Editorial

Inkontinenz am Inn: Von Blinden, Standhaften und Süppchenkochern (10)

Was bisher geschah: Eine publizierte Phase III Studie war der EK nicht zur Stellungnahme vorgelegt worden. Hrabcik blamiert sich aus unbekannten Gründen mit einem juristisch unhaltbaren Brief. An der Phase III-Studie stimmt einiges nicht.

Auch bei der eingereichten Phase II Studie ist einiges unklar. Als Glossmann versucht, sich Klarheit zu verschaffen, erstatten Strasser und Bartsch Anzeige bei der Staatsanwaltschaft und legen Dienstaufsichtsbeschwerde ein. Polizei und AGES ermitteln. Es kommt zu einer Klagewelle. Glossmann wird Befangenheit und Industriespionage unterstellt. Der Abschlußbericht der Polizei entlastet ihn. Rektor Sorg wird aus undurchsichtigen Gründen entlassen. Bartsch und Czernich wechseln zum Standpunkt der EK. Es tauchen neue anonyme Vorwürfe auf, diesmal auch gegen Bartsch.

(2.1.2009) Folge 10 (November 2008): Hannes Strasser findet neue Freunde. Arzt begeht Selbstmord.

Ein anonymes "Aktionskomitee rettet die Klinik Innsbruck" kommt also Hannes Strasser zu Hilfe. Wer steckt da wohl dahinter? Warum bleiben die Freunde und Helfer Strassers immer anonym? Man weiß es (vorläufig) nicht. Hannes Strasser gibt jedenfalls nicht auf. Er findet Freunde, die einen Namen haben. Diesmal in der Politik.

Am 5. November 2008 stellt der Sprecher für Wissenschaft und Forschung der FPÖ, der Jurist Martin Graf und Dritte Nationalratspräsident und damit (Mit-)Inhaber des zweithöchsten Amtes der Republik Österreich, drei parlamentarische Anfragen an die Bundesminister für Gesundheit, Wissenschaft und Justiz. Informiert angeblich vom "Aktionskomitee rettet die Klinik Innsbruck" und unbeeindruckt vom AGES-Bericht, den ausführlichen Erklärungen der Juristen der EK und dem Abschlußbericht des LKA Tirol, äußerte Graf den Verdacht, dass Mitglieder der EK ihre Position für eigene wirtschaftliche Interessen missbraucht hätten und die AGES Prüfung nicht objektiv und rechtlich fundiert gewesen sei. Insbesondere greift Graf Hartmut Glossmann und dessen "Rechtsanwalt" Andreas Scheil an. Glossmann sei Eigentümer diverser Firmen, die ebenfalls an Zelltherapieprojekten arbeiteten. Georg Bartsch wird vorgeworfen, über Jahre hinweg Privatpatienten für die Zelltherapie Privathonorare in Rechnung gestellt zu haben, obwohl er nun behaupte, mit der Therapie und der Lancet-Studie nichts zu tun gehabt zu haben. Der Firma AMS wird vorgeworfen, das Advance Band in den Jahren 2004-2006 illegal in Innsbruck implantiert zu haben. Des weiteren habe die Firma bei zahlreichen Kursen Innsbrucker Infrastruktur und Personal genutzt, ohne dafür bezahlt zu haben. Schließlich unterdrücke die AGES die Prüfung zahlreicher illegaler und falscher Studien der Kinderurologie Innsbruck. Graf stellt dann 35 Fragen, z.B. an die Gesundheitsministerin, unter denen mindestens drei auf eine Entschuldigung des Verhaltens Strassers bei der Stammzellstudie zielen. So die Frage: Warum berücksichtigt die AGES näher beschriebene EU-Verordnungen und Richtlinien nicht in ihrem Bericht über die Zelltherapie der Harninkontinenz, aus denen folge, dass die EK im Jahr 2002 nicht mit der Lancet-Studie befasst werden hätte müssen? (Die Antwort darauf wurde schon vor Monaten sowohl im AGES-Bericht gegeben als auch in Gutachten von Andreas Scheil von der EK und von "dem" Medizinrechtler Österreichs, Christian Kopetzki).

