Editorial

Die Charité missachtet das Hochschulgesetz

Der Vorstand der Charité ist falsch besetzt, die Zusammensetzung widerspricht dem Willen des Gesetzgebers. Sind die Vorstandsbeschlüsse rechtsgültig?
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(25. April 2014) Bei der Besetzung des Vorstands der Berliner Charité wurden die Vorschriften im Berliner Hochschulgesetz übergangen. Die Verwaltung von Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hat das offenbar weder bemerkt noch moniert. Es stellt sich die Frage, ob Beschlüsse des Vorstands rechtskräftig sind und bei Konflikten einer Überprüfung durch Gerichte standhalten.

Kürzlich forderte Charité-Sprecher Uwe Dolderer die Korrektur eines Artikels. Der Vorstand bestehe nicht aus drei Mitgliedern, wie im Artikel ausgeführt, sondern aus vier. Tatsächlich führt die Charité auf ihrer Website (Stand 14. April 2014) Prof. Ulrich Frei, den Ärztlichen Direktor, als viertes ordentliches Mitglied. Dumm nur: Das Berliner Hochschulgesetz sieht in §12 einen dreiköpfigen Vorstand vor, bestehend aus dem Vorstandsvorsitzenden (Prof. Karl Max Einhäupl), der Dekanin (Prof. Annette Grüters-Kieslich) und dem Klinikdirektor (Matthias Scheller).

Auf Nachfrage erklärte Dolderer, Prof. Frei sei „kooptiertes“ Mitglied im Vorstand. Eine „Zuwahl“ oder „Ergänzungswahl“ sieht das Gesetz jedoch nicht vor. Weitere Fragen – was ist die Rechtsgrundlage für ein viertes Mitglied, ist dieses stimmberechtigt, nimmt es an Abstimmungen teil – beantwortete Dolderer nicht. Thorsten Metter, Sprecher von Wissenschaftssenatorin Scheeres, wird schon deutlicher. Der Vorstand der Charité bestehe aus drei Mitgliedern, Frei nehme an Sitzungen als beratendes Mitglied teil.

Nach Unterlagen des Laborjournals nimmt Prof. Frei im Vorstand an Abstimmungen teil. Wie am 10. September 2013: Eine Mehrheit im Vorstand stimmt dafür, sogenannte „Overhead“-Mittel der Fakultät zu entziehen und dem Teilhaushalt Krankenversorgung zu übertragen, um dort Defizite zu stopfen. Nach Protesten wird der Beschluss nicht ausgeführt.

Das Stimmrecht des Ärztlichen Direktors widerspricht dem Willen des Gesetzgebers. Das Berliner Abgeordnetenhaus hatte bei der Verabschiedung des Berliner Hochschulgesetzes konkrete Vorstellungen zur personellen Besetzung des Vorstands. Durch die Einbeziehung des Ärztlichen Direktors als voll stimmberechtigtes Vorstandsmitglied missachtet die Charité das Gesetz, die Gewichte werden zu Lasten der Fakultät gegenüber der Klinik verschoben.

 

Hermann Müller


Foto: Charité



Letzte Änderungen: 30.09.2015