Editorial

Spottbilliges Luminometer aus Tschechien

(09.02.2022) Mit einer Handvoll Elektronik­teilen und drei Plastik­stücken aus dem 3D-Drucker kann man in einer Stunde ein Labor-taugliches Luminometer basteln.
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Stellen Sie sich vor, Sie schlummern friedlich, bis Sie ein Schein­werferlicht aufschreckt und Ihr Puls in die Höhe schnellt. Wenn es wieder dunkel wird, kehren Sie in den Ruhemodus zurück. Während dieses Vorgangs wird das optische Signal im Körper in eine Pulsfrequenz umgewandelt. Auf diesem Prinzip basieren in der Optoelek­tronik sogenannte Licht-zu-Frequenz-Wandler, die Lichtsignale in eine Frequenz mit einem recht­eckigen Kurven­verlauf konvertieren. Dabei gilt: Je stärker das Lichtsignal, desto höher ist die Frequenz beziehungsweise die Zahl der Impulse des Rechteck­signals. Licht-zu-Frequenz-Wandler sind sehr klein und kosten nur wenige Euro – und wie Tomáš Bárta und sein Team von der Masaryk University im tschechischen Brno zeigen, kann man mit ihnen ein spottbilliges und einfach herzu­stellendes Luminometer konstruieren.

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35 statt tausende Euro

Luminometer beziehungsweise Lumineszenz-Reader werden im Labor für die Detektion von Biolumineszenz-Signalen eingesetzt, etwa bei den allgegen­wärtigen Luciferase-Reporter-Assays. Die Geräte registrieren von den Proben ausgehende Lumineszenz-Signale, verstärken sie und wandeln sie schließlich in einen digitalen Messwert um. Je nach Fabrikat kosten die Instrumente einige Tausend Euro und passen aufgrund ihrer Größe häufig nicht in Zellkultur-Inkubatoren. Für Langzeit-Experimente mit wachsenden Zellkulturen sind sie daher kaum geeignet und bleiben meist auf Endpunkt-Messungen mit lysierten Zellen beschränkt.

Die DIY-Alternative der Tschechen namens LuminoCell kostet dagegen nur etwa 35 Euro und kann die Luciferase-Aktivität in bis zu sechs Proben in Echtzeit über einen gewünschten Zeitraum verfolgen. LuminoCell besteht aus drei einfachen mit dem 3D-Drucker hergestellten Bauteilen: einem rechteckigen Boden, einer auf diesen aufgesetzten Box mit sechs runden Vertiefungen, in die kleine Petrischalen passen, sowie einem darüber gestülptem Deckel (siehe Bild). Am Boden der Vertiefungen ist jeweils ein Licht-zu-Frequenz-Konverter angebracht, der mit einer Arduino-Steuerplatine verbunden ist. Über ein dünnes USB-Kabel ist die Platine an einen Computer angeschlossen. Mit knapp 16 Zentimetern Länge und sechs Zentimetern Höhe ist LuminoCell handlich genug, um nach der Sterilisation in einen Inkubator oder einer Sterilbank Platz zu finden.

Auch für Cytotoxizitäts-Tests geeignet

Bártas Team testete die Funktion von LuminoCell mit verschiedenen Luciferase-Reporter-Systemen und maß mit diesen unter anderem die Promoter­aktivität in Knochentumor-Zellen von Ratten. Die Zellen enthielten hierbei ein Konstrukt zur Induktion der Firefly-Luciferase-Expression. Wie erwartet erhöhte sich die Zahl der gemessenen Frequenz-Impulse nur in Gegenwart von Luciferin und erst nach Zugabe des Liganden Fibroblasten-Wachstumsfaktor (FGF). Während die Gruppe in nicht-induzierten Proben über einen Zeitraum von fünf Minuten nur 20 Frequenz-Impulse maß, waren es in induzierten Zellen 142.

Die Beobachtungsphase, in der die Impulse gezählt werden, lässt sich je nach Aktivität anpassen: bei weniger aktiven Proben werden die Impulse über einen längeren Zeitraum integriert, bei aktiveren über einen kürzeren. Neben der Messung von Signalwegen eignet sich das Gerät auch für Cytotoxizitäts-Tests. So registrierte die Gruppe beispielsweise in Melanom­zellen, die konstitutiv ein Luciferase-Gen exprimierten, eine zunehmende Signalstärke im Zuge der Zellpro­liferation. In Zellen, die mit dem Krebs­medikament Vermu­rafenib behandelt worden waren und sich nicht mehr vermehren konnten, blieb der Anstieg hingegen aus.

Fünf Reporter im Test

Die Tschechen testeten LuminoCell mit fünf Luciferase-Reportern, die das Reporter-Gen luc2 des Leuchtkäfers Photinus pyralis exprimierten. Da dieses ein vergleichsweise schwaches Signal liefert, geht Bártas Gruppe davon aus, dass LuminoCell auch mit anderen Reportern funktionieren müsste. Sie weist aber darauf hin, dass man abklären sollte, ob das jeweils verwendete Reporter­system mit LuminoCell kompatibel ist.

Andrea Pitzschke

Weissova K. et al. (2022): LuminoCell: a versatile and affordable luminometer platform for monitoring in-cell luciferase-based reporters. BioRxiv, DOI: 10.1101/2022.01.28.478134

Bild: Weissova et al. & Pixabay/MostafaElTurkey36




Letzte Änderungen: 09.02.2022