Mini Leuchtwürfel

(18.03.2020) DNA-basierte FluoroCubes sind nicht größer als Fluoreszenz­proteine, leuchten aber um ein Vielfaches stärker und länger, ohne auszubleichen.
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Editorial

Wer ein Protein oder sonstiges Biomolekül auf Schritt und Tritt in der Zelle verfolgen und seine stöchiometrische Zusammensetzung, Stabilität, Verteilung et cetera beobachten will, labelt es meist mit einer Fluoreszenz-Markierung.

Zu den beliebtesten Labeln zählt das Grün Fluoreszierende Protein (GFP) und die daraus abgeleiteten Farbvarianten. Diese werden als Fusion mit dem gewünschten Protein exprimiert und sind damit automatisch kovalent an dieses gebunden. Sie sind aber ziemlich klobig und können durch ihre Größe die Funktionen des markierten Proteins verfälschen. Zudem neigen sie zur Aggregation und bleichen schnell aus – kaum will man das Leuchtsignal unter dem Mikroskop heranzoomen, ist es auch schon wieder verschwunden.

Raffiniertes Gerüst

Ronald D. Vales Gruppe an der University of California, San Francisco, geht einen völlig anderen Weg. Vales deutscher Doktorand Stefan Niekamp und ein weiterer Mitarbeiter entwickelten sogenannte DNA-FluoroCubes, die aus raffiniert zusammengesteckten Oligonukleotiden als Gerüst bestehen, auf dem fluoreszierende Farbstoffmoleküle in genau definiertem Abstand angebracht sind. Die Gesamtkonstruktion wird über eine Thiol-Biotin- oder Amingruppe an der gewünschten Position mit dem Protein kovalent verbunden.

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Die einzelnen Bausteine sind für sich genommen nichts Besonderes, speziell ist aber ihre Konstellation in den FluoroCubes. Das Grundgerüst bildet ein Quartett aus aufeinander abgestimmten Oligonukleotiden mit 32 Basenpaaren. Diese verschränken sich untereinander über komplementäre Abschnitte und formieren vier ineinander verhakte, sechzehn Basenpaare lange Doppelstränge. Die so entstandene Struktur ist nahezu würfelförmig (4 x 4 x 5,4 nm) und enthält vier gleich große Zylinder aus DNA-Helices. Die Farbstoffmoleküle werden auf den Deckeln sowie Böden der Zylinder fixiert, genauer gesagt an den freien 5‘- und 3‘-Enden der ursprünglichen vier Oligonukleotide.

Mehrere Farbmoleküle

Die Architektur der FluoroCubes ist wohl durchdacht: Mit der Anordnung der DNA-Helices ist es möglich, mehrere Fluoreszenzmoleküle in einer Entfernung von zwei bis sechs Nanometern zueinander unterzubringen. Die Farbstoffe sind nahe genug beisammen, um das Gesamtsignal zu verstärken, aber auch weit genug voneinander entfernt, um Auslöschungseffekte (Quenching) zu verhindern. Von den acht Enden der Oligos tragen sechs ein kovalent gebundenes Farbstoffmolekül. An einem weiteren Ende sitzt ein zusätzlicher Funktions-Tag, über den der FluoroCube mit dem Zielprotein verknüpft wird.

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Da man die Sequenz der vier Oligos nicht neu erfinden muss und endständig markierte Oligos fix und fertig kommerziell verfügbar sind, hält sich die eigene Bastelei in Grenzen. Die mit Farbstoffen gelabelten Oligos werden gemischt, Hitze-denaturiert und langsam abgekühlt. Dabei finden die komplementären Regionen allmählich zueinander. Dass hierdurch tatsächlich die gewünschte Struktur mit den vier Helices entsteht, wiesen die Forscher mit Agarose-Gelelektrophorese und Elektronen-Mikroskopie nach.

Insgesamt haben sie sechs Farbstoffe (ATTO647N, Cy5, Cy3N, Cy3, ATTO565, ATTO488) in FluoroCubes eingebaut, die hierdurch je sechs Moleküle desselben Farbstoffs sowie eine funktionelle Gruppe trugen. Anschließend verglichen sie die FluoroCubes mit den entsprechenden Farbstoffen, die einzeln an dsDNA (One-Dye-dsDNA) gebunden waren.

Stabiles Strahlen

Die FluoroCubes waren wesentlich photostabiler als die One-Dye-Varianten und emittierten mehr Photonen. So blichen zum Beispiel die einzeln mit Cy3 markierten Proben binnen acht Minuten aus, während die Cy3-FluoroCubes selbst nach einer knappen Stunde noch mit zwanzig Prozent ihrer ursprünglichen Leuchtkraft strahlten. Die Gruppe vermutet, dass die erhöhte Stabilität auf Resonanz­energie­transfers zwischen den Farbstoffen eines FluoroCubes zurückzuführen ist.


Photostabilität und Signalstärke der untersuchten Farbstoffe variieren, sind aber bei den FluoroCubes immer um ein Mehrfaches höher als bei den jeweiligen Pendants mit nur einem Farbstoffmolekül. So beträgt die Halbwertszeit von Cy3 im FluoroCube etwa 25 Minuten und ist damit 54-mal länger als die der Cy3-Variante mit Einzelfarbstoff. Die Photonenstärke ist 43-mal höher. Absorptions- und Emissionsspektren sind leicht verschoben. Abhängig von der Ladung des Farbstoffs tritt im Absorptionsspektrum eine in den blauen Wellenlängenbereich verschobene Schulter auf.

Dots sind keine Alternative

Zwar wären Quantenpunkte (Quantum Dots) durch ihre besonders hohe Photonen­abgabe eine Alternative zu FluoroCubes. Das unberechenbare „blinzeln“ (blinking) von Quantum Dots führt jedoch zu uneinheitlichen Signalintensitäten und somit nicht-uniformen Bildern. Außerdem gehen sie multivalente Verknüpfungen ein und sind mit ihren zehn bis zwanzig Nanometern Kantenlänge auch einen ganzen Tick größer.

Um die Ausdauerleistung der FluoroCubes zu demonstrieren, knüpften die kalifornischen Forscher ein ATTO-647N-FluoroCube mit einem C-terminalen HALO-Tag an das Kinesin-Motorprotein KIF1A, das membranumhüllte Organellen entlang axonaler Mitochondrien transportiert. Anschließend beobachteten sie, wie sich KIF1A an den Axonen entlang bewegte. Vales Team verfolgte mithilfe des FluoroCubes achthundert Schritte á 7,8 Nanometer eines einzelnen KIF1A-Proteins. Dabei legte dieses gelegentlich Pausen ein oder änderte kurz das Tempo.

Andrea Pitzschke

Niekamp S., Stuurman N. & Vale R. D. (2020): A 6-nm ultra-photostable DNA FluoroCube for fluorescence imaging. Nature Methods, DOI: 10.1038/s41592-020-0782-3

Bild: Pixabay/claudemircarvalho