Editorial

Laborgeschichten - Diplomanden können teuer werden...

Sie kommen täglich ins Labor und arbeiten den Doktoranden zu. Manche tun das sogar am Abend oder am Wochenende. Sie bekommen normalerweise kein Gehalt, wenn sie Glück haben eine halbe Hiwi-Stelle. Und sie verlängern ihre Arbeitszeit „freiwillig“ um drei Monate, da dies in der  Aufgabenstellung schon berücksichtigt ist. Manchmal kommt dann sogar eine Publikation dabei heraus. 

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(26. Juli 2010) Der gemeine Diplomand ist also ein lohnender Posten fürs klamme Labor. – Jedenfalls meistens.

Auch Diplomand P. war als billige Arbeitskraft eingeplant. Doch es sollte ganz anders kommen. Denn mit dem Versehen von Diplomand P. konnte kein Arbeitsgruppenleiter rechnen. Der Eifrige schaffte es über Nacht ein Loch von mehreren zehntausend Euro ins Budget zu reißen.
 
Alles fing mit diesen blöden halophilen Bakterien an. Die Viecher wachsen nun mal nur bei einer Salzkonzentration von 3 molar. Als die 20 Kilo NaCl im Labor ankamen und tagelang auf einem Laborwagen bestaunt werden konnten, wunderten sich die ersten. „Hey P., was hast du mit dem vielen Salz vor?“ – „Halos züchten.“

Der Plan stand. Also dann, ran ans Werk. P. machte 20 Liter Medium und schüttete einige Kilo Salz hinein. Alles in den Fermenter und den Fermenter zum Sterilisieren in den Autoklaven. Temperaturfühler rein, Deckel zu, Knopf drücken. Und ab nach hause, denn es war schon spät.

Am nächsten morgen kam Diplomand P. tatenfreudig ins Labor, schließlich konnte er nun den frisch autoklavierten Fermenter mit seinen Halobakterien animpfen. Doch als er den Deckel öffnete packte ihn das schiere Entsetzen. Im Inneren des Autoklaven war nichts mehr, wie es sein sollte. Das Medium verschwunden, dreckige Brühe am Boden und rostige Wände. Rostige Wände? – Ja.

Über Nacht hatten sich dramatische Szenen im Autoklaven abgespielt. Dieser hatte sich nicht rechtzeitig abgeschaltet und heizte statt der üblichen halben Stunde die ganze Nacht. Weil der 20 Liter-Fermenter so groß war, war kein Platz mehr für ein Referenzgefäß mit Wasser. Also kam der Temperaturfühler direkt in das zu autoklavierende Medium. Dieser hielt aber der heißen Salzbrühe nicht stand und quitterte seinen Dienst. Ohne Temperaturkontrolle schaltete sich der Autoklav nicht ab, sondern heizte einfach weiter. Und weiter. Und weiter. Das Medium kochte über und wegen des Salzes korrodierte die innere Schicht des Autoklaven über Nacht.

Diplomand P. versuchte noch das Malheur mit dem Putzlappen zu begrenzen. Doch alles Schrubben half nicht. Der Autoklav war zerstört. Das Experiment war missglückt. Und Diplomand P. verfluchte seine „Halos“ bis ans Ende ihrer Tage.

 

Valérie Labonté



Letzte Änderungen: 04.03.2013