Editorial

Leistung lohnt sich - oder?

Die Welt isr ungerecht. Erst recht in der Forschung. Hier wäscht die eine Hand gerne mal die andere und beide zusammen seifen den jungen Postdoc auch mal so richtig ein. Aber das ist noch immer besser, als vollständig ignoriert zu werden. Oder?

(21.1.2008) Forschung ist leistungsorientiert. Wirklich? Meiner Erfahrung nach, wird wissenschaftliche Anerkennung teilweise nach "politischen" Gesichtspunkten und persönlichen Vorlieben vergeben.

Forsch fordern manche Kollaborateure noch im Vorfeld eine Erstautorschaft auf der noch zu produzierenden Veröffentlichung. Dabei haben sie mit den Experimenten noch nicht einmal begonnen. Ich kenne Fälle, in denen es parasitären Kollegen gelungen ist, für ihre "Bemühungen" eine Autorschaft zu ergattern, obwohl sie kein einziges, brauchbares Resultat abgeliefert haben. Einmal bekam ein Postdoc eine Stelle nur, weil er einem einflussreichen Patron zuliebe einen Kollegen als Koautor aufführte, obwohl dieser keine verwertbaren Resultate hatte. Das nennt man Erpressung. Andere erhalten eine Erstautorschaft auf einer prestigeträchtigen Veröffentlichung, weil sie schon mehrere Jahre im Labor arbeiten, ihre Karriere eine solche Veröffentlichung erfordert und sie dem Patron ans Herz gewachsen sind. Ihr wissenschaftlicher Beitrag war minimal: Für Planung, Durchführung und Auswertung der experimentellen Arbeit waren hauptsächlich Doktoranden und Postdocs zuständig, die keinen Lieblingsstatus hatten. Die durften sich danach ein anderes Labor, ein anderes Thema, möglicherweise einen anderen Beruf suchen. Kollegen, die nach Ansicht ihrer Patrone in der Forschung weiterkommen sollen, erhalten auch für kleine Beiträge zu Veröffentlichungen wie selbstverständlich eine Koautorschaft. Am Ende der Doktorarbeit oder des Postdoc-Vertrags können sie dann eine stolze Liste vorweisen. Andere entwerfen antragsreife Projekte und werden nicht einmal im Acknowledgement der daraus entstandenen Paper aufgeführt, da sie "nur" die Projektideen hatten. Wieder andere haben sämtliche Experimente der Veröffentlichung durchgeführt, erhalten aber lediglich eine Koautorschaft; Erstautor wird ein Kollege der protegiert werden soll, obwohl sein Beitrag lediglich in einer unausgegorenen Projektidee bestand.

Kürzlich war ich bei einer wissenschaftlichen Konferenz. Die Posterpreisverleihung war bemerkenswert: Eine Preisträgerin hatte eigentlich keine Daten und trug dies bei der Postervorstellung auch selbstbewusst vor. Wofür sie den Preis bekam? Ihr Chef hatte die Konferenz mitorganisiert. Ein anderer Preisträger hatte die Erläuterung "seiner" Daten einer Kollegin überlassen. Gleich wie man sie bekommt: Posterpreise machen sich gut im Lebenslauf. Schließlich haben manche Chefs ein selektives Gedächtnis. Sie neigen dazu, erfolgreiche Experimente dem Erfolgspostdoc zuzuschreiben, der das gut laufende, einfachere Erfolgsprojekt bedient. Das arme Würstchen, das nach langem Mühen Resultate aus einem schwierigen Projekt quält, wird vergessen.

Wie sagte ein Professor, den ich kürzlich im Urlaub traf, halb im Scherz: In diesem Metier sind alles Gauner und Spitzbuben.



Bettina Dupont



Letzte Änderungen: 22.01.2008