Editorial

Futter für den Kanu-Baum

(22.02.2021) Stickstoff-fixierende Bakterien könnten Keimlingen des begehrten Sandelholzbaums auf nährstoffarmen Böden in Afrika Starthilfe geben.
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Traditionelle Kanus aus Sandelholz

Hülsenfrüchtler (Leguminosen) kennen wir hierzulande eher als Gemüse, aber zu dieser Pflanzen­familie gehören durchaus auch stattliche Bäume wie die Sandelhölzer der Gattung Ptero­carpus. Dazu gehört P. angolensis, der im südlichen Teil des afrika­nischen Kontinents verbreitet und unter vielen Namen bekannt ist. So nennen ihn die Einheimischen Kiaat oder African Teak, bei uns spricht man von Afrikanischem Padouk oder Afrikanischem Teak.

Die letztgenannte Bezeichnung verdankt der Baum wohl dem schönen, harten und Insekten-resistenten Holz, sie sollte aber nicht darüber hinweg­täuschen, dass Sandelhölzer nichts mit dem aus Südost­asien stammenden Teakbaum (Tectona grandis) gemeinsam haben. P. angolensis wächst auf gut drainierten Böden in Regionen mit ausgeprägtem Wechsel zwischen Regen- und Trockenzeit und einem Niederschlag von mindestens 500 Millimeter im Jahr. Aktuell erstreckt sich sein Verbrei­tungsgebiet von Südafrika, Simbabwe, Botswana und Namibia im Süden bis zum Kongo und Tansania im Norden. Doch der Klimawandel und die zunehmende Trockenheit macht dem Baum zu schaffen – vor allem im westlichen Teil seines Verbrei­tungsgebiets.

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Schatten und Medizin

Bei der einheimischen Bevölkerung ist der Kiaat als Schatten­spender beliebt, aus seinem Saft werden Rohstoffe für traditionelle Medizin gewonnen. Das widerstands­fähige Holz wird für den Bau von Kanus, Häusern und Möbeln verwendet. Doch gerade dies könnte zum Verhängnis für den tropischen Baum werden wie Barbara Reinhold-Hurek, Inhaberin des Lehrstuhls für Molekulare Pflanzen-Bakterien-Inter­aktionen an der Universität Bremen zusammen­fasst: „Der Baum ist durch Übernutzung und Brandrodung gefährdet. Vor allem in den dichter besiedelten Gebieten im Norden Namibias wird viel von der lokalen Bevölkerung geschlagen.“ Hinzu kommt wohl illegaler inter­nationaler Handel wie ihn beispielsweise das „Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP)“ – ein inter­nationales Netzwerk investigativer Journalisten – beschreibt.

Doch das sind nicht die einzigen Heraus­forderungen für den Kiaat wie Reinhold-Hurek hinzufügt: „Kollegen von uns wie etwa Vera De Cauwer von der Namibia University of Science and Technology (NUST) in Windhoek erzählen uns außerdem, dass die natürliche Regene­ration des Baumes zu wünschen übrig lässt.“ Zwar wird in Namibia versucht, den Kiaat in Baumschulen nachzu­ziehen, doch die sandigen, oft nährstoff­armen Böden eignen sich dafür nur bedingt. Insbesondere fehlen dort für das Wachstum dringend benötigter Stickstoff und Phosphor.

Bakterielle Nährstoffspritze

Beim Thema Stickstoff­versorgung kamen dann die Bremer Mikrobiologen ins Spiel, denn das Besondere an Hülsen­früchtlern wie P. angolensis ist, dass sie mit Stickstoff-fixierenden Bakterien Wurzel­symbiosen eingehen können. Dabei bilden sich besondere knoten­artige Strukturen an den Wurzeln – die Knöllchen –, in denen die als Rhizobien bezeichneten Bakterien mit Hilfe des Enzyms Nitrogenase molekularen Stickstoff aus der Luft in Ammoniak umwandeln und somit für den pflanzlichen Stoffwechsel verfügbar machen. „Ich beschäftige mich schon länger mit wild wachsenden Leguminosen in der Region Namibia, und zum Teil auch Angola und Botswana“, erklärt Reinhold-Hurek. „Viele der Pflanzen können spezifische Symbiosen mit Rhizobien eingehen und dadurch auf Stickstoff-armen Böden besser wachsen und höhere Erträge liefern. Das ist eine gute Möglichkeit für Subsistenz­bauern, die sich keine Dünger leisten können, bessere Erträge zu erwirtschaften.“

