Editorial

Neues Kräutchen im DFG-Gärtchen

Ab dem 1. Juni 2008 gibt die DFG den Forschern die Möglichkeit, sich auf "Reinhart Koselleck"-Projekte zu bewerben. Die nach dem Historiker Koselleck benannten Projekte sind Einzelförderungen im Rahmen des Normalverfahrens.

(11.02.2008) Es gibt für fünf Jahre zwischen 500.000 und 1,25 Millionen Euro. Für den Antrag reicht eine fünfseitige Skizze. So weit so gut. Die Presseerklärung der DFG zu den Koselleck-Projekten lässt einem dann doch die Galle hochsteigen:

1. Der Schreibstil der DFG gleicht immer mehr dem der Marketingabteilung einer windigen Biotechfirma. Er ist einer Wissenschaftsorganisation unwürdig. Die nächste Neuerung, die die DFG durchführen sollte, wäre, das Wörtchen "innovativ" in ihren Pressemitteilungen zu verbieten.

2. Die Vergabekriterien sind schwammig. Sie scheinen nach Marketinggrundsätzen entwickelt worden zu sein, das heißt danach, wie es klingt und nicht danach, ob man etwas damit anfangen kann. Solide Anhaltspunkte für eine Einschätzung geben sie nicht. Was soll zum Beispiel ein herausragender wissenschaftlicher Lebenslauf sein? Oder ein großes wissenschaftliches Potenzial? Wie misst man das? Im Bauch, nach der Tiefe des Grummelns? Mit Begriffen wie "große Kreativität" und "hohes innovatives Potenzial" hantieren Künstler und andere Leuten, die aus beruflichen Gründen klare Aussagen vermeiden müssen. Ein Gutachter kann damit nichts anfangen, es sei denn er wäre Psychiater.

Immerhin ist anzuerkennen, dass die DFG, wenn auch versteckt und wohl unbewusst, Selbstkritik treibt. So sollen die Koselleck-Projekte dazu dienen, "risikoreiche Forschungsvorhaben zu realisieren, die in anderen Verfahren nicht gefördert werden", wie der Präsident der DFG sagt. Das kann man nur so auslegen, dass die DFG risikoreiche Projekte bisher unter den Tisch fallen ließ.

Anzuerkennen ist auch, dass die DFG endlich unsere langjährige Forderung aufgreift, die unsinnige Antragschreiberei einzuschränken. Leider tut sie das nur bei Koselleck-Projekten. Bei den meist betulichen und voraussagbaren Projekten anderer "Förderungsinstrumente" müssen sich Antragsteller und Gutachter immer noch mit quälend langen Ausführungen herumschlagen. Warum und wozu?

Am interessantesten an den Koselleck-Projekten ist die Gewichtsverschiebung weg vom Antrag, hin zu den Vorleistungen des Antragsstellers. Man scheint weniger auf die literarischen Fähigkeiten als darauf schauen zu wollen, was die Person in den letzten Jahren publiziert hat. Leider scheint sich auch das auf die Koselleck-Projekte zu beschränken. Dabei würde eine generelle Gewichtsverschiebung jene literarischen Genies freisetzen, die heute an der Schaltstellen der Macht sitzen und Schreiben mit Forschen verwechseln. Das eine oder andere Genie ginge dann sicher zur DFG, um dort die Pressemitteilungen in eine Form zu bringen, die man ohne Brechreiz lesen kann. Damit wäre schon viel gewonnen.



Siegfried Bär

Kommentare zu diesem Artikel

Der Autor hat sich offensichtlich zum Ziel gesetzt etwas Negatives zu schreiben - vermutlich schon vor dem Lesen der Veröffentlichung. Er hat wohl auch wenig Erfahrung mit DFG-Anträgen. Denn sonst wüßte er, dass das Schreiben selbst wenig Zeit braucht, wenn man sich über die geplante Forschung im klaren ist. Er hat wohl auch noch keine Anträge begutachtet. Denn sonst wüßte er, dass man ohne Beschreibung wohl kaum etwas begutachten kann. Ohne tiefschürfende Analyse sieht man hier leider nur, dass in dem Artikel keine sachdienlichen Hinweise enthalten sind. Dann könnte man sich diesen unnötigen Beitrag doch sparen - im Sinne des wenig-schreibens....

christian7, 19-Feb-2008 17:38:41




Letzte Änderungen: 11.02.2008