Editorial

„Grüne“ Gel-Elektrophorese

(12.08.2020) Wenn die Kaffeemaschine verkalkt ist, hilft meist ein bisschen Zitronen- oder Essigsäure. Das Säuren-Duo funktio­niert aber auch als Fixier­lösung für 2D-Gele.
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Protokolle für molekular­biologische Methoden sollten regelmäßig neu bewertet und aktualisiert werden – nicht nur, um die Analysen-Ergebnisse zu verbessern, sondern auch, um die Verfahren zu vereinfachen und ihre Kosten zu senken. Darüber hinaus kann man oft auch den ökolo­gischen Fußabdruck von Protokollen verkleinern, indem man zum Beispiel proble­matische Reagenzien durch „grünere“ Alternativen ersetzt. Manchmal gelingt dies selbst bei Standard-Techniken, die schon seit Jahr­zehnten eingesetzt werden – wie zum Beispiel der zweidimen­sionalen Gel-Elektrophorese (2-DE).

Bei der 2-DE werden die Proteine nach der elektro­phoretischen Trennung mit der SDS-PAGE durch Waschen in saurem Milieu fixiert. SDS wird hierdurch entfernt, wodurch das meist als Färbemittel eingesetzte Coomassie-Brillant-Blau besser mit den Proteinen wechselwirken kann. Für die Fixierung verwendet man in der Regel eine Mischung aus Methanol oder Ethanol und Essigsäure. Methanol methyliert unerwünsch­terweise hierbei jedoch häufig Aspartat- und Glutamat-Reste; mit Ethanol kommt es zu einer entsprechenden Ethylierung. Zudem ist Methanol giftig sowie leicht entzündlich. Dies erschwert nicht nur die Handhabung, sondern erhöht auch den Aufwand und die Kosten für die Entsorgung. Auch der Umgang mit hoch­prozentigem Ethanol, der für die Fixier­lösungen verdünnt wird, ist nicht ganz ungefährlich.

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Billig und gut für die Umwelt

Katrina Carbonara und Jens R. Coorssen von der Brock University in Ontario, Kanada, experi­mentierten deshalb mit alternativen Fixier­lösungen und fanden eine sehr einfache und leicht umzusetzende Alternative: Die beiden ersetzen Methanol beziehungs­weise Ethanol kurzerhand durch Zitronen­säure. Der Vorteil: Zitronen­säure ist billiger als Methanol sowie Ethanol und weitaus verträglicher für Gesundheit und Umwelt.

Wie sich Zitronen­säure in der Fixier­lösung verhält, testeten die zwei mit verschie­denen Zitronen­säure-Konzen­trationen. Die Mischungen verwendeten Carbonara und Coorssen zunächst bei einer eindimen­sionalen SDS-PAGE mit der sie Gesamtprotein-Proben aus Rattenhirn und Linsen trennten. Nach der Elektro­phorese schnitten sie das Gel in mehrere Stücke und fixierten die Proteine mit verschie­denen Fixierlösungen. Als Kontrolle diente eine klassische Lösung aus zehn Prozent Methanol und sieben Prozent Essigsäure. Die Testlösungen enthielten 0,3- bis 1,5-molare Zitronen­säure in fünf Prozent Essigsäure oder in handels­üblichem Essig, mit ebenfalls fünf Prozent Essigsäure. Das Protokoll entsprach mit nur geringen Abweichungen dem Standard­protokoll nach Neuhoff et al. (Electrophoresis, 6:427-88).

Keine Unterschiede

Die Analyse der Banden-Intensi­täten nach der Coomassie-Färbung ergab keine quantifi­zierbaren Unter­schiede zwischen Gelstücken, die mit verschie­denen Zitronen­säure-Konzen­trationen fixiert worden waren. Das beste Signal-zu-Rausch-Verhältnis erzielten die beiden Kanadier mit 1-molarer Zitronen­säure – mit höheren Konzen­trationen ließ sich dieses nicht weiter verbessern.

Die zwei Forscher setzten deshalb 1-molare Zitronen­säure in der Fixierlösung für ein zweidimen­sionales SDS-PAGE-Gel ein. Qualitativ zeigten alle getesteten 2D-Gele vergleichbare Spot-Muster mit gut aufgelösten Proteinen. Signifikante Unter­schiede zwischen den Spots von klassisch und mit Zitronen­säure fixierten Gelen fanden Carbonara und Coorssen nicht. Auch die Anzahl der Spots war mit 500 in beiden Gelen vergleichbar (503 ± 13 Spots in der Kontrolle und 509 ± 11 mit 1-molarer Zitronensäure). Das Gleiche gilt für die Volumen­größe der Spots, die nahezu perfekt übereinstimmte. Mit beiden Fixier­lösungen konnten Carbonara und Coorssen zudem auch seltene Proteine detektieren.

Für Salat und Forschung

Zitronensäure scheint also tatsächlich eine brauchbare Alternative zu Methanol und Ethanol bei der Fixierung von SDS-PAGE-Gelen zu sein. Sie führt nicht zu unspezi­fischen Protein-Modifi­kationen, ist weniger schädlich für Mensch und Umwelt und reduziert die anfallenden Kosten erheblich, da sie einfach über das Abwasser entsorgt werden kann. Bemer­kenswert ist auch, dass Salat-Essig in der Fixier­lösung mit Zitronen­säure offensichtlich genauso gut funktioniert wie verdünnte Essigsäure in Forschungs­qualität.

Miriam Colindres

Carbonara K. & Coorssen J. (2020): A „green“ approach to fixing polyacrylamide gels. Analytical Biochemistry, 605:113853

Bild: “Proteome 2D-PAGE Database” des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie







Letzte Änderungen: 12.08.2020