Kleine Teilchen, große Hilfe

(14.05.2018) Krebs ist meist noch immer schwer behandelbar. Neue Hoffnung bieten Nanopartikel. Das Projekt NanoCapture wurde kürzlich von höchststaatlicher Stelle ausgezeichnet.
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Editorial

Oft entstehen im Labor gute Ideen, die sich vielleicht nicht unbedingt für die Forschung aber für ein Produkt eignen, das sich verkaufen lässt. Der Weg zur Marktreife ist allerdings lang und steinig; meistens fehlt auch schlicht und einfach das Geld. Hier soll eine Fördermaßnahme des Bundes­ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) Abhilfe leisten. Die Gründungs­offensive Biotechnologie, kurz GO-Bio, unterstützt Forschungsteams aus den Lebenswissenschaften, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Unternehmen zu gründen.

Seit 2005 unterstützt sie vor allem Projekte in der Frühphase – nicht nur mit Geld, sondern auch mit Know-how. In den sogenannten „GründerGesprächen“ wird die unternehmerische Kompetenz der Forscher gestärkt, während eine Investment­lounge dabei hilft, private Gelder für die Projekte einzuwerben. Gleichzeitig werden so Investoren auf zukunftsweisende Investitions­möglichkeiten aufmerksam gemacht.

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Zwei Phasen der Förderung

Der GO-Bio-Wettbewerb findet circa alle zwei Jahre statt. Die Gewinner erhalten eine Förderung in zwei Phasen über eine Dauer von jeweils maximal drei Jahren. In der ersten Förderphase arbeiten die Teams das Anwendungs­potenzial ihrer Erfindung heraus und bereiten sich auf die Unternehmensgründung und die Vermarktung ihres Produkts vor. In der zweiten werden diese Strategien dann in die wirtschaftliche Verwertung überführt. In jeder Förderrunde stehen insgesamt zwischen 15 und 30 Millionen Euro zur Verfügung, von denen ein Team maximal vier Millionen Euro erhalten kann.

Eines der Projekte, die dieses Jahr erfolgreich waren, ist „NanoCapture“, das an der Ludwig-Maximilians-Universität in München unter der Leitung von Petar Marinković steht. NanoCapture widmet sich vor allem der Entwicklung von Methoden, um die Wirksamkeit der Chemotherapie bei einer Krebserkrankung zu verbessern. Damit bietet sich ein riesiger Markt, denn heute wird bei jährlich 14 Millionen Menschen weltweit Krebs diagnostiziert; mehr als 8 Millionen Menschen sterben an der heimtückischen Krankheit.

Vor allem bei Patienten in fortgeschrittenen Stadien und hoher Aggressivität des Tumors ist dabei eine effiziente und verträgliche Therapie von hoher Bedeutung, was bis dato häufig nicht erreicht werden kann. Die NanoCapture-Methode wurde von Oliver Thorn-Seshold im Rahmen der ebenfalls vom BMBF ausgerufenen Innovationsakademie Biotechnologie 2015 entwickelt und beruht auf der selektiven Anreicherung und Immobilisierung von Nanopartikeln (NP) im Tumorgewebe. Mit ihrer Hilfe sollen am Wirkungsort lokal hohe Konzentrationen der Wirkstoffe erreicht werden.

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Richtungsänderung nach Bootcamp

Marina Fütterer, die mit Marinković und Thorn-Seshold die NanoCapture-Methode weiterentwickelt, schildert, dass sich der Fokus des Projekts von den Anfängen bis heute verändert hat: „Zuerst war es die Idee, die NanoCapture-Methode hauptsächlich für die Verbesserung der Diagnostik einzusetzen, beispielsweise durch die Entwicklung eines besseren Kontrastmittels für MRT-Untersuchungen. Marktanalysen und die Teilnahme am BioM BioEntrepreneur Bootcamp 2017 sowie die enge Zusammenarbeit mit dem LMU Spin-off-Service, haben dann aber aufgezeigt, dass wir unsere Methode besser bei der Strahlen-und Chemotherapie anwenden sollten, da dort mehr medizinischer und wirtschaftlicher Bedarf besteht. Basierend auf der neuen Geschäftsidee wurden dann entsprechende Experimente beispielsweise mit Chemotherapeutika durchgeführt, die schließlich zusammen mit weiteren neuen Daten zur GO-Bio-Bewerbung und schließlich zur Auszeichnung geführt haben.“

Die GO-Bio-Förderung soll nun vor allem das Produkt NanoCap-DLV voranbringen. Dabei setzt das Münchner Team auf Wirkstoffe, die gezielt tumoreigene Blutgefäße (DLV-Wirkstoffe) angreifen können. Diese werden mit Nanopartikeln kombiniert, die beispielsweise mit einem Chemotherapeutikum beladen sind. Am Ende soll ein möglichst effektives Wirkstoff-Transportsystem entstehen, das einfach ins Blut von Krebspatienten injiziert werden kann. „Es handelt sich um niedermolekulare Wirkstoffe, die es uns ermöglichen, die Nanopartikel spezifisch im Tumor anzureichern“, erklärt Fütterer. „Die Nanopartikel selbst können alles Mögliche enthalten, von Kontrastmittel zu Strahlenverstärker bis hin zu den von uns fokussierten Chemotherapeutika. Für unsere Methode ist in erster Linie nur die Größe relevant, die auch Teil des tumorspezifischen Selektionsmechanismus ist. Daher hat NanoCapture ein sehr breit gefächertes Anwendungspotential und gute wirtschaftliche Voraussetzungen.“ Durch die gezielte Erhöhung der Wirkstoffkonzentration im Tumor erhöhen sich die Überlebenschancen der Patienten, während sich idealerweise gleichzeitig die Nebenwirkungen der Therapie verringern lassen.

Mitstreiter gesucht

Zuallererst steht die präklinische Entwicklung der Methode für bereits zugelassene Chemotherapeutika auf dem Programm. Hierbei konzentriert sich das Team auf die schwer behandelbaren Krebserkrankungen Pankreaskarzinom und dreifach-negativen Brustkrebs. Letzterer ist sehr aggressiv, liegt bei etwa 15 Prozent aller Frauen mit Brustkrebs vor und ist mit den etablierten Methoden schwer behandelbar, da therapeutische Zielmoleküle wie Östrogen-, Progesteron- und HER2/neu-Rezeptoren fehlen. Als Vorbereitung auf die Firmengründung expandiert das NanoCapture-Team im Moment stark und sucht dafür nach motivierten, Start-Up-affinen Wissenschaftlern mit Pharma- oder Tumorbiologie-Hintergrund.

Larissa Tetsch