Editorial

Spielwiese Fachartikel

(25.03.2019) Paper sind noch immer eine recht statische Angelegenheit. Das Journal eLife testet gerade den „Reproduzier­baren Artikel“ mit ganz neuen Inter­aktionsmöglichkeiten.
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Heute genau wie vor fünfzig oder hundert Jahren liegt ein wissenschaftlicher Fach­artikel ausgedruckt auf einem weißen Blatt vor. Maximal kommt er als PDF daher, in dem vielleicht Abbildungen oder das Zu­satzmaterial im Text verlinkt sind. Damit erschöpfen sich aber schon die Interaktions­möglichkeiten zwischen Leser und Publikation.

Im Prinzip ist der Leser dem Autor ein Stück weit ausgeliefert – zumindest muss er sich darauf verlassen, dass die Daten korrekt ausgewertet und dargestellt wurden. Wahrschein­lich ist dies einer der Gründe für die mangelnde Reproduzierbarkeit vieler publizierter Ex­perimente. Zum einen enthalten die meisten Veröffentlichungen keine Metadaten, die aber notwendig sind, um Experimente genau nachvollziehen und wiederholen zu können, zum anderen lassen sich über eine spezielle Darstellungsweise von Ergebnissen bestimmte Effekte maskieren.

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Erleichterter Datenaustausch

Die Zeitschrift eLife möchte deshalb mit ihrem „Reproduzierbaren Artikel“ einen ganz neuen Weg beschreiten. So soll ein solcher Artikel mit den Originaldaten, wenn möglich den dazugehörigen Metadaten sowie dem Programmiercode, mit dem die entsprechenden Abbildungen entstanden sind, verknüpft werden. Leser können dann direkt über den elektronischen Artikel auf diese Daten zugreifen und mit ihnen arbeiten – etwa eine andere Darstellung der Daten wählen - indem sie den Programmiercode verändern.

Das Besondere daran ist, dass der Leser keine zusätzlichen Programme auf seinem eigenen Computer installieren muss, denn alle erforderlichen Rechenschritte laufen im Web-Browser ab. Damit ist eLife die erste Zeitschrift, die den Quellcode zu einem integralen Bestandteil ihrer Artikel macht. Auf diese Weise können Forscher unkompliziert ihren Quellcode mit Kollegen teilen und so die Vergleichbarkeit von Ergebnissen verbessern. Noch ist es zwar nicht möglich, eigene Daten zu einem fremden Artikel hochzuladen, und diese mit dessen Quellcode auswerten zu lassen, und auch die durch die Nutzer bearbeiteten Daten lassen sich noch nicht teilen – beides sind aber Anwendungen, die in Zukunft möglich werden sollen.

Meist gelesener Blog-Beitrag

Der erste „Reproduzierbare Artikel“ wurde am 20. Februar diesen Jahres veröffentlicht. Er beschreibt den Versuch, die Ergebnisse eines Artikels aus der Krebsforschung aus dem Jahr 2012 zu reproduzieren. Die Studie ist Teil eines Reproduzierbarkeitsprojekts, das unter der Leitung des Center for Open Science in den USA steht sowie von Science Exchange durchgeführt wird.

Auf den ersten Blick sieht der neuartige Artikel aus wie jeder Fachartikel. Lediglich unter den Abbildungen findet sich ein zusätzliches blaues Symbol mit dem Schriftzug „R-Script“. Wird dieses angeklickt, zeigt sich der Programmiercode, mit dem die Abbildung erstellt wurde. Ändert der Leser diesen Code, können die dahinter liegenden Daten neu ausge­wertet oder dargestellt werden.

Der Blog-Beitrag, der den ersten „Reproduzierbaren Artikel“ ankündigte, ist mit bislang 11.600 Klicks der am meisten gelesene eLife-Blog-Beitrag überhaupt. Den Artikel selbst haben laut Nature bereits 2.000 Nutzer angesehen. Die verwendete Open-Source-Software wird von eLife auf Anfrage allen Verlegern zur Verfügung gestellt.

Erst der Anfang

Im Moment erwägt eLife auch bereits veröffentlichte Artikel durch eine reproduzierbare Version zu ergänzen. Autoren, die bei eLife publiziert haben und daran interessiert sind, können sich unter der Adresse innovation@elifesciences.org melden. Dort erwartet sie Unterstützung durch Fachleute wie Guiliano Maciocci, dem „Head of Product and User Experience“ bei eLife.

Wie aber kann man als Forscher überhaupt einen solchen „Reproduzierbaren Artikel“ erstellen? Im Moment müssen die Autoren laut Maciocci die Codes für ihre Manuskripte noch selbst generieren und mitliefern. Am einfachsten geht das über den frei verfügbaren, nutzerfreundlichen Manuskript-Editor Stencila. Aber bis eLife einmal so weit ist, den „Reproduzierbaren Artikel“ standardmäßig anbieten zu können, soll die Nutzung noch deutlich kundenfreundlicher werden.

Auf Nachfrage gibt Maciocci zu, dass Leser, die Abbildungen im Artikel verändern wollen, zurzeit noch über Programmierkenntnisse verfügen müssen – sicher ein Hemmschuh für manchen Biowissenschaftler. Aber auch da sei eLife am Ball. So arbeite man daran, den Vorgang so weit zu vereinfachen, dass letztlich jeder, der in der Lage ist, eine Grafik in Excel zu erstellen, auch mit dem „Reproduzierbaren Artikel“ arbeiten kann. Und irgendwann gehört der „Reproduzierbare Artikel“ dann wohl zur Publikationslandschaft dazu – so wie heute PDF und Open Access.

Larissa Tetsch



Letzte Änderungen: 25.03.2019