Warum heißt Ihre Firma Ares Genetics, Herr Posch?

(12.07.2018) Rede und Antwort steht Bioinformatiker Andreas Posch, einer der Geschäfts­führer der jungen Wiener Bio-IT-Firma Ares Genetics.
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Editorial

Laborjournal: Herr Posch, Sie haben vorher bei Siemens in der Forschung und Entwicklung gearbeitet. Jetzt leiten Sie das erst im vergangenen Jahr gegründete Unternehmen Ares Genetics. Wie kam es dazu?

Andreas Posch: Ich bin Bioinformatiker und Biotechnologe und habe nach meiner Promotion bei Siemens in der Zentral­forschung begonnen. Dort ging es um datenbasierte Lösungen für die medizinische Informatik und Biomarker-Forschung. In dieser Tätigkeit habe ich an der Entwicklung der Technologie mitgewirkt, die wir jetzt als Ares Genetics kommerzialisieren, und zwar die ARESdb, eine weltweit einzigartige Biomarker-Datenbank für genetische Antibiotika-Resistenzen.

Sie sprechen von GEAR, das für Genetic Antibiotic Resistance and Susceptibility steht. Diese Datenbank hat das Holzgerlinger Molekular­diagnostik-Unternehmen Curetis 2016 von Siemens übernommen. Ares Genetics wiederum ist eine Curetis-Tochtergesellschaft.

Posch: Ja. Das war ursprünglich ein Entwicklungsprojekt, um die Siemens-Geschäfts­einheiten Molekular­diagnostik und Mikrobiologie zusammenzuführen und so Synergien zu fördern. Wir dachten dann irgendwann, es wäre doch schlauer, Antibiotika-Resistenzen nicht nur über den klassischen Weg zu diagnostizieren, sondern auf molekular­diagnostischer Ebene, auf Gen-Ebene.

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Erklären Sie bitte, wie Sie mithilfe von ARESdb auf Antibiotika-Resistenzen rückschließen wollen.

Posch: Dafür hole ich ein wenig weiter aus. Der Goldstandard heute ist ein phänotypischer Resistenztest. Man nimmt eine Probe vom Patienten, kultiviert sie, fügt Antibiotikum hinzu und schaut, ob Bakterien wachsen oder nicht. Das Problem ist aber, dass das meist zu lange dauert, um eine Behandlung in einem sinnvollen Zeitraum zu beeinflussen. Als Folge werden viele Patienten anfangs falsch behandelt.

Sie meinen, dass Patienten mit einer unklaren Infektion zunächst recht unspezifisch behandelt werden, beispielsweise mit Breitband-Antibiotika oder Kombinations­therapien.

Posch: Genau. Wenn man aber innerhalb weniger Stunden eine Resistenz auf DNA-Ebene diagnostizieren kann, profitiert davon am Ende der Patient. Um das allerdings zu einem Standard in der Diagnostik machen zu können, müssen wir zunächst verstehen, welches die wichtigen Resistenz-Gene sind, nach denen wir suchen müssen, also Biomarker. Das war die Entwicklungs­leistung in dem Siemens-Forschungsprojekt. Wir haben die mikrobiologische Stamm­sammlung sequenziert und gleichzeitig die Isolate gegen eine umfassende Auswahl an Antibiotika getestet. Durch die Kombination beider Datensätze haben wir die Antibiotika-Resistenz-Biomarker-Datenbank abgeleitet. Das sind genau die Marker, die man mit einem klassischen molekular­diagnostischen System messen kann. Wir haben etwa das Unyvero-System der Curetis-Gruppe, welches bereits heute weltweit für die schnelle Molekular­diagnostik eingesetzt wird.

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Wer sind Ihre Kunden?

Posch: Das sind Public Health-Institute, die zum Beispiel aufkommende Resistenzen überwachen, aber auch Pharma-Unternehmen. Diese können Antibiotika anhand unserer Datenbank besser designen, um die Antibiotikum-Forschung zu beschleunigen. Oder auch Molekular­diagnostik-Unternehmen, mit denen wir neue Tests entwickeln und kommerzia­lisieren. Seit letztem Jahr beispielsweise haben wir ein Kooperationsprojekt mit BGI, einem der weltweit größten Sequenzier-Unternehmen, um NGS-, also Next Generation Sequencing-basierte Infektionsdiagnostik zu entwickeln. In diesem Projekt soll eine integrierte Lösung von der Probe über die Sequenzierung bis hin zur automatisierten Daten-Interpretation anhand unserer ARESdb-Datenbank entwickelt werden.

Anfang 2018 haben Sie ein mit 1,6 Millionen Euro gefördertes Forschungsprojekt an Land gezogen. Was genau ist Digital Microbe?

Posch: In dem FFG-Projekt [Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft; Anm. d. Red.] Digital Microbe entwickeln wir einerseits smarte Algorithmen basierend auf unserer Datenbank. Auf der anderen Seite kombinieren wir unsere in silico-Ansätze mit in vitro-Ansätzen, um auch einzelne Resistenztests schnell funktionell bestätigen zu können. Am Ende geht es darum, ein digitales Abbild der Mikrobe zu erschaffen. So wollen wir besser verstehen, was die Resistenz-Mechanismen sind, wie sie miteinander interagieren, aber auch wie wir Antibiotika-Resistenzen charakterisieren, modellieren, diagnostizieren und vorhersagen können, um die Antibiotika-Forschung und -Entwicklung zu beschleunigen.

Ihre Firma trägt den Namen eines Gottes der griechischen Mythologie, Ares. Er ist nicht einfach ein Kriegsgott, sondern – laut Wikipedia – „der Gott des schrecklichen Krieges, des Blutbades und des Massakers“, also ein eher düsterer Geselle. Das ist schon ganz schön martialisch für ein Biotech-Unternehmen.

Posch: Ja. Aber tatsächlich steht Ares auch für Antibiotic RESistance, also Antibiotika-Resistenz, das genetics entsprechend für die Genetik. Das ist das, was wir machen, wir entschlüsseln die Genetik der Antibiotika-Resistenz. Es gibt in unserer Industrie im Englischen die gerne verwendete Alliteration battling bad bugs. Die bugs sind die Bakterien, die Krankheitserreger. Die bekämpfen wir, indem wir eine schnellere Diagnostik für antibiotika-resistente Infektionen zur Verfügung stellen. Deswegen ist unser Slogan BioIT Battling Bad Bugs.

Dieser Kampf ist stilisiert im Logo, in welchem ein Pfeil eine Doppelhelix kreuzt?

Posch: Genau, das ist eine DNA-Doppelhelix, und der Pfeil steht für die Präzisions­diagnostik, für eine Punktmutation, für ein Resistenz-Gen.

Die Fragen stellte Sigrid März

    Steckbrief Ares Genetics

  • Gründung: 2017
  • Sitz: Wien (Österreich) im Vienna Biocenter
  • Mitarbeiter: momentan 6, bis Mitte des Jahres ist eine Aufstockung auf 10 – 12 geplant
  • Produkt: Bioinformatik als Werkzeug zur Vorhersage von Antibiotika-Resistenzen