei 1,2 % und 10,5 %.
Individuelle Nanoschalter
Als besonderes Feature ihrer DNA-Nanoschalter demonstrierten die Forscher, dass diese individuell anpassbar sind, sodass unterschiedliche RNA-Spezies aus ein und derselben Probe parallel gewonnen werden können. Es reicht, die Bindungsstelle der RNA-Sonden auf den Nanoschaltern zu verschieben, sodass durch die Bindung der Ziel-RNA unterschiedlich große DNA-Schleifen entstehen. Kleinere DNA-Nanoschalter bewegen sich schneller im Gel als die größeren und lassen sich so individuell nachweisen. Die erfolgreiche parallele Isolierung des mRNA-Fragments aus Drosophila und von miR-206 mit unterschiedlich großen Nanoschaltern zeigte, dass jeder Nanoschalter nur seine Ziel-RNA spezifisch bindet. Laut den Forschern sollte dies auf mindestens fünf verschiedene RNA-Moleküle in einer einzigen Reaktion skalierbar sein.
Die neue Methode bewährte sich auch in echten biologischen Proben: Mit zwei DNA-Nanoschaltern, die jeweils eine kleine und eine große Schleife bildeten, isolierten die Forscher parallel und spezifisch 5,8S und 5S rRNA aus 250 ng Gesamt-RNA von HeLa-Zellen. Die 5,8S- und 5S-Untereinheiten sind wichtig für die Protein-Translation und beinhalten chemische Modifikationen, wie z.B. Pseudouridin. Um diese Modifikationen nachzuweisen, müsste die RNA vor der Analyse typischerweise vorverdaut werden, sodass die Sequenzinformation verlorengeht. Die mit DNA-Nanoschaltern spezifisch isolierte RNA eignet sich jedoch, um sie direkt einer nachgeschalteten LC/MS-Analyse zur Identifizierung von RNA-Modifikationen zu unterziehen.
Miriam Colindres
Zhou L. et al. (2020): Single species RNA purification with DNA nanoswitches. BioRxiv, DOI: 10.1101/2020.07.07.191338
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