Editorial

Abbe ade: Max Planck hofft auf RESOLFT-Millionen

Mit den Erfindungen der Max-Planck-Forscher hat die Technologie-Verwertungsagentur der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) seit 1979 an die 200 Millionen Euro verdient. Eine revolutionäre Mikroskop-Technologie soll weitere Millionenerträge bringen.

(19.11.2007) Schon ins große Zellbiologie-Special "Aktuelle Mikroskop-Technologie" im aktuellen Laborjournal 11/2007 (Seiten 49 bis 66) geschaut? Da geht's unter anderem um 3D- und Rasterkraft-Mikroskopie, um neuartige, vollautomatische Fluoreszenzmikroskope - und um zwei findige deutsche Firmen, die ihre ganz spezielle Marktnische gesucht und gefunden haben. Findig ist auch seit den 70er Jahren die Max-Planck-Gesellschaft: Sie vermarktet die im eigenen Haus erarbeiteten Patente und Technologien und bessert so ihren Forschungsetat auf. Zuletzt beispielsweise mit der Auslizenzierung der revolutionären RESOLFT-Technologie des Göttinger MPI-Forschers Stefan Hell, mit deren Kenntnis man höchstauflösende Lichtmikroskope bauen kann (siehe dazu u.a. http://www.laborjournal.de/rubric/archiv/editorials/223.html)

Umtriebige Tochterfirma

Derzeit meldet die mit der Technologieverwertung beauftragte Max-Planck-Tochterfirma "Max-Planck-Innovation" (früher "Garching Innovation") jährlich 80 bis 100 Patente an. Seit 1979 hat Max-Planck-Innovation über 1500 Verwertungsverträge abgeschlossen und bisher 46 Ausgründungen aus den Max-Planck-Instituten betreut. Den Erfindern, den Max-Planck-Instituten und der Max-Planck-Gesellschaft brachte das bisher etwa 200 Millionen Euro ein.

Das lukrativste Projekt bisher war das Patent mit der Nummer DE 3504734. Es wurde am 12. Februar 1985 von den Göttinger MPI-Forschern Jens Frahm und Axel Haase angemeldet und hat das unter dem Namen "FLASH" bekannt gewordene Verfahren die Kernspin-Tomografie revolutioniert. FLASH verkürzte die Messdauer um den Faktor 100 und ermöglichte so erstmals dreidimensionale Darstellungen lebender menschlicher Körper innerhalb weniger Minuten.

Vergangene und künftige Max-Plancksche Blockbuster

Das FLASH-Verfahren zur Echtzeit-Erfassung von Kernspin-Schnittbildern hat der MPG seit Patenterteilung 140 Millionen Euro eingebracht - weit mehr als sämtliche anderen 1500 Verwertungsverträge zusammen, die M-P-Innovation bisher abgeschlossen hat. Leider ist der Geldsegen seit 2005 vorbei - das Patent DE 3504734 ist ausgelaufen, und seitdem darf jeder Kernspintomografen-Konstrukteur die FLASH-Technologie kostenlos nutzen. Das FLASH-Patent ist ein Paradebeispiel dafür, wie steuergeldgeförderte Hochtechnologie in Form von klingender Münze wieder an die akademischen Institute zurückfließen kann, an denen sie entwickelt wurde.

Ein anderes Beispiel für eine hoffnungsvolle Verwertung ist der niedermolekulare, organische Angiogenese-Hemmer "Sutent", der in Blutgefäßen einen Proteinkinaserezeptor blockiert und dadurch das Wachstum von Tumoren stoppt. Das Präparat wurde mitentwickelt vom Martinsrieder MPI-Krebsforscher Axel Ullrich (bzw. in seiner Biotechfirma Sugen), von Ullrichs früheren Doktorandin Birgit Millauer und dem verstorbenen MPI-Forscher Werner Risau. M-P-Innovation hat die Rechte an Sutent im Jahr 2006 an den Pharmamulti Pfizer auslizenziert. Das Mittel besitzt das Potenzial, zu einem echten Blockbuster (Umsatz mehr als eine Milliarde Dollar jährlich) zu werden. Die MPG würde davon auch einige Milliönchen abbekommen.

Revolutionäre Mikroskop-Technologie

Diesen Sommer hat die Max-Planck-Gesellschaft (vertreten durch ihre Technologietransfer-Stelle MP-Innovation) nun den Firmen Carl Zeiss (Oberkochen) und Leica Microsystems (Wetzlar) die Verwertungsrechte an Stefan Hells RESOLFT-Technologie (s.o.) erteilt. Die beiden Mikroskop-Hersteller dürfen seitdem Mikroskope und bildgebende Verfahren entwickeln und verkaufen, die mit traditionellen Mitteln (sichtbares Licht, normale Glaslinsen) eine molekulare Auflösung ermöglichen.

RESOLFT ("reversible saturable optical fluorescent transitions") überwindet die bisher geltende Beugungsgrenze der lichtmikroskopischen Auflösung und kann lebende Strukturen bis zu einer minimalen Größe von 1-2 Nanometern auflösen. Entwickelt wurde die Technologie von Stefan Hell in den 1990er Jahren in Turku/Finnland und ab 1996 am MPI für biophysikalische Chemie in Göttingen; die ebenfalls von Hell entwickelte STED-Mikroskopie ist eine praktische Anwendung des RESOLFT-Prinzips. Hell bekam für seine Forschungen und Erfindungen rund um die Mikroskopie den Deutschen Zukunftspreis 2006 (siehe dazu auch das Interview mit Hell in Laborjournal 1-2/2007, Seite 20).

Man habe die Lizenzen bewusst an die deutschen Firmen Zeiss und Leica vergeben, um den hiesigen Industriestandort zu stärken, sagte der Geschäftsführer von M-P-Innovation, Jörn Erselius. Eine dritte Lizenz sei noch zu vergeben. Bisher ist nicht bekannt, ob das schon geschehen ist und an wen sie ging.

Winfried Köppelle



Letzte Änderungen: 18.11.2007