Imaging Plattform für 100 Euro

(26.7.17) Eine selbstgebaute Imaging-Plattform für Fluoreszenz-Mikroskopie sowie Opto- und Thermogenetik für knapp hundert Euro? Was sich sehr ambitioniert anhört ist mit 3D-Drucker, Raspberry Pi-Computer, ein paar einfachen elektronischen Bauteilen sowie etwas Geschick tatsächlich möglich.

Editorial
editorial_bild

© Tom Baden

Den Bauplan für die hundert Euro-Plattform sowie eine äußerst detaillierte Bauanleitung findet man im jüngsten Paper von Tom Badens Gruppe von der Universität Sussex in Brighton, UK (PLoS Biol). Baden war bis vor kurzem Postdoc in Thomas Eulers Augenforschungs Labor am Centrum für Integrative Neurowissenschaften (CIN) / Forschungsinstitut für Augenheilkunde der Universität Tübingen und untersuchte dort die Verarbeitung visueller Signale in den Nervenzell-Schaltkreisen von Retina und Gehirn. Inzwischen führt er die Retina-Forschung mit seiner eigenen Gruppe in Sussex fort, seine bevorzugten Modellorganismen sind Maus und Zebrafisch. Im Juni erhielt Baden für seine Arbeit zur Signalübermittlung in der Retina den Eppendorf Award. Er weiß also sehr genau, was eine selbstgebaute Imaging-Plattform leisten muss, um sie für Imaging-Experimente kleiner Versuchstiere wie Zebrafisch, Drosophila oder C. elegans einsetzen zu können.

Editorial

Das Grundgerüst des Mikroskops aus Kamerahalterung, einem flexibel bestückbaren Mikroskoptisch sowie einem Mikromanipulator, wird aus etwa zwei dutzend mit dem 3D-Drucker hergestellten Plastikteilen zusammengebaut. Das Mikroskop ist zwar auf das Wesentliche beschränkt, dennoch ist die Konstruktion sehr durchdacht und flexibel. So kann zum Beispiel das Kamera-Objektiv für die klassische Auflichtmikroskopie über, oder wie bei einem inversen Mikroskop, unter dem Tisch montiert werden. Mit entsprechenden LEDs und einem zusätzlichen Filterrad, das über dem Objektiv der inversen Kamera montiert ist, wird aus dem inversen Mikroskop ein Fluoreszenzmikroskop.

Die Fokussierung des Objektivs ist sowohl manuell als auch elektronisch möglich. Das gleiche gilt für die Schlitten des Positionierers, die von Hand oder mit einem Elektromotor an die gewünschten Koordinaten bewegt werden. Auch der Mikroskoptisch ist sehr variabel. In die runde Aussparung des Tischs passen unterschiedliche Halterungen für Kulturschalen- oder Objektträger, die mit dem 3D-Drucker gefertigt werden. Als zusätzliches Bonbon lässt sich sogar ein Peltier-Element für die Temperierung der Proben, etwa bei thermogenetischen Experimenten, in den Mikroskoptisch integrieren.

Editorial

Die Steuerung der Plattform übernimmt ein Raspberry Pi-Computer, der im Grunde nur aus einer Platine besteht, die mit einem Mikroprozessor, Arbeitsspeicher, Grafikkarte sowie entsprechenden Anschlüssen bestückt ist. Der Raspberry Pi stellt zudem die Verbindung mit einem Bildschirm her auf dem die Objekte dargestellt werden. Die Leiterplatte (PCB), die verschiedene LED-Beleuchtungselemente, einen Servomotor sowie das Peltier-Element und ein Thermistor mit Strom und den nötigen Steuersignalen versorgt, ist ebenfalls mit dem Mini-Computer verbunden.

Sieht alles sehr aufgeräumt aus, die wenigen Kabel an die passenden Steckverbindungen anzuschließen, sollte kein allzu großes Problem sein. Und keine Angst, die Leiterplatte müssen Sie nicht selbst bestücken und verlöten. Das übernehmen Leiterplatten-Designer, die Sie im Internet finden für wenig Geld - Badens Gruppe hat für die Steuerplatine gerade mal fünf Euro veranschlagt.

Die DIY-Imaging Plattform, die überwiegend in Eulers Labor in Tübingen entstand und von dem internationalen Team um Baden FlyPi getauft wurde, ist erstaunlich vielseitig. Die Forscher verwendeten sie für lichtmikroskopische Aufnahmen von Drosophila, Zebrafischen, Mausneuronen sowie parasitären Nematoden in Lymphgewebe. Mit dem aufgesetzten Fluoreszenzmodul lieferte die FlyPi-Plattform detaillierte Bilder transgener Zebrafischlarven die einen GFP-markierten Calciumsensor exprimierten. Die Gruppe setzte FlyPi aber zum Beispiel auch ein, um das Verhalten von Drosophila mithilfe von Zeitraffer- und Videoaufnahmen zu studieren.

Äußerst clever ist auch das integrierte Peltier-Element mit dem sich, im Zusammenspiel mit einem Wärmeschalter (Thermistor), die Expression thermisch kontrollierter Gene steuern lässt. So sind mit FlyPi nicht nur verschiedenste lichtmikroskopische und optogenetische, sondern auch thermogenetische Experimente möglich. Mit den hierfür nötigen Zusatzbauteilen kostet die DIY-Imaging Plattform zwar doppelt soviel wie in der Grundausstattung. Zweihundert Euro sind im Vergleich mit kommerziellen Mikroskopie-Plattformen aber immer noch so gut wie nichts.

 

Harald Zähringer

Letzte Änderungen: 26.08.2017