Heiße Rache – kalter Tee

(18.11.2019) Ganz entspannt möchte unsere (andere) TA eine Routine-Bestellung aufgeben. Der Labor­ausrüster hat aber etwas dagegen.
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Editorial

Favoritenlisten in Online-Bestellsystemen sind eine prima Sache, vorausgesetzt, sie arbeiten im Sinne des Kunden. Ursprüng­lich geht das so: Man speichert ein oft benötigtes Produkt dort ab und sieht dann einer langen Reihe nach­gerade erholsamer Bestell­vorgänge entgegen, die sich mit zwei, drei Mausklicks erledigen lassen. Doch leider ist die Realität oft eine andere. So auch neulich.

Mein wöchentlicher Einkaufszettel war erfreulich unkompliziert. Ein einziges Wort stand darauf: Handschuhe. Die hatte ich ordentlich in unserer Favoriten­liste hinterlegt, die Angele­genheit sollte sich daher mit ein paar Mausklicks abarbeiten lassen. In gutem Glauben brühte ich mir daher zunächst einen Becher Tee auf, den ich nach getaner Tat gemütlich konsumieren wollte, da er dann, so meine Kalkulation, seine optimale Genuss­temperatur erreicht haben sollte.

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Leider wird die handschuhverkaufende Firma seit Beginn unserer Geschäfts­beziehung vom chronischen PPRS, dem Produkt­paletten-Remodu­lierungs­syndrom, heimgesucht. Nahezu jeden Monat muss ich unsere Favoriten­liste rekalibrieren und mich zuvor über die vorge­schlagenen Alternativ­produkte kundig machen, weil die von uns favorisierten Produkte nicht mehr verkauft werden. So auch diesmal.

Nachdem ich aus unserer Favoritenliste die jeweilige Menge der von uns benötigten Hand­schuh­größen ausgewählt hatte, klickte ich auf „In den Warenkorb“, woraufhin sich mir eine von oben bis unten durch­gehende Reihe jenes Warn­symbols präsentierte, welches zeitver­schlingende Komplika­tionen verheißt.

Keine einzige Größe der von mir hinterlegten Handschuhsorte war mehr in der Produkt­palette der Firma enthalten. Ich besann mich auf meine innere Mitte, atmete genau dort hinein und bemühte mich um buddhis­tische Gelassen­heit. Gewiss gab es Alternativ­vorschläge. Die gab es tatsächlich, allerdings nur für die Handschuh­größen L und S. Auch gut, denke ich mir, dann suche ich die Nummer für M eben selbst heraus. Quizfrage: „Wenn die Artikel­nummer der S-Handschuhe auf 4 und die der L-Handschuhe auf 6 endet, auf welche Ziffer endet dann die der M-Größe?“

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Dachte ich auch, war aber nicht so. Die Erklärung war einfach: Es gab die alternativen Handschuhe nicht in M. Kann das angehen? Die meist­getragene Größe? An dieser Stelle vergaß ich meine buddhis­tische Gelassen­heit und wurde wütend.

Ich knallte die virtuelle Accounttür zu, so dass es durch das ganze Internet dröhnte und bestellte die Handschuhe kurzerhand bei der Konkurrenz. Ohne Favoriten­liste, ohne Alternativ­vorschläge, in allen Größen. Ätsch!

Zugegeben eine billige Rache, tat aber echt gut. Mein Tee war trotzdem kalt.

Maike Ruprecht