Editorial

Günstig und leise
zentrifugieren

(29.06.2022) Bauanleitungen für Minizentrifugen gibt es viele. Ein Forensiker dachte sich eine aus, die auch Forscher mit zwei linken Händen umsetzen können.
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Platz für sechs Eppis oder zwei PCR-Streifen

Es gibt wohl kaum ein Protokoll, das ohne Minizen­trifuge auskommt. Hier einen PCR-Ansatz runterspinnen, da die letzten teuren Mikroliter einer Enzymlösung von der Gefäßwand sammeln oder dort schnell Ladepuffer oder Kondens­wasser mit der restlichen Probe vereinen. Klein sollte sie sein und für jeden griffbereit – wer will schon mit dem Probentray oder der Eiskiste durch das halbe Labor wandern, um an die Minizen­trifuge zu kommen.

Ein ganzes Laborteam mit eigenen Minizen­trifugen auszustatten, würde jedoch bei Preisen von 200 Euro aufwärts ein gehöriges Loch in das Budget reißen. Der Forensiker Viktor Soma Poór von der Universität Pécs in Ungarn baut seine Minizen­trifugen daher selbst und benötigt dazu nur eine Handvoll einfacher Komponenten, die zusammen nur etwa 20 Euro kosten. Schließlich kommt es bei Minizen­trifugen nicht auf die maximale Rotor­geschwin­digkeit an. Hauptsache, das Ding läuft rund und schnell genug.

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Deckel aus dem Internet

Als Antrieb der Minizentrifuge verwendet Poór einen herkömmlichen PC-Lüfter. Der ist leicht, läuft mit 12 Volt Niederspannung, hat einen kompakten Durchmesser von 80 Millimetern und kostet nur schlappe vier Euro. Das Gehäuse der Zentrifuge, in das der PC-Lüfter integriert wird, eine runde Bodenplatte sowie den auf den Lüfter aufgesetzten Rotor fertigte der Ungar mit dem 3D-Drucker. Den Rotor druckte er in zwei Ausführungen: mit sechs Löchern für übliche Eppendorf-Gefäße sowie als „Butterfly-Rotor“, der zwei PCR-Streifen aufnehmen kann (siehe Bild).

Als Deckel nutzte Poór verschiedene durchsichtige, zylindrische Plastikboxen für Lebensmittel, die man für wenige Euro im Haushalts­waren-Geschäft oder im Internet erhält. Über eine kleine Aussparung rasten diese in das Gehäuse der Minizentrifuge ein. Ansonsten benötigt man noch ein Netzteil sowie einen Schalter. Vielmehr als einen Schrauben­dreher, die bereit­gestellte Bauanleitung sowie durchschnitt­liche Finger­fertigkeiten braucht man nicht, um die Minizentrifuge zusammenzubauen.

Kompakt und fehlerfrei

Die Bedienung der DIY-Zentrifuge orientiert sich an herkömmlichen Modellen. Mit einem Durchmesser von knapp 13 Zentimetern und einer Höhe von etwa 10 Zentimetern ist sie aber noch etwas kompakter als die meisten kommerziellen Minizen­trifugen. Und in einem Vergleichstest mit vier gängigen Minizen­trifugen war sie mit knapp 45 Dezibel auch die leiseste. Der Rotor der ungarischen Minizen­trifuge erreicht circa 2.100 Umdrehungen pro Minute, das entspricht etwa 230 g.

Poór verwendet die DIY-Zentrifuge seit anderthalb Jahren im forensischen Labor der Universität Pécs ohne nennenswerte Störungen. Auch eine für Minizen­trifugen ungewöhnlich lange Laufzeit von 30 Minuten hat sie fehlerfrei absolviert, ohne sich übermäßig aufzuheizen.

Noch günstiger und auch ressourcen­schonender lässt sich die Minizen­trifuge zusammenbasteln, wenn man die benötigten elektronischen Komponenten aus ausrangierten PCs und anderen Elektrogeräten entnimmt. Und auch beim Zentrifugen­deckel heißt die Devise Upcycling. Statt einer neuen Plastikbox reicht zur Not auch ein transparenter Feinkost­becher aus der Frischetheke mit einer Standard­größe von 11,6 Zentimetern Durchmesser.

Andrea Pitzschke

Poór V. S. (2022): A low-cost and open-source mini benchtop centrifuge for molecular biology labs. Hardware X, 12:e00328

Bild: V. S. Poór





Letzte Änderungen: 29.06.2022