Aufgemöbelter Klassiker
(01.09.2021) Der Biuret-Test ist kein wirklich sensitiver Protein-Assay – es sei denn, man ergänzt das Kupfersulfat des Biuret-Reagens mit dem Chelator Chromazurol B.
Welche Methode sich zur Proteinbestimmung am ehesten eignet, ist immer eine typische „Es-kommt-darauf-an“-Entscheidung. Je nach Art der Proben sind die Ansprüche an den Assay hinsichtlich Sensitivität, Robustheit und Spezifität unterschiedlich. Sich einfach nur auf die Absorption der aromatischen Aminosäuren bei 280 Nanometern zu stützen, indem man die optische Dichte einer Proteinlösung misst, ist nur in seltenen Fällen und mit sauberen Proteinen ratsam. Die meisten Protein-Assays nutzen eine Farbreaktion, bei der Protein und Farbstoff entweder direkt zu einem photometrisch quantifizierbaren Produkt reagieren, etwa beim Bradford-Assay, oder indirekt über Metallionen, wie beim Lowry- oder BCA-Assay.
Beim beliebten Bradford-Assay, der gegenüber potentiellen Störenfrieden wie Detergenzien recht robust ist, misst man eigentlich nur basische Aminosäuren, weil nur diese an den Farbstoff (Coomassie) binden. Eine Arginin-lastige Probe suggeriert deshalb eine hohe Proteinkonzentration, und SDS in den Proben führt völlig in die Irre.
Aufwendig oder fehleranfällig
Lowry- und BCA-Assay beruhen ebenfalls auf der Biuret-Reaktion: Unter alkalischen Bedingungen wird Cu2+ in Gegenwart von Peptidbindungen zu Cu+ reduziert und anschließend mit Folin-Ciocalteau-Reagenz beziehungsweise Bicinchoninsäure (BCA) als blauviolettes oder pinkfarbenes Produkt nachgewiesen. Gegenüber der reinen Biuret-Reaktion, bei der Kupfersulfat als Biuret-Reagens fungiert, das mit Proteinen einen farbigen Komplex bildet, erhöht sich die Sensitivität um den Faktor hundert. Der Lowry-Test ist vergleichsweise aufwendig, außerdem reagiert das Folin-Ciocalteau-Reagens, je nach Aminosäure-Zusammensetzung der vorliegenden Proteine, unterschiedlich gut. BCA verhält sich besonders heikel in Verbindung mit zusätzlichen Probenkomponenten – Harnstoff oder reduzierende Substanzen, die in Extraktionspuffern häufig vorkommen, können das Ergebnis sehr stark verfälschen.
In klinischen Laboren wird zur Bestimmung des Eisengehalts in Blut häufig der Farbstoff Chromazurol B (CAB) verwendet. Dieser bildet aber nicht nur mit Eisenionen farbige Chelatkomplexe, sondern auch mit Kupferionen. Das brachte Osawa Susumis Gruppe von der Kyushu University in Japan auf die Idee, die Sensitivität des klassischen Biuret-Assays mithilfe von CAB zu erhöhen.
Stabiler Komplex
Für den japanischen Biuret-Assay werden drei Mikroliter der Probe mit 25 Mikrolitern einer alkalischen Kupferionenlösung (0,1 M NaOH, pH 14; 11,9 mM Kupfer-II-Sulfat; 47,8 mM Kalium-Natrium-Tartrat) versetzt. Nach fünf Minuten bei 37°C gibt man eine CAB-Lösung (0,1 M HEPES, pH 7; 0,57 mM CAB) hinzu. CAB bildet mit den Kupferionen und dem Protein einen tertiären Komplex, der über eine breite pH-Spanne stabil ist und bei 620 Nanometern ein Absorptionsmaximum hat. CAB selbst reagiert nicht mit Kupferionen – und in Abwesenheit von Kupferionen auch nicht mit Proteinen.
Tests mit einzelnen Aminosäuren ergaben etwas höhere Absorptionswerte für aromatische Aminosäuren. Diesen Effekt schreiben die Forscher der Biuret-Reaktion zu. Mit einer Verdünnungsreihe von humanem Serumalbumin tasteten sich die Japaner an die Detektionsschwelle des CAB-Assays heran. Mit 26,9 Mikrogramm per Milliliter liegt diese zwar weit über der des Bradford-Assays (< 1 µg/ml) – die Sensitivität ist aber dennoch deutlich besser als beim Lowry-Test (100 µg/ml).
Gleichbleibende Farbreaktion
Der CAB-Farbstoff macht keine Unterschiede zwischen einzelnen Proteinen. Bei einer Handvoll getesteten Proteinen mit sehr unterschiedlicher Zusammensetzung, zu denen humanes Serumalbumin, Hämoglobin-Fraktionen, Antitrypsin, Mikrotubulin sowie das Tamm-Horsfall-Protein gehörten, variierte die Reaktionsfähigkeit mit CAB kaum. Im BCA-Assay gaukelte hingegen die stärkere Reaktion von BCA mit der Antitrypsin-Probe eine dreifach höhere Proteinkonzentration vor, als tatsächlich in der Probe enthalten war.
In Urinproben maßen die Japaner mit dem CAB-Assay Proteinkonzentrationen, die tendenziell immer etwas höher lagen, als die mit der etablierten Pyrogallol-Methode ermittelten. Die Forscher vermuten, dass Stoffwechselprodukte in den Urinproben die Reaktion von Kupferionen und Proteinen mit dem Farbstoff stören.
Ob Detergenzien, SDS, reduzierende Substanzen und sonstige einschlägig bekannte Störfaktoren den CAB-Assay ebenfalls verzerren, untersuchten die Japaner leider nicht.
Andrea Pitzschke
Hokazono E. et al. (2021): Development of a protein assay with copper chelator chromeazurol B, based on the biuret reaction. Analytical Biochemistry, 630:114320
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