Auf Anfrage von Laborjournal wollte die Berliner Niederlassung von AMS zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen. Grafs Büro wurde von Laborjournal gebeten, mitzuteilen, um wen es sich denn bei dem "Aktionskomitee rettet die Klinik Innsbruck" handele. Die Antwort war, dass es sich bei ihrem Kontakt um Hannes Strasser handele (auf das "Aktionskomitee" ging der Herr vom Büro Graf nicht ein). Herr Strasser betreibe auch die Netzseite http://independent-science.chapso.de. Dort ist als Email Adresse independent-sience@live.de angegeben. Strasser bestritt gegenüber Laborjournal, die Seite zu betreiben.

Wie auch immer: Jemand schickte von der Email Adresse indep.science an die Innsbrucker EK den Inhalt der Netzseite mit den lieben Worten:

OPERATION "ROLLING THUNDER" HAS STARTED!! WE WILL SMOKE THEM OUT OF THEIR HOLES!!

Das klingt im Stil an die "Freunde und Helfer" Briefe an, die bei Czernich und bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck eingingen. Handelt es sich womöglich um den gleichen Dichter?Es gelang, zu dieser Frage wertvolle Indizien zu sammeln. Doch die MUI ist ein Hexenkessel: Kaum meint man, eine Sache abschließen zu können, tut sich ein neues Türchen auf.Am 7. November 2008 wurde der 49-jährige Innsbrucker Anästhesist Josef Margreiter tot in seinem verschlossenen Dienstzimmer aufgefunden. Die Umstände sprachen für Selbstmord, dennoch wurde, um jedes Fremdverschulden ausschließen zu können, von der Staatsanwaltschaft eine Obduktion angeordnet.

Am 19. November taucht wiederum ein anonymes Email von mailto:indepndent_science@live.at auf, diesmal mit der Überschrift "POLIZEI ERMITTELT IM MEGA-SKANDAL IN INNSBRUCK WEGEN MORDES!!"Des weiteren steht dort u.a. zu lesen: "Die beteiligten Firmen und Projekte (Biocrates, Medlance, American Medical Systems, Oncotyrol) sollen von der Ndrangetta, der kalabresischen Mafia, verwendet worden sein, um Geld zu waschen (über Kontakt eines italienischen Arztes in der Urologie des Klinikums Grosshadern). Und die soll auch - lt. Informanten - am "Todesfall" von Prof. Margreiter beteiligt gewesen sein!

Die Korruption in Innsbruck und Wien läßt sich nun nicht mehr länger vertuschen! Nach der Exhumierung von Prof. Margreiter laufen nun toxikologische Untersuchungen. Und das Parlament in Wien ist sowieso schon längst auf der richtigen Spur. Herzlichen Glückwunsch an den dritten Nationalratspräsidenten, Sie werden als einer der Aufdecker dieses größten Skandals in der Medizin seit dem 2.Weltkrieg in die Geschichte eingehen!

Wir haben erfahren, dass Prof. Strasser die unfassbaren Zustände in der Ethikkommission Innsbruck und Wien der EU-Kommission gemeldet hat und diese von der EU-Kommission -zur Ausarbeitung neuer Richtlinien in der EU- auch publiziert werden!! Er läßt sich offensichtlich also weiterhin nicht mundtot machen, Respekt, Respekt! Wenigstens noch einer mit Rückgrat und Cojones in diesem Misthaufen!"

Bei Margreiters vermutlichem Selbstmord, begangen mit einem Schlaf- und einem Muskelrelaxationsmittel, ging es wohl tatsächlich um Geld: Margreiter stritt mit seinem Klinikchef um die Verteilung der Privathonorare. Eine Verbindung des Falles Margreiter mit der Urologie oder EK gibt es nicht - kurzum: Der Fall Margreiter ist eine andere Baustelle der maroden MUI.

