Smarte RNA-Sequenzierung
(21.04.2021) Bei einem neuen RNA-seq-Protokoll kann man sich die Extraktion der RNA sparen. Die cDNA wird direkt im Lysat synthetisiert.
Der erste Schritt bei der RNA-Seqenzierung (RNA-seq), die Extraktion der RNA, ist bei kleinen Probenzahlen schnell erledigt. Muss man die RNA jedoch aus hunderten von Proben herausholen, wird das Ganze zeitaufwendig und auch teuer. Bei der Einzelzell-RNA-seq verzichtet man deshalb häufig auf die RNA-Extraktion und führt den zweiten Schritt der RNA-seq, die cDNA-Synthese, mit einem speziellen Lyse-Puffer direkt im Lysat durch („In-Lysate-cDNA-Synthese“). Bei der Standard-RNA-seq mit der gesamten Menge der RNA („bulk RNA-seq“) muss dagegen die RNA aus jeder Zellkultur- oder Gewebeprobe extrahiert und zum Beispiel mithilfe von Silika-Säulchen oder Magnetkügelchen gereinigt werden. Es gibt aber durchaus RT-qPCR-Protokolle mit direkter „In-Lysate-cDNA-Synthese“.
Die Gruppe des Lungenarztes Alejandro A. Pezzulo von der University of Iowa kam deshalb auf die Idee, die „In-Lysate-cDNA-Synthese“ mit dem Smart-3SEQ-Protokoll zu kombinieren, mit dem sich sehr einfach RNA-seq-Bibliotheken herstellen lassen.
Fibroblasten auf Eis
Als Proben dienten den Forschern humane Hautfibroblasten, die mit Fludrocortison, Calmidazolium oder einem Placebo behandelt worden waren. Die Zellen lysierten sie auf Eis in einem Puffer (0,1% BSA, 0,3% Igepal CA630), der mit der anschließenden cDNA-Synthese kompatibel ist. Das Verhältnis von Zellen zu Puffer stellte die Gruppe auf 100 bis 500 Zellen pro Milliliter ein. Dazu setzte sie in einer 24-Well-Platte 500µl Puffer einer 200µl Zellkultur durch Auf- und Abpipettieren zu. Anschließend lagerten die Forscher die Proben bei -80°C oder setzten sie zur Herstellung der RNA-seq-Bibliothek mit der Smart-3SEQ-Methode ein.
Anstatt die reverse Transkription mit vollständigen mRNA-Molekülen durchzuführen, und entsprechend Full-length-cDNAs zu generieren und diese dann in handliche Stücke für die Sequenzierbibliothek zu zerlegen und mit Adaptern zu ligieren, wird bei Smart-3SEQ die mRNA zuallererst enzymatisch fragmentiert. Die Adapter werden dann direkt mittels Template Switching an den bereits fragmentierten Molekülen angebracht (Genome Res, 29(11):1816-25).
Keine Qualitätsunterschiede
Nach der Herstellung der RNA-seq-Bibliothek mit der „In-Lysate-Smart-3SEQ-Technik“ sequenzierte die Gruppe die RNA-Fragmente und schaute sich die Genexpressionsprofile an. Als Vergleich dienten Proben, bei denen die Forschenden die RNA extrahiert und mit der klassischen TruSeq-Technik aufgearbeitet hatten. Qualitätsunterschiede zwischen den RNA-seq-Daten fand sie dabei keine und auch Schwankungen der eingesetzten Probenmengen, der Lyse- oder cDNA-Syntheseeffizienz waren kein wirkliches Problem.
Die Anzahl der Reads variierte bei beiden Verfahren ähnlich stark. Die Extraktion der RNA führte zwar zu mehr Reads, die Gruppe fand aber keine Korrelation zwischen der Anzahl der Reads und der ursprünglichen RNA-Konzentration. Wie viel mRNA in der Probe steckt, ist offenbar nicht so kritisch, um differentiell exprimierte Gene aufzuspüren. Bei beiden RNA-seq-Protokollen tauchten unter den 300 bis 500 Genen, deren Expressionsprofile am stärksten auf die Behandlung ansprachen, überwiegend die selben Kandidaten auf.
Von der Probennahme bis zur sequenzierfähigen Bibliothek dauert das „In-Lysate-Smart-3SEQ-Verfahren“ vier bis sechs Stunden. Einziger Wermutstropfen: Die RNA-Menge, die bei der „In-Lysate-cDNA-Synthese“ letztlich umgesetzt wird, wird nicht normalisiert. Die Sequenziertiefe kann deshalb zwischen den Proben schwanken. Und da nur polyA-haltige Transkripte erfasst werden, übersieht man Splicing-Varianten, denen der polyA-Schwanz fehlt.
Andrea Pitzschke
Ghimire S. et al. (2021): Performance of a scalable extraction-free RNA-seq method. BioRxiv, DOI: 10.1101/2021.01.22.427817
Bild: Ghimire et al.