Editorial

Buntes Treiben auf öffentlichen Toiletten

Welche Bakterien genau sich auf öffentlichen Örtchen tummeln, untersuchten amerikanische Forscher per Hochdurchsatz-Sequenzierung.

editorial_bild

(22. Dezember 2011) Bakterien lauern eigentlich überall. Besonders gefürchtet sind sie jedoch auf öffentlichen Toiletten – weswegen sich viele Leute den Gang dorthin lieber verkneifen. Ein Team um Gilberto Flores und Noah Fierer vom Ecology & Evolutionary Biology Department der University of Colorado in Boulder, analysierte den mikrobiellen Artenreichtum der Campus-Toiletten mittels Pyrosequenzierung bakterieller 16sRNA. Das Fazit der Forscher ist wenig überraschend: Händewaschen nach jedem Toilettengang!

Flores, Fierer und ihre Kollegen untersuchen das Zusammenspiel bakterieller Lebensgemeinschaften im Boden, der Atmosphäre und dem menschlichen Körper. Aber auch Mikroorganismen, die Gebäude besiedeln, interessieren die Wissenschaftler. In ihrer aktuellen, in PLoS ONE veröffentlichten, Studie untersuchten sie Teststreifen, mit denen sie zuvor über zehn verschiedene Oberflächen in zwölf Damen- und Herrentoiletten gewischt hatten: Türgriffe der Toiletten- und Kabinentür, die Griffe von Wasserhähnen und Seifenspendern, Toilettensitze und Spülgriffe sowie die Böden um Toiletten und Waschbecken wurden getestet (PLoS ONE 2011, 6(11):e28132).

19 verschiedene Bakterienstämme entdeckten die Wissenschaftler in ihren Proben. 92 Prozent davon ließen sich den vier Stämmen Actinobacteria, Bacteriodetes, Firmicutes und Proteobacteria zuordnen. Bakterien, die normalerweise menschliche Haut besiedeln, befanden sich auf allen untersuchten Oberflächen. Das ist wenig erstaunlich, denn diese werden schließlich routinemäßig von Menschen berührt. Doch auch Keime, die ihren Ursprung in Mund, Darm und Urin haben, machten die Forscher auf sämtlichen getesteten Oberflächen aus – wenn auch in unterschiedlichen Anteilen.

Auf den Toilettensitzen und Spülgriffen befanden sich die meisten Darmkeime. Der Boden, der in Nordamerika vornehm zurückhaltend „Restrooms“ genannten WCs, beherbergte dagegen die artenreichste mikrobielle Gemeinschaft, darunter auch bodenbewohnende Mikroben. Doch auch manche der untersuchten Spülgriffe wiesen Bodenbakterien auf. Wie die dort hinkamen? Das ist für den durchschnittlichen Toilettenbesucher wohl die größte Überraschung der Studie: Menschen mit Horror vor bakterienverseuchten Klos betätigen den Spülknopf mit dem Fuß oder dem Schuh, wie die Autoren schreiben.

Es ist also tatsächlich wie befürchtet: Auf öffentlichen Toiletten wimmelt es überall vor Bakterien unterschiedlichster Herkunft und Couleur. Die mütterliche Ermahnung: „Fass nicht alles an und wasch dir gründlich die Hände!“ ist demnach wissenschaftlich berechtigt – es könnten sich ja Krankheitserreger unter den Keimen befinden.

Doch Vorsicht, noch gefährlicher als Toiletten sind offenbar Computertastaturen: Wissenschaftler um den Mikrobiologen Charles Gerba von der University of Arizona fanden in einer 2007 durchgeführten unpublizierten Studie auf der Tastatur rund 400 mal mehr Erreger als auf dem Toilettensitz.

 

 

Melanie Estrella
Bild: eyelab / photocase.com



Letzte Änderungen: 12.01.2012
© 2009 Laborjournal und F & R Internet Agentur