Scheil hatte nun aber endgültig die Nase voll, zumal auch Glossmann und er für den Tod Margreiters verantwortlich gemacht wurden: "THERE IS BLOOD ON YOUR HANDS!!" Seit eineinhalb Jahren rennt Scheil in der Affäre Strasser/Bartsch für die EK, sich selbst und andere Mitglieder der EK von Pontius zu Pilatus, schreibt fast ohne Unterlass Briefe und Emails, verfasst Rechtsgutachten zu absurd falschen Rechtsansichten, wehrt offene und anonyme Anschuldigungen gegen Mitglieder der EK ab, berät Verunsicherte in Rechtsfragen und beruhigt sie. Dabei hat Scheil einen Lehrstuhl auszufüllen.

Am 19. November 2008 reichte Andreas Scheil bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck Strafanzeige gegen Hannes Strasser wegen falscher Zeugenaussage, Urkunden- und Beweismittelfälschung und wegen Verleumdung ein. Er wirft ihm unter anderem wissentlich unrichtige Strafanzeigen an die Staatsanwaltschaft vor.

Es gelingt Scheil, den PC ausfindig zu machen, von dem aus die Netzseite http://independent-science.chapso.de erstellt worden ist. Dieser PC steht in einem Copy-Shop in Salzburg. Scheil bittet den Eigentümer des Shops um zweckdienliche Hinweise und schickt ihm Fotos von Strasser. Der Shopbetreiber bestätigt umgehend, dass eine Person, die der auf dem Foto von Strasser gleiche, regelmäßig in seinem Shop ins Internet geht.

Es gibt ein weiteres Indiz, ein Dokument, das der "Mord"-Email von indepndent_science@live.at anhing. Dieses Dokument wurde mit einem "Microsoft Office Word" Programm geschrieben, das für die Innovacell Biotechnologie GmbH linzenziert war: erstellt am 19.11.2008 um 12:15; zuletzt gespeichert am: 19.11.2008 um 12:16. Das kann man, mit den entsprechenden Computerkenntnissen, dem angehängten Dokument des Mails entnehmen. Seltsam ist: Innovacell ist seit August 2008 eine AG (statt GmbH) und ihre Computer wurden entsprechend umkonfiguriert. Die Email muss also mit einem Innovacell PC oder Laptop geschrieben worden sein, der der Umkonfiguration entgangen ist, z.B. weil ihn jemand nach Hause nahm. Prinzipiell ist es allerdings auch möglich, dass der anonyme Email-Verschicker die Computer Adresse geändert hat, um eine falsche Fährte zu legen.Hannes Strasser dazu: "Ich habe NIE behauptet, dass jemand von der Ethikkommmission oder irgendjemand anderer einen Mord begangen haben soll. "

Des weiteren: "Zuletzt hat eine bestimmte Person u.a. behauptet, dass ich eine Homepage erstellt haben und diese Person des Mordes bezichtigt haben soll. Die Behauptungen sind beweisbar unwahr. Es wird auch noch ein gerichtliches Nachspiel geben."

Und noch: "Ich habe keine Homepage erstellt, dafür fehlen mir die technischen Fähigkeiten. Jeder, der das behauptet oder in einem Artikel schreibt, sagt die Unwahrheit."

Und schließlich: "Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft beim Selbstmord von Herrn Prof. Margreiter meines Wissens nach auch wegen des Verdachts auf Fremdverschulden. Ich habe diverse Informationen, u.a. die Warnung, dass ich der "nächste" sein könnte, bereits der Staatsanwaltschaft Innsbruck in der letzten Woche mitgeteilt."

Soweit Herr Strasser.

Klar ist: Die Innsbrucker EK und Rektor Sorg haben richtig gehandelt und Standhaftigkeit gezeigt. Doch wer ist der Bösewicht? Was treibt den an? Gibt es nur einen oder mehrere? Wer schrieb die anonymen Briefe? Wer steckt hinter Sorgs Entlassung? Was waren die wirklichen Motive? Hat AMS wirklich illegal gehandelt? Bleibt Georg Bartsch im Amt? Wir werden darüber in weiteren Folgen berichten.



Man kann die Leute eine Zeit lang belügen, einzelne dauernd betrügen, aber nicht alle dauernd belügen und betrügen. (Wird Abraham Lincoln zugeschrieben)



Huber Rehm



Letzte Änderungen: 15.04.2009