Editorial

Steinbeis verdünnisiert sich: Kein Globuli-Bachelor in Traunstein

Einen Studiengang mit dem skurrilen Abschluss „Bachelor of Science, Vertiefungsrichtung Homöopathie“ wollte die Steinbeis Hochschule in Traunstein anbieten (Laborjournal berichtete). Daraus wird nichts.
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(9. April 2014) Die „Homöo-Akademie“ im oberbayrischen Traunstein hatte die Aufnahme des Studienbetriebs im Fach "Complementary Medicine, Vertiefungsrichtung Homöopathie für den 15. September 2014 angekündigt. Das Prozedere der Akkreditierung des neuen Studiengangs schien reine Formsache zu sein – trotz lautstarker Proteste diverser Skeptiker, die auf die fehlende Wissenschaftlichkeit der Lehre Samuel Hahnemanns hinwiesen. Ende letzter Woche dann die Überraschung: Ein im Internet kursierender Brief der Berliner Senatsverwaltung verriet, dass die Operation "Globuli-Bachelor" wohl abgeblasen ist.

Diese Woche kam die Bestätigung aus Berlin und Traunstein. Die Akademieleitung und die Steinbeis-Zentrale informierten die Studierwilligen, dass es keine Homöopathie-Hochschule geben werde. Ein Paukenschlag für die Kleinstadt im Chiemgau, die sich schon darauf gefreut hatte, bald Hochschulstadt zu werden. Nach Informationen der Traunsteiner Lokalpresse war selbst die Akademie-Leiterin, Anja Wilhelm, überrascht über die Entscheidung des Trägers im fernen Berlin.

Rückzug vor der letzten Hürde

Immerhin stand der Studiengang kurz davor, die allerletzte Hürde im Akkreditierungsverfahren zu nehmen. Die ersten Anwärter auf den Globuli-Bachelor hatten bereits einen Vorkurs im beschaulichen Chiemgau absolviert.

Der politische Druck und die Aufregung in der Presse um die Wissenschaftlichkeit des anvisierten Zuckerkugel-Studiums waren aber am Ende doch zu groß – so zumindest Wilhelms Darstellung. Der Berichterstattung zum Thema wirft sie Einseitigkeit vor, wie aus ihrem Brief an die verhinderten Studierenden hervorgeht:

„Um was geht es denn dann noch, wenn Argumente der einen Seite gar nicht oder nur in einem verzerrten Ausschnitt gedruckt oder gesendet werden, die andere Seite sich aber mit selbsternannten 'Experten' über altbekannte, widerlegte und polemisch zusammengestrickte Dinge in epischer Breite auslassen kann?“ (Quelle: "Ratgeber-News-Blog")

Eine polemische Kampagne, angeführt von skeptischen Organisationen, sei also verantwortlich für das Scheitern des Studiengangs. Klar: dass die Leiterin einer Homöopathen-Schule zugeben würde, dass ihre Betätigung beim besten Willen keine Wissenschaft ist, hätte keiner erwartet.

Steinbeis verweigert sich der Diskussion

Interessanter ist da schon das ebenfalls über die Website „Ratgeber-News-Blog“ publik gemachte Statement des Präsidenten der Steinbeis Hochschule, Professor Johann Löhn: „Inzwischen hat die Diskussion über den BSc [Bachelor of Science, Red.] die sachliche Ebene verlassen“, behauptet auch Löhn. Die akademische Community müsse nun aber klären, ob es im „Katalog der inflationären Anzahl von Studiengängen“ einen Platz für die Homöopathie gebe. Und dann ein Kracher: „Die SHB wird sich an dieser Diskussion nicht beteiligen“.

Nochmal: Die SHB hatte also intensiv die Etablierung eines esoterischen Unfug-Studiums betrieben. Aber sobald eine robuste öffentliche Diskussion darüber aufkommt, will man plötzlich nichts mehr damit zu tun haben. Offenbar hat man bei Steinbeis also keinerlei wissenschaftlich fundierte  Argumente parat, die den Kügelchen-Bachelor wenigstens im Ansatz gerechtfertigt hätten.

Die Einsicht, dass der SHB beim Thema "Alternativmedizin" offensichtlich jegliche Kompetenz fehlt, hätte dort auch reifen können, bevor man Abiturienten in einen ebenso obskuren wie teuren Studiengang lockt. Immerhin: Den Homöopathen-Bachelor a la Steinbeis wird es auf absehbare Zeit nicht geben, die entsprechende Genehmigung hat die Berliner Hochschule zurückgegeben. Und die verhinderten Jungakademiker hahnemannscher Prägung bekommen geleistete Zahlungen zurück.

Formale Kriterien erfüllt

Das grundsätzliche Problem, das die Beinahe-Blamage des deutschen Hochschulwesens erst ermöglichte, ist aber keineswegs ausgeräumt. Darauf weist beispielsweise Norbert Aust hin, der wohl hartnäckigste Kritiker der Zauberschule an der Traun.

Denn der Studiengang hätte gute Chancen gehabt, alle formalen Kriterien zu erfüllen, die zur endgültigen Akkreditierung nötig sind. Und nur auf formale Punkte kommt es im Zulassungsverfahren an. Ob die Inhalte des Studiums mit Wissenschaft zu tun haben, ist zweitrangig und wird nicht ernsthaft geprüft – solange die anbietende Einrichtung insgesamt als Hochschule anerkannt ist, was bei Steinbeis fraglos der Fall ist.

Hier muss eine Neuregelung her. Und zwar bevor eine Hochschule auftaucht, die einen Bachelor im Wünschelrutengehen oder einen Master in Astrologie anbietet.

 

 

Hans Zauner

 

Zum Weiterlesen:

 

* Ratgeber-News-Blog - hier die Statements der SHB und der Homöo-Akademie

* Homöopathie-Kritiker Norbert Aust kommentiert das Debakel ausführlich in seinem Blog

* Der Blog "Chiemgau Gemseneier" ist gut informiert über die Situation vor Ort in Traunstein

 

 

Foto: iStock

 

 



Letzte Änderungen: 30.09.2015