Expressions-Tuning

(31.10.2018) Will man die Produktion rekombinanter Proteine in Bacillus subtilis weiter ankurbeln, gelingt das mit der neuen CopySwitch-Technik.
editorial_bild

Editorial

Bakterien sind willige Sklaven für die Herstellung rekombinanter Proteine. Besonders zahm und vielseitig sind Vertreter von Bacillus subtilis, die von Amylase bis Surfaktin alles Mögliche produzieren und sogar giftige Substanzen in nützliche Stoffe verwandeln können.

Man darf die Zellfabriken aber nicht überfordern. Produzieren sie die Proteine zu schnell, lagern sie diese meist in Einschluss­körpern (Inclusion Bodies) ab. Diese Depots sind leider (fast) unerreichbar für den Experimentator und gänzlich nutzlos, wenn das betroffene Protein als Teil einer Synthesekette gedacht ist.

Meist lassen sich Inclusion Bodies durch Inkubation bei niedriger Temperatur umgehen. Die Proteine haben hierdurch mehr Zeit sich zu falten, wodurch weniger Protein-Ausschuss anfällt. Dummerweise bedeutet eine langsame Proteinfaltung aber automatisch auch eine nur schleppend vorangehende Proteinexpression.

Editorial
An der Schraube gedreht

Die Gruppe des Biotechnologen Johannes Kabisch von der TU Darmstadt fand eine clevere Lösung für dieses Problem: Sie nutzt die Gen-Kopienzahl (Copy Number) als Stellschraube für die Expression des gewünschten Proteins. Die simple Idee dahinter: Je mehr Bauanleitungen von Gen X vorliegen, desto mehr Protein X wird synthetisiert.

Rentabel ist diese Idee aber nur, wenn sich der Aufwand in Grenzen hält, B. subtilis mit mehreren Kopien des gewünschten Gens auszustatten. Die Transformation von B. subtilis mit zirkulärer Plasmid-DNA ist ziemlich schwierig. Dafür sind die Bacillen sehr empfänglich für lineare DNA: Mehr als die Inkubation frischkultivierter Zellen mit der betreffenden DNA ist dafür nicht nötig. Dies machte sich Kabischs Gruppe für ihre CopySwitch-Technik zunutze, mit der man Gene zellintern kopieren kann.

Essentielle Komponenten von CopySwitch sind homologe Sequenz­abschnitte für die Rekombination. Ein Genabschnitt wird zunächst über die Transformation mit einem zirkulären Plasmid im Bakterien-Chromosom verankert. Er enthält das Wunsch-Gen (oder auch mehrere) und ist beidseitig von längeren Sequenz­abschnitten begrenzt. Will man das Wunsch-Gen kopieren, so gibt man ein linearisiertes Plasmid zu den Bakterien. Dieses beherbergt im Zentrum einen Kanamycin-Resistenzmarker und trägt an beiden Enden Sequenzen, die homolog zu Sequenzen des Wunsch-Gens sind.

Editorial
Kopiert und eingebaut

Was passiert? Die homologen Abschnitte des Wunsch-Gens paaren sich mit den dazugehörigen Enden des linearisierten Plasmids. Dabei kommt es zur Rekombination: Das Wunsch-Gen wird kopiert und zwischen den Enden des linearisierten Plasmids eingebaut, wodurch sich dieses zu einem ringförmigen Plasmid schließt. Der chromoso­male Sequenzabschnitt geht aus dieser Prozedur unverändert hervor, doch enthalten die Zellen nun zusätzlich ein oder mehrere zirkuläre Plasmide, auf denen je eine Kopie des Wunsch-Gens sitzt.

Dass das Ganze tatsächlich funktioniert, zeigte das Team anhand der Reportergene GFP sowie mPLC (mature phospholipase C), die sich leicht spektrometrisch nachweisen lassen. GFP fungierte als Beispiel für ein intrazelluläres Protein, mPLC vertrat extrazellulläre Proteine.

Für optimale Ergebnisse sollten die homologen Sequenzen etwa 2.000 Basenpaare lang sein und man sollte den Bakterien nach der Transformation vier Stunden als Regenerationszeit geben. Die nötige Kanamycin-Konzentration ist mit 25 µg/ml etwas höher als bei B. subtilis üblich. Vermutlich liegt dies daran, dass Zellen, die am Ende mehrere rekombinierte Plasmide tragen, automatisch auch mehrere Kanamycin-Resistenzgen-Kopien besitzen. Trotz der zusätzlichen Plasmid-Belastung vermehrten sich die Zellen genauso schnell wie die entsprechende Kontrollgruppe.

Produktionssteigerung

Und wie stark kann die Protein-Produktion mit CopySwitch erhöht werden? Das hängt vom jeweiligen Gen ab. Im Fall von GFP war sie um den Faktor 3,6 höher, bei mPLC dagegen nur um den Faktor 1,3.

Nur ist aber relativ – im größeren Maßstab, etwa bei der biotechnologischen Produktion rekombinanter Proteine, sind dreißig Prozent mehr Ausbeute eine ganze Menge.

Andrea Pitzschke

Nadler F. et al. (2019): CopySwitch - in vivo optimization of gene copy numbers for heterologous gene expression in Bacillus subtilis. Frontiers in Bioengineering and Biotechnology, 6:207