Editorial

Ein Frachter voller Wissenschaft

Die Luft ist lau, das Labor ist leer und das Institut liegt noch dazu zufällig in Flussnähe? Dann ist das vielleicht der ideale Zeitpunkt für einen Besuch der MS Wissenschaft – einem alten Binnenfrachter, der noch bis Ende September mit der Ausstellung „Neue Wege in der Medizin“ auf Deutschlands großen Wasserstraßen unterwegs ist.

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Begehbare Herzkammer in der MS Wissenschaft

(28. Juli 2011) Gestartet ist die MS Wissenschaft schon Mitte Mai in Stuttgart. Im Lauf der Reise passiert das Museumsschiff alle großen deutschen Flüsse – den Neckar, den Main, die Donau, den Rhein, die Mosel, die Elbe und die Spree sowie verschiedene Kanäle – und macht Station in 38 Städten, drei davon in Österreich. Bevor das Schiff am 29. September seinen Zielhafen in Berlin-Mitte erreicht, geht es noch in 19 Städten vor Anker. Zu den nächsten Stationen der schwimmenden Ausstellung gehören Saarbrücken, Bonn, Köln, Münster und Hannover.

 

Auf 600 Quadratmetern stehen im umgebauten Schiffsbauch über 30 Exponate zu fünf Themen bereit. Sie sollen dem Besucher auf unterhaltsame Weise ein Bild der aktuellen Gesundheitsforschung vermitteln, die auch Motto des diesjährigen Wissenschaftsjahres ist. Die von 30 Forschergruppen und Instituten erarbeiteten Ausstellungsstücke geben Einblicke in die Vorgänge im Körper, zeigen neue Verfahren in der Diagnostik, der Medikamentenentwicklung oder Medizintechnik. Auch gesellschaftliche Aspekte der Gesundheitsversorgung sind Thema, etwa die Übernahme der Verantwortung für die eigene Gesundheit durch Prävention oder die Frage nach einer gerechten medizinischen Versorgung für alle.

Die meisten der Exponate sind interaktiv und laden zum Mitmachen und Ausprobieren ein: So kann man eine weltweite Grippe-Pandemie simulieren und dabei die Ausbreitung der Influenza-Viren verfolgen, das eigene Gehör testen oder allein über Muskelzucken einen Flipper bedienen – ein Prinzip, mit dem man moderne Prothesen steuert. Andere Objekte zeigen dem Betrachter eindrucksvolle Bilder aus dem Körperinneren, beispielsweise einen von der verschluckbaren Kamera PillCAM gefilmten Verdauungstrakt oder eine begehbare Herzkammer, die den eigenen Herzschlag sicht- und hörbar macht.

In anderen Ausstellungsteilen kann man sich darüber informieren wie ein Biomarker-Chip Krebszellen frühzeitig im Blut aufspürt, wie künstliche Haut- und Leber-Gewebe als Ersatz für Tierversuche bei Medikamenten- und Kosmetikatests dienen oder wie aus Tiefseeschwämmen neue Wirkstoffe gegen Bakterien und Viren gewonnen werden. Man erfährt auch, warum Keime aus dem Kuhstall vor Allergien und Asthma schützen, wie ein drohender Bandscheibenvorfall – noch bevor Kreuzschmerzen auftreten – per Magnetresonanztomographie angezeigt wird und wie das Wissensnetz Health Explorer bei der Internetrecherche zu Fragen rund um das Thema Gesundheit hilft.

Die Organisation Wissenschaft im Dialog schickt seit 2003 jedes Jahr im Sommer einen Frachter mit einer Ladung Wissenschaft an Bord auf die Reise. Die Ausstellungen, die sich an Kinder ab 12 Jahren und Erwachsene richten, finden regen Zulauf. So besuchten letztes Jahr rund 105.000 Besucher die Ausstellung „Planet Energie“ im schwimmenden Science-Center. Der Besuch der täglich von 10:00-19:00 Uhr geöffneten Ausstellung ist kostenlos. Gefördert wird das Projekt unter anderem vom Bundesministerium für Forschung und Wissenschaft.


Melanie Estrella
Bild: Ilja Hendel/WiD



Letzte Änderungen: 04.03.2013