Auf den Kiaat sei man eher zufällig gestoßen: „Wir haben uns gefragt, ob man wild wachsende Pflanzen dazu nutzen könnte, um die Weide­gründe zu verbessern, und haben im Rahmen der Recherche in einem größeren Netzwerk, dem Southern African Science Service Centre for Climate Change and Adaptive Land Management, auch mit Forschern wie Vera De Cauwer über Bäume und das Problem der Wieder­aufforstung gesprochen. Die Gattung Pterocarpus fiel in ‚meine Kategorie‘, denn als Hülsen­früchtler sollten die Bäume theoretisch auch Symbionten aufweisen.“

Besseres Wachstum im Labor

Die Mikrobiologen machten deshalb zuerst einmal eine Bestands­aufnahme und untersuchten in Baumschulen in der Kavango-Region in Nordnamibia, ob sich im Wurzel­bereich des Kiaat Knöllchen­bakterien finden ließen. Da diese Suche nicht erfolgreich war – der einzige isolierte bakterielle Symbiont bildete keine Knöllchen – dehnten sie das Screening auf Pflanzen aus, die in der Nähe der Bäume wuchsen, und schließlich sogar ganz allgemein auf Pflanzen, die an ein ähnlich trocken-heißes Klima wie der Sandelholz­baum angepasst sind. Die daraufhin isolierten Wurzel­symbionten ließen sich den Gattungen Brady­rhizobium, Meso­rhizobium und Ensifer zuordnen, die alle drei zu den Knöllchen­bakterien gehören.

Einige von ihnen könnten sogar über die Stickstoff-Fixierung hinaus für den Baum von Nutzen sein. So waren einige Isolate der Gattung Ensifer in der Lage, Sidero­phoren zur Aufnahme von Eisen zu bilden – einem essentiellen Bestandteil sowohl der Nitrogenase als auch des Hämoglobins, das in den Knöllchen gebildet wird, um den für die Nitrogenase giftigen Sauerstoff abzufangen. Auf der anderen Seite schieden manche Stämme der Gattungen Brady­rhizobium und Meso­rhizobium organische Säuren aus, die Phosphat im Boden für die Pflanzen leichter verfügbar machen.

Dunkle Blätter, rosa Knöllchen

Um zu überprüfen, ob die isolierten Stickstoff-Fixierer tatsächlich einen positiven Einfluss auf das Baum­wachstum haben, wurden Keimlinge unter kontrollierten Bedingungen mit den einzelnen Isolaten angeimpft. Dabei zeigte sich, dass nur Stämme der Gattung Brady­rhizobium funktions­fähige Knöllchen ausbildeten. Die beimpften Pflanzen hatten nach sechs Wochen Wachstum dunklere Blätter und breitere Blattscheiden als nicht beimpfte Kontroll­pflanzen und bildeten auch mehr Chlorophyll und Biomasse. Ihre Knöllchen zeigten die typische rosa Färbung des Hämoglobins, und über eine Reduktion von Acetylen, das der Nitrogenase als alternatives Substrat dient, konnte die Funktionalität des Enzyms nachgewiesen werden. Nun ist die Hoffnung, dass eine Vermischung des Saatguts mit den Bakterien eine Keimung des begehrten Kiaat in Baumschulen begünstigt.

Larissa Tetsch

Bünger W. et al. (2021): Root nodule rhizobia from undomesticated shrubs of the dry woodlands of Southern Africa can nodulate Angolan Teak Pterocarpus angolensis, an important source of timber. Frontiers in Microbiology, DOI:10.3389/fmicb.2021.611704

Bild: Barbara Reinhold-Hurek


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Letzte Änderungen: 22.02.2021