Nachtaktiv und pickelig
(23.12.2019) Nur sehr selten zeigt er sich in der Öffentlichkeit. Dennoch konnten Forscher nun chronobiologische und dermatologische Studien am Weihnachtsmann durchführen.
Der Weihnachtsmann, das unbekannte Wesen. Obwohl er, besonders im Dezember, fast überall anzutreffen ist, wissen wir nicht viel über den langbärtigen, rotgewandeten Geschenkebringer. Denn meist kommt er – ganz heimlich – im Schatten der Nacht in die Häuser der Menschen. Oder, wenn er sich doch mal öffentlich blicken lässt, ist er sofort umringt von Kindern und Erwachsenen. Schwierig also, unter solchen Bedingungen, genauere Untersuchungen durchzuführen.
Eine kleine Zahl an wissenschaftlicher Literatur, die versucht, uns das Mysterium ein wenig näher zu bringen, gibt es dennoch. In ziemlich allen Fällen blieb den Weihnachtsmannforschern dieser Welt aber nichts anderes übrig, als auf Ferndiagnosen zurückzugreifen. Diese stützen sich vorrangig auf Fallberichte („anecdotal evidence“) und künstlerische Darstellungen in der populären Weihnachtsmannliteratur.
Obwohl es bisher unmöglich war, eine DNA-Probe des Weihnachtsmanns sicherzustellen, scheint sein Stammbaum halbwegs geklärt. Bereits vor einigen Jahren fasste Weihnachtsmannforscher Ralph Ruthe die Verwandtschaftsbeziehungen des Rauschebärtigen in einer sehr plausiblen, genealogischen Übersichtszeichnung zusammen.
Eule oder Lerche?
Auch aktuell lässt die Unwissenheit den Forschern keine Ruhe. Sie wollen mehr herausfinden über Santa Claus, zum Beispiel über seinen Biorhythmus. So fragte Christoph Randler von der Uni Tübingen in der Zeitschrift Chronobiology International: Ist der Weihnachtsmann eher eine Nachteule oder doch eine Lerche, also ein Frühaufsteher?
Für seine Recherche analysierte Randler verschiedene Illustrationen seines Forschungsobjekts und durchforstete beliebte folkloristische Literatur. Welche Verhaltensweisen und Merkmale legte der Weihnachtsmann in diesen Darstellungen an den Tag? Für die Nachteulen-Hypothese sprach unter anderem, dass Santa Claus am Polarkreis lebt. Dort ist es im Dezember ganztägig dunkel. Ebenso sind statistisch mehr Männer Nachteulen als Frauen. Allerdings, wie Randler richtig bemerkt, gibt es zum Geschlecht des Weihnachts„manns“ noch keine abschließenden Erkenntnisse („no study inspected this directly“).
Zu Nachteulen-typischen Verhaltensweisen gehören auch rauchen (Pfeife im Mund am Kamin), trinken (wärmender Grog auf der langen Schlittenfahrt) und halsbrecherische Aktionen wie Geschwindigkeitsüberschreitungen, Dachsurfen und Von-Kamin-zu-Kamin-Springen, zählt Randler auf.
Die Argumente gegen die Nachteulen-Hypothese fallen eher spärlich aus. So neigen ältere Menschen (wie Santa Claus auf den meisten Bildern dargestellt wird) eher dazu, Frühaufsteher zu sein. Auch macht das Forschungsobjekt allgemein einen eher glücklichen, nicht-depressiven Eindruck. Auch das spricht eher für einen Frühaufsteher.
Zusammengenommen überwiegen jedoch die Nachteulen-Argumente, was auch wenig überraschend ist. So können wir auch dieses Jahr also wieder eine gute Performance bei der abendlichen Geschenke-Lieferung erwarten.
Gefährlicher Wohnort
Ein finnisch-französisches Forscherduo hat sich das äußere Erscheinungsbild des Weihnachtsmanns mal genauer angesehen und ist besorgt. Denn bei seiner Tätigkeit und seinem Wohnort hoch im Norden ist seine Haut großen Gefahren ausgesetzt.
Das Leben am Polarkreis ist gar nicht gut für das größte Organ des Menschen wie auch des Weihnachtsmanns, diagnostizieren die Wissenschaftler. Im Sommer ist es 24 Stunden lang hell, im Winter die ganze Zeit dunkel. Und ein halbes Jahr lang herrschen Minustemperaturen. Als Folge trocknet die Haut aus, es können sich Rosaceen (Kupferakne), die sich in knollenartigen Wucherungen der Nase äußern, und lichtbedingte aktinische Keratosen bilden, eine Vorstufe von Hautkrebs. Auch besteht die Gefahr beschleunigter Hautalterung.
Besonders die eisigen Winde und frostigen Temperaturen in der Winterzeit setzen der Weihnachtsmannhaut vermutlich zusätzlich zu. Frostbeulen sind bei ihm sicherlich keine Seltenheit. Philippe Charlier und Nicolas Kluger erwähnen in ihrem Letter to the Editor der Zeitschrift Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology weiterhin: Kälteurtikaria (auch „Kälteallergie“) und Kältepannikulitis. Ersteres ist eine Erkrankung, bei der sich nach Kälteeinwirkung große, rote und juckende Quaddeln auf der Haut bilden. Antihistaminika können hier helfen. Bei der Kältepannikulitis handelt es sich um eine Entzündung des Unterhautfettgewebes, die mit schmerzhaften Knoten im Fettgewebe einhergeht. Zur Behandlung hat der Weihnachtsmann hoffentlich nicht-steroidale Antiphlogistika in Creme- oder Tablettenform in seinem Arzneischränkchen.
Ekzeme, Hautkrebs, Rentierbisse
Auch Stress wirkt sich negativ auf die Haut aus. Und besonders im Dezember kann davon ausgegangen werden, dass Santa Claus mächtig viel zu tun hat. Stress kann, wie die Autoren schreiben, ein seborrhoisches Ekzem (Morbus Unna) auslösen, mit Schuppungen auf der Kopfhaut und im Gesicht. Auch so mancher Stresspickel wird wohl auf Santas Stirn sprießen.
Aber das sind noch längst nicht alle kutanen Gefahren. Da der Weihnachtsmann in schwindelerregenden Höhen mit seinem Schlitten unterwegs ist, setzt er sich auch kosmischer Strahlung aus. Damit steigt natürlich auch das Risiko für Hautkrebs. Und bei der Geschenke-Auslieferung wählt der Liebling aller Kinder oft den Weg durch den Kamin. Bei seinem Rutsch durch den Schornstein kommt er jedoch mit jeder Menge Ruß in Berührung und der kann, wie Charlier und Kluger anmerken, ein Plattenepithelkarzinom des Skrotums verursachen. Weiterhin drohen Allergien bei Kontakt mit Rentierhaut und Rentierbisse.
Viel nimmt er auf sich, um uns das Weihnachtsfest zu verschönern. Vielleicht können wir dem Weihnachtsmann auch mal was zurückgeben? Wie wär‘s mit ein paar Pflegeprodukten für gestresste Haut, Anti-Entzündungsmittel oder einfach ein Tässchen Kaffee für die lange Nachtschicht?
In diesem Sinne wünscht die Laborjournal-Online-Redaktion Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, ein frohes und stressfreies Fest und einen guten Rutsch. Wir lesen uns wieder im neuen Jahr.
Kathleen Gransalke
Foto: Pixabay/JillWellington