Editorial

Ungeahnte Einnahmequellen

Aus der Reihe "Erlebnisse einer (anderen) TA"

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(30. April 2013) Neulich öffnete ich nichtsahnend meinen Mail-Konto und fand umgehend einen Newsletter im Posteingang, dessen hochinteressante Betreffzeile mich sofort in den Bann schlug:

„Kleingeräte, Reagenzien sowie Sitz- und Stehlösungen zu Hammerpreisen“

Selbst als laborerfahrene TA bereiteten mir die beiden Wörter im Mittelteil Kopfzerbrechen:

Was, in aller Welt, sind Sitz- und Stehlösungen? Stammlösungen, Originallösungen, Pufferlösungen – alles wohlbekannt! Aber Sitz- und Stehlösungen?

Für Stehlösungen hatte ich gleich eine plausible Erklärung. Das war selbstverständlich die Bezeichnung für Puffer, die jahrelang in Regalen und Kühlräumen stehend vor sich hin dämmern – und dabei mitunter auskristallisieren, ihre Farbe wechseln oder schlichtweg vergammeln.

Und so etwas lässt sich verkaufen? Ich hatte ja keine Ahnung! Was für eine geniale, innovative Verkaufsidee.

Vor meinem geistigen Auge malte ich mir aus, wie die Mitarbeiter der Firma emsig ihre Regal- und Lagerbestände nach den kostbaren Stehlösungen absuchen, die Flaschen professionell etikettieren und in den Verkauf überstellen lassen.

Ob die Firma solche Ware womöglich auch von außerhalb ankauft?

Eventuell könnten wir einen Teil unserer Dauer-Stehlösungen dorthin veräußern. Manche davon sehen ohnehin so aus, als ob im nächsten Moment ein schleimiges Etwas daraus hervorkriechen und uns alle verschlingen würde – wäre die Flasche nicht mit einem Deckel verschlossen.

Wenn damit trotzdem noch ein paar Euro zu machen wären…

Nur ist mir nicht schlüssig, wo die Firma einen Absatzmarkt dafür sieht. Wer kauft so etwas? Evolutionsforscher? Hollywood-Regisseure? Fans von „Das Ding aus dem Sumpf“?

Derlei Zweifel ignorierend formulierte ich umgehend eine Mail an die betreffende Firma und bot ihnen vorerst zwei Dutzend unserer Stehlösungen zum Kauf an. Selbstverständlich zu einem Hammerpreis und mit nur 50%iger Gewinnbeteiligung. Für den Fall der erhöhten Nachfrage stellte ich natürlich Nachschub in Aussicht.

Seltsamerweise hat sich bis heute niemand auf mein sensationelles Angebot gemeldet. In der Fremde kultivierte Stehlösungen sind der Firma wohl nicht geheuer.

Hinter das Geheimnis der Sitzlösungen bin ich übrigens bis heute nicht gekommen. Trotzdem lehne ich die Vorstellung ab, dass es sich dabei um Stühle und ähnlich profanen Kram handeln könnte. So simpel ist die Welt nicht!

Maike Ruprecht



Letzte Änderungen: 12.07.2013