Editorial

Nix zu sehen im Schaugarten

Pflanzenzüchter vor Politik und Feldzerstörern eingeknickt

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(22. Mai 2012) Der Schaugarten Üplingen bleibt diese Saison teilweise geschlossen. In den letzten Jahren konnte man dort gentechnisch veränderte (gv) Pflanzen im Freilandexperiment betrachten: Weizen, der gegen Brandpilze resistent war oder trockentoleranten Mais. Wegen fehlender Zulassungen für neue Züchtungen, der Furcht vor Feldzerstörungen und weil die Pflanzenbiotech-Industrie sich ohnehin aus Deutschland zurückzieht, fällt die gv-Pflanzenschau in der Magdeburger Börde vorerst aus.

 

„Unser Anspruch ist es, im Schaugarten jedes Jahr neue Pflanzen, neue Events, zu zeigen“, so Geschäftsführerin Kerstin Schmidt. „Das ist uns in den Jahren 2008 bis 2011 auch gut gelungen – der Schaugarten ist immer vielfältiger geworden.“ Beispielsweise wuchsen dort Kartoffeln, die Cyanophycin als Speicherprotein bildeten, das zur Herstellung von biologisch abbaubaren Kunststoffen genutzt werden könnte, Zuckerrüben, die gegenüber Monsantos Glyphosat-Herbizid Roundup tolerant waren, und Löwenzahn, der besonders viel Kautschuk in seinen Wurzeln herstellte.

Nun wurde neues Anschauungsmaterial knapp: „In diesem Jahr sind zum einen keine Forschungsprojekte im Bereich GVO in Deutschland mehr da, die man im Freiland präsentieren kann. Zum anderen zieht sich die Industrie immer mehr aus Deutschland und Europa zurück. Die BASF hat da im Januar ein deutliches Signal gesetzt“, erklärt Schmidt. BASF Plant Science hatte vergangenen Januar die Entwicklung von auf Europa zugeschnittenen Pflanzenbiotech-Produkten eingestellt, weil die Akzeptanz zu gering war und die Märkte in Nord- und Südamerika vielversprechender sind.

Ein weiterer Punkt für Schmidts Entschluss: Sie will nicht mehr riskieren, dass Wachpersonal an den Feldern von Gentechnik-Gegnern angegriffen wird, wie vorigen Sommer geschehen (Laborjournal berichtete). „Ein Aufrüsten des Wachschutzes wäre nicht verhältnismäßig gewesen, ein Inkaufnehmen erneuter Angriffe auf Wachleute auch nicht.“ Fehlende Zulassungen für den Anbau neuer gv-Pflanzen-Sorten im Schaugarten kamen noch dazu.

Die Betreiberfirma des Schaugartens, BioTechFarm, führt im Auftrag von Firmen oder wissenschaftlichen Instituten pflanzenbiotechnologische Feldversuche durch und präsentiert einen Teil davon im Schaugarten. Dieser finanziert sich wie eine Messe: wer etwas zeigen will – ob neue Pflanzensorten, Anbautechniken oder Pflanzenschutzmittel – zahlt einen Beitrag für die Versuchsfläche und die laufenden Kosten. Dazu gehören nicht nur Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen, sondern beispielsweise auch Experimente mit Dünge- und Pflanzenschutzmitteln.

Deshalb fällt der Schaugarten dieses Jahr auch nicht ganz aus: „Wir haben einen Energiegarten, in dem verschiedene Pflanzen zur Biogas- oder Ethanolproduktion präsentiert werden, zum Beispiel Sorghum, Sonnenblumen oder Miscanthus. Außerdem gibt es konventionelle Versuche mit Getreide und Raps“, so Schmidt. Wie es nächstes Jahr mit dem Schaugarten weitergeht, ist ungewiss. Doch so schnell wird sich an der politischen und gesellschaftlichen Akzeptanz von Grüner Gentechnik in Deutschland und Europa vermutlich nichts ändern.

 


Valérie Labonté
Bild: Smailhodzic/Fotolia.com



Letzte Änderungen: 20.12.2012
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