Editorial

Membran-Recycling
mit Säure

(15.02.2023) Statt Antikörper auf Western Blots mit brachialer Gewalt zu entfernen, ist es sanfter, die für die Detektion verwendete Peroxidase zu inaktivieren.
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To strip or not to strip – das ist die Frage, wenn es bei Western Blots um die effiziente Detektion spezifischer Proteine einer Probe geht. Wer in einem Extrakt mehrere Proteine nachweisen will und die entsprechenden Antikörper parat hat, kann zwischen zwei Varianten wählen. Bei der ersten trägt man alle Proben parallel auf mehreren Gelen auf, blottet sie und hybridisiert die Membranen jeweils mit unterschiedlichen Primärantikörpern. Jede Membran durchläuft das komplette Detektions­prozedere, die Handgriffe gehen parallel vonstatten und die Ergebnisse liegen zeitgleich vor. Bei Variante zwei kommen alle Proben auf ein Gel, das anschließend auf eine Membran geblottet wird. Nach der Detektion des ersten Proteins entfernt man Primär- sowie Sekundär­antikörper und inkubiert die gestrippte Membran mit dem nächsten Primär­antikörper. Das dauert zwar etwas länger, spart aber Material und wertvolle Proben.

Editorial

Ziemlich heikel

Die Chemilumi­neszenz-basierte Detektion von Proteinen auf Western Blots via Meerrettich­peroxidase (HRP)-gekoppeltem Sekundär­antikörper und Chemilumi­neszenz-Substrat gehört zu den klassischen Verfahren, das im Notfall auch in einer improvisierten Dunkel­kammer und mit aufgelegtem Film funktioniert. Die Chemilumi­neszenz liefert ein einfarbiges Lichtsignal – im Gegensatz zu Fluoreszenz-Techniken, bei denen einzelne Proteine je nach verwendeten Fluorophoren in unterschiedlichen Farben leuchten. Umso wichtiger ist, dass die HRP-Aktivität immer wieder komplett ausgelöscht wird, wenn man die Membran nacheinander mit verschiedenen Antikörpern hybridisieren will, ohne sie zu strippen. Sonst kann man nicht unterscheiden, ob ein Chemilumi­neszenz-Signal zum gerade detektierten Protein gehört oder noch zum vorhergehenden.

Die HRP-Aktivität auszuschalten, ohne die Blot-Membran zu zerstören und die darauf haftenden Proteine zu entfernen, ist aber ein ziemlich heikler Balanceakt. Spült man die Membran mit Wasserstoff­peroxid, Natriumazid oder Diamino­benzidin, wird die HRP zuverlässig deaktiviert, man muss aber auch mit erheblichen Kollateral­schäden an den geblotteten Proteinen rechnen. Strippt man die Membran mit aggressiven Substanzen und erhöhten Temperaturen, lösen sich sämtliche Antikörper aus den voran­gegangenen Hybridisierungs­runden ab. Unter dem Membran-Stripping leiden aber auch die geblotteten Proteine und verabschieden sich zum Teil ganz von der Membran.

Inaktivierender Säure-Trick

Deutlich sanfter lässt sich die HRP mit Essigsäure inaktivieren. Shuting Han, Yan Cui und Dario L. Helbing vom Leibniz-Institut für Alterns­forschung in Jena bemerkten schon 2019, dass sie auf PonceauS-gefärbten Blots kaum noch Signale erkennen konnten, wenn sie das von HRP umgesetzte Chemilumi­neszenz-Substrat ECL erneut zugaben (Biotechnol J, 15(3):1900397). Die unspezifische Färbesubstanz PonceauS, die sämtliche geladenen Proteine auf Western Blots sichtbar macht, ist in Essigsäure gelöst. Das Team aus Jena arbeitete sich anschließend sukzessive an die optimalen Bedingungen für die Inaktivierung der HRP mit Essigsäure heran. Am besten funktionierte das Ganze, wenn die drei die Membranen für dreißig Minuten bei 37 Grad Celsius in zehnprozentiger Essigsäure wuschen. Der pH-Wert von zehnprozentiger Essigsäure liegt ungefähr bei 2 – stellt man 50 mM Tris-HCl, auf pH 2 ein, erreicht man den gleichen Inaktivierungs­effekt.

Auf den Säure-Trick zur HRP-Inaktivierung kam jüngst auch ein chinesisches Team. Statt Essigsäure verwendet es aber Crotonsäure (CA). Crotonsäure alias trans-Butensäure unterscheidet sich von Buttersäure nur durch eine Doppelbindung. Übel riechen tun beide, und auch die reizende Wirkung auf Augen und Atemwege ist gleich. Optimal funktioniert die HRP-Inaktivierung mit einer zwanzig­prozentigen Crotonsäure (pH 1,5), die dreißig Minuten einwirken muss. Da CA bei Raumtemperatur kristallisiert, kommt man auch hier nicht um die Erwärmung auf 40 Grad Celsius herum, die potenziell zu Proteinschäden führen kann. Die Chinesen schafften mit der CA bis zu drei Detektions­runden mit jeweils unter­schiedlichen spezifischen Antikörpern auf PVDF- und NC-Membranen.

Kostengünstig und geruchlos

Wer wesentlich mehr Proteine nachweisen und partout kein weiteres biologisches Material opfern will, findet in einem aktuellen bioRxiv-Manuskript eine weitere Anleitung zur HRP-Inaktivierung. Das Preprint stammt von Meng-Lu Lius Gruppe, die an der JinZhou Medical University in China an Neuronen und Parkinson forscht. Lius Team verwendet für die Inaktivierung p-Toluol­sulfonsäure (PTSA), mit der man normalerweise Gewebe fixiert. PTSA ist kostengünstig und anders als die bestialisch stinkende CA geruchlos. Eine Minute bei Raum­temperatur in 0,5 mM PTSA genügte für die HRP-Inaktivierung. Den Chinesen gelangen zehn Detektions­runden, in denen sie jeweils unter­schiedliche Proteine auf ein und derselben PVDF-Membran nachweisen konnten. Das Protokoll basiert auf dem üblichen Western-Blot-Verfahren mit PBST, Blockier­lösung und Milchpulver, eine erneute Blockierung ist nicht nötig. Nach der ersten Detektion wird die Membran in PTSA gespült und ist nach fünf Minuten in PBST bereit für den nächsten Primär­antikörper.

Wichtig ist aber die Reihenfolge. Antikörper, bei denen die schwächsten Signale zu erwarten sind, kommen zuerst dran – etwa Antikörper gegen eine bestimmte Phosphory­lierungsform des Zielproteins. Da die HRP deaktiviert wird, ohne anhaftende Antikörper zu beseitigen, sollten die Primär­antikörper von unter­schiedlichen Spezies stammen – sonst würde der Sekundär­antikörper erneut anschlagen. Um der sukzessive sinkenden Sensitivität entgegen­zuwirken, empfiehlt die Gruppe für die Detektion verbesserte HRP-Substrate zu verwenden, wie zum Beispiel ECL plus.

Andrea Pitzschke

Zhang C. et al. (2023): Inactivation of horseradish peroxidase with crotonic acid for reprobing of western blotting. Analytical Biochemistry, 665:115070

Shen Y. et al. (2023): A simple, flexible and high-efficiency western blot analysis for age-related human induced neurons. bioRxiv, DOI: 10.1101/2023.01.30.526150

Bild: Pixabay/e_stamm




Letzte Änderungen: 15.02.2023