Editorial

Immunologie-Promis in Erlangen

Von Doktoranden veranstaltete Symposien scheinen hierzulande in Mode zu kommen. Kürzlich luden Erlanger Jung-Immunologen zu einem wissenschaftlichen Stelldichein ein - und prompt reisten zwanzig Top-Stars der Zunft nach Mittelfranken.

(11.12.2008) Aus Atlanta war die Howard-Hughes-Kapazität Max Cooper zum 2nd International GK-Symposium: Regulators of Adaptive Immunity gekommen, aus Boston der Exildeutsche Klaus Rajewsky und aus New York die Genexpressions-Expertin Kathryn Calame. Dazu 17 weitere Promis, nebst 400 Teilnehmern. Einigermaßen verwunderlich, hatte doch nicht ein ähnlich prominenter Fachkollege diese Einladung ausgesprochen, sondern ein Häuflein unbekannter Doktoranden.

Des Rätsels Lösung: Hinter den 42 engagierten Nachwuchs-Veranstaltern aus Erlangen stehen letztlich doch zwei Professoren, Thomas Winkler und Hans-Martin Jäck, und die kennt man in der Branche sehr wohl. Um ihren Studenten die Möglichkeit zu bieten, schon früh in ihrer Karriere internationale Kontakte aufzubauen und ihre Forschungsergebnisse auf hohem Niveau mit führenden Experten zu diskutieren, haben Winkler und Jäck dieses bereits zum zweiten Mal in Erlangen stattfindende Doktoranden-Symposium ins Leben gerufen. Arbeit, Ruhm und Ehre rund um diese Veranstaltung gebührt allerdings allein den Jungforschern, wie Jäck gegenüber Laborjournal betonte.

Mehr als 400 Wissenschaftler aus ganz Deutschland und angrenzenden Nachbarländern nahmen an der diesjährigen zweiten Auflage teil, um den Vorträgen von 20 internationalen Experten aus den USA, Großbritannien, Portugal, Japan und Deutschland zur adaptiven Immunität zu lauschen. Ein umfangreiches Rahmenprogramm wurde kostenlos dazu serviert.

Worum ging's?

Thema dieses Doktorandenkongresses war die B- und T-Zellimmunologie; drei Tage lang diskutierten somit die anwesenden Forscher über humorale und zelluläre adaptive Immunität. HHMI-Mann Max Cooper beispielsweise berichtete über neuartige, Antikörper-ähnliche Antigen-Rezeptoren in niederen Wirbeltieren. Kathryn Calame, Klaus Rajewsky, Michael Neuberger und Rudolf Grosschedl informierten über die Rolle von Regulatoren bei der Kontrolle der humoralen Immunität, und Flavius Martin, Matthias Wabl (beide San Francisco), Shigekazu Nagata (Osaka), David Nemazee (La Jolla) und Mark Shlomchik (New Haven/USA) präsentierten neue Ansatzpunkte zum Verständnis und zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen.

Ein neuer Signalweg in B-Lymphozyten

Der Göttinger Jürgen Wienands stellte einen neuen Signalweg in Gedächtnis-B-Lymphozyten vor, und Jing Wang aus dem Labor des Bostoner Genetikers Fred W. Alt diskutierte neue Mechanismen zur Pathogenese von Leukämien. Darüber hinaus sprachen Harald von Boehmer (Boston), Dan Littman (New York), Thomas Hünig (Würzburg), Art Weiss (San Francisco), John Kappler (Denver), Antonio Coutinho (Lissabonn), Georg Bornkamm und Ulrich Koszinowski (beide München) über die neuesten Trends zur Funktion von T-Lymphozyten. Diese haben täglich Schwerarbeit gegen gegen Tumoren, Viren und Bakterien zu verrichten.

Selbst ist der Doktorand!

Die wackeren Erlanger Doktoranden, die dieses Symposium organisierten, sind Mitglieder mehrerer Ausbildungsprogramme innerhalb dreier immunologisch orientierter Forschungsverbünde.

Finanziert werde diese von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG): Das Graduiertenkolleg (GK) 592 Lymphozyten (Sprecher: Hans-Martin Jäck) und die Forschergruppe FOR832 Regulatoren der Humoralen Immunität (Sprecher: Thomas Winkler & Hans-Martin Jäck) kümmern sich beide um die Differenzierung, Aktivierung und Deviation von Lymphozyten; das GK1071 (Sprecher: Bernhard Fleckenstein, wissenschaftl. Koordinator: Brigitte Biesinger) untersuchen die Interaktion von Viren mit dem Immunsystem.

Die Idee eines selbst organisierten international ausgerichteten Kongresses mit Schwerpunkt "adaptives Immunsystem" wurde 2006 von den Doktoranden zum ersten Mal verwirklicht. 2008 gingen die Kollegiaten dann das zweite GK-Symposium an. Bereits ein Jahr im Voraus bildete sich ein zehnköpfiges Organisationskomitee aus den 42 Doktoranden der Graduiertenkollegs und der Forschergruppe unter der Leitung von Carmen Kroczek, Stefanie Thiele und Rebecca Winkelmann. Diesem standen Hans-Martin Jäck und Brigitte Biesinger-Zwostra beratend zur Seite. Federführend blieben jedoch die Doktoranden. Die Aufgaben des Organisationskomitees umfassten unter anderem die Erstellung des Programms, die Einladung der Gastsprecher, die Organisation des Rahmenprogramms sowie die Koordination der einzelnen anfallenden Tätigkeiten.

Professor als DJ

Die Doktoranden sehen sich laut eigener Aussage jedoch weniger als Veranstalter, sondern vielmehr als engagierte Gastgeber, denen auch und besonders das Wohl der Gastsprecher am Herzen lag. Um von Beginn an einen persönlichen Kontakt herzustellen, holten sie die Gastsprecher vom Flughafen oder Bahnhof ab und begleiteten sie auf ihren Wegen durch Erlangen zu den einzelnen Veranstaltungen. Ein besonderer Höhepunkt und die Möglichkeit der Kontaktaufnahme bildete das Eröffnungsdinner im Erlanger Bayrischen Hof, wo sowohl die Gastsprecher, die Projektleiter, als auch die Doktoranden mit einem 5-Gänge-Menü verwöhnt wurden. Am Abend traf man sich - nach informativen, aber doch anstrengenden Vorträgen und Diskussionen - in lockerer Atmosphäre auf der Kongressparty wieder, bei der ein Erlangener Professor ein bisher unentdecktes Talent als DJ zeigte. Bis in die frühen Morgenstunden feierten die mehr als 250 Gäste ausgelassen.

Finanziell unterstützt wurde das Symposium vom Freistaat Bayern, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, vom Erlanger Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) und von Firmensponsoren. Übrigens: Die Planungen für das in 2010 stattfindende "3rd International GK-Symposium" haben bereits begonnen.

Winfried Köppelle

(basierend auf einer Langfassung der veranstaltenden Doktoranden)

Weitere Informationen: http://www.lymphozyten.de/symposium2008/



Letzte Änderungen: 11.12.2008