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Schneller Protein-Eintopf

(10.10.2018) Für ein optimiertes Verfahren zur zellfreien Proteinsynthese schmeißt man alle Zutaten in einen Pott. Das geht einfach und ist günstig.
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Für die Expression rekombinanter Proteine verwenden Forscher häufig E. coli oder verschiedene Hefe-, Tier- oder Pflanzen­zellen, die als Zellfabriken dienen. Manchmal ist es jedoch geschickter, ganz auf Zellen zu verzichten und das Wunsch­protein frei von zähen Zelltrümmern, störenden Stoff­wechsel-Produkten und gefräßigen Proteasen in einem zellfreien Transkrip­tions-­/Translationssystem herzustellen.

Früher verwendete man dazu oft Zellextrakte, die neben den für die Expression benötigen Komponenten, auch undefinierte Bestandteile enthielten. Sauberer geht die zellfreie Proteinexpression mit dem 2001 im Labor des Translations-Experten Takuya Ueda an der Universität Tokio entwickelten PURE (Protein Synthesis Using Recombinant Proteins)-System.

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Synthetasen, Transferasen, Kinasen

Alle für die Transkription/Translation nötigen Protein-Komponenten werden einzeln gewonnen, gereinigt und dann auf die Wunsch-DNA losgelassen. Das klingt recht einfach, ist in der Praxis aber ziemlich kompliziert. Zur Expression sind nicht weniger als 36 verschiedene Proteine nötig: tRNA-Synthetasen der 20 Aminosäuren, Methionyl-tRNA-Formyltransferase, Initiations-, Elongations- und Release-Faktoren, Ribosomen-Recyclingfaktor, Kreatinkinase, Myokinase, Nukleotid-Diphosphat-Kinase, Pyrophos­phatase sowie T7 RNA-Polymerase.

Die 36 verschiedenen Ansätze zu bearbeiten, ist eine ziemliche Herausforderung, nicht nur für die Infrastruktur des Labors sondern auch für die Forscher an der Bench. Kommerzielle Fertigmixturen wie NEB PURExpress erleichtern zwar die Arbeit – aber auch die Geldbörse. Sebastian Märkl und seine Mitarbeiterin Barbora Lavickova von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) haben sich das PURE-System deshalb genauer angeschaut und ein einfaches OnePot-PURE-System entwickelt. Anstatt alle 36 Komponenten (für Transkription, Translation und Energieerzeugung) erst einzeln zu gewinnen und in der in-vitro-Expression wieder zu vereinen, läuft hier schon bei der Komponenten-Produktion inklusive Aufreinigung alles in einem Topf ab.

Hie und da umgeklont

Wie sieht das OnePot-PURE-Verfahren genau aus? Zunächst besorgte sich das Forscherduo die entsprechenden 36 E. coli-Klone vom Erstautor des PURE-Papers Yoshihiro Shimizu, der inzwischen am Riken-Institut in Osaka, Japan, das Labor für Zellfreie Proteinsynthese leitet. Märkl und Lavickova klonierten hie und da etwas um, bis alle Klone in pET-Vektoren mit sechsfach-His-Fusionstag und einem Ampicillin-Resistenz-Gen vorlagen. Diese kultivierten sie dann separat in 0,3-ml-Vorkulturen über Nacht und vermehrten anschließend je 0,1 ml davon in einer 500-ml-Kultur.

Induktion, Aufschluss, Reinigung des Zellextrakts und Aufkonzentrierung/Umpufferung der 36 eluierten Proteine fand in einem einzigen Topf statt. Nach Vorexperimenten kamen die Forscher zum Schluss, dass man sich auch die exakte Zelldichte-Bestimmung der Über-Nacht-Vorkulturen sparen kann - im 500-ml-Einheitsgebräu holen Kulturen mit dünneren Zelldichten auf.

Lavickova und Märkl nahmen an, dass die relativen Mengenverhältnisse der 36 Komponenten für die Effizienz des PURE-Systems entscheidend sind. Deshalb schauten sie sich zunächst das Proteinprofil des Original-Shimizu-PURE-Protokolls an. In diesem dominierte der Translationsfaktor EF-Tu, der etwa die Hälfte der Protein-Komponenten ausmachte. Gleichzeitig beobachteten sie, dass sich kleine Konzentrations­abweichungen der übrigen 35 Komponenten nicht auf die Ausbeuten der Proteinexpression auswirkten.

Vergleichbare Ausbeuten

Die beiden konzentrierten sich daher auf EF-Tu. Sie kombinierten ihre Vorkulturen so, dass EF-Tu-Produzenten anteilsmäßig mit 3%, 17%, 38% sowie 47% im Zellgemisch beim Überimpfen vertreten waren. Alle anderen beließen sie bei dem Mischungsverhältnis von 0,1 ml auf 500 ml. Tatsächlich erreichte das OnePot-PURE-System mit der 47%-Mischung die höchsten Ausbeuten bei der Proteinexpression (einziges Testprotein war eGFP). Die Ausbeute von eGFP war vergleichbar mit der des PURE-Express-Systems von NEB und etwas höher als die des Shimizu-Systems.

Die Vorteile der OnePot-PURE-Technik sind das einfache Handling sowie die deutlich niedrigeren Kosten im Vergleich zu kommerziellen Systemen. Zum Sparerfolg der Schweizer tragen insbesondere auch hausgemachte Ribosomen (für die Ribosomen-Gewinnung wandelten die Forscher ein bestehendes Protokoll nur leicht ab) und Puffer bei. Zu hoffen ist, dass das OnePot-PURE-Protokoll nicht nur bei der gezeigten Expression von eGFP so gut und preiswert funktioniert, sondern auch bei anderen Proteinen. Einen Versuch sollte es aber allemal wert sein.

Andrea Pitzschke

Lavickova B., Märkl S. (2018): A simple, robust, and low-cost method to produce the PURE cell-free system. bioRxiv, DOI: 10.1101/420570



Letzte Änderungen: 10.10.2018