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Explosive Extraktion

(26.09.2018) Mit magnetischen Beads lassen sich Nukleinsäuren sehr einfach isolieren. BOMB-Beads kann man für‘n Appel und‘n Ei auch selbst herstellen.
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Die Extraktion von Nukleinsäuren ist alltägliche Praxis in den meisten molekular­biologischen Laboren. Üblicherweise werden kommerzielle Kits verwendet, deren Protokolle auf Kieselsäure-Matrizen oder Ionenaustauschersäulen und mehrfachen Zentrifugen-Schritten basieren. Diese Kits sind teuer und verwenden toxische Chemikalien wie zum Beispiel Phenol. Außerdem sind sie nicht für Hochdurchsatz-Ansätze geeignet – zum einen weil Standard-Tischzentrifugen nur 24 Röhrchen fassen und zum anderen, weil die Verarbeitung großer Mengen schlichtweg unerschwinglich ist.

Schneller, einfacher und falls nötig automatisch geht es mit kleinen magnetischen Nano- oder Mikropartikeln (magnetischen Beads), die eine simple und zuverlässige Isolierung genomischer, plasmidischer und mitochondrialer DNA ermöglichen. Die Oberfläche der Beads ist funktionalisiert, zumeist mit Silikat oder Carboxylat, sodass unter optimierten Bedingungen die DNA selektiv an die Oberfläche der Magnetkugeln bindet – während die anderen Bestandteile wie Proteine, Verunreinigungen et cetera in der Lösung verbleiben. Die gereinigte DNA kann dann direkt für Folgeexperimente wie Sequenzierung oder Restriktionsverdau eingesetzt werden.

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Forscherallianz schließt Lücke

Der große Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, dass keine Zentrifugen oder Vakuum­verteiler benötigt werden, die bei vielen automatisierten Prozessen zu einem Engpass führen können. Die Eignung der Magnet-Bead-Technologie für den Hochdurchsatz ist eigentlich bekannt. Dennoch hat sich diese Technologie im Labor noch nicht so richtig durchgesetzt, da es an einfachen und frei verfügbaren Protokollen fehlt. Diese Lücke schließt eine Forscherallianz um Tomasz Jurkowski von der Universität Stuttgart und Timothy Hore von der Universität Otago, Neuseeland. Die Gruppe präsentiert auf bioRxiv eine Open-Source-Plattform, BOMB.bio, die sowohl neue als auch etablierte Protokolle für die Magnet-Bead-Technologie der Forschungsgemeinde zur Verfügung stellt.

Für die Nukleinsäure-Extraktion mit magnetischen Beads existieren verschiedene kommerzielle Kits. Kaum einer weiß jedoch, dass die Synthese magnetischer Nanopartikel und deren Funktionalisierung mit einer Silica- oder Carboxylschicht mit dem Standard­equipment eines jeden molekularbiologischen Labors und mit günstigen Materialien durchführbar ist. Die Betreiber der BOMB-Plattform beschreiben, wie man mit wenigen Reagenzien auf Basis von Eisenchloridlösungen (FeCl 3 und FeCl 2) Magnet-Beads kostengünstig herstellt.

Magnet-Rack zum Selberbauen

Die Kügelchen werden bei der Nukleinsäure-Extraktion in einem magnetischen Feld immobilisiert. Das Feld wird solange aufrechterhalten, bis die unerwünschten Kompo­nenten der Lösung mit Proteinen und Zellresten über Waschschritte entfernt wurden. Anschließend wird die DNA oder RNA mit einem Elutionspuffer von den magnetischen Beads getrennt, woraus sich eine sehr reine Probe ergibt.

Hierfür benötigt man einen Magneten, der zum Beispiel an der Außen- oder Unterseite eines Röhrchens angebracht ist. Die entsprechenden kommerziellen Magnet-Racks (Magnet und Probenbehälter) sind sehr teuer. Auf der BOMB-Plattform findet man jedoch eine DIY-Anleitung für deren kostengünstige Herstellung. Das Prinzip ist einfach: Ein Magnet, zum Beispiel ein Ringmagnet, wird an einen Laborbehälter, etwa eine Mikrotiter­platte oder ein PCR-Streifen geklebt oder geklemmt. Noch eleganter geht es mit einem 3D-Drucker. Hierfür sind auf BOMB verschiedene Designs für das 3D-Drucken von 96-Well-Racks verfügbar.

Auf der BOMB-Plattform finden sich Protokolle für die Hochdurchsatz-Reinigung von Plasmiden, genomischer DNA und totaler RNA aus verschiedenen Quellen sowie von Gesamtnukleinsäuren (TNA) und PCR-Amplikons. Nach der Extraktion mit den BOMB-Beads können die resultierenden Nukleinsäuren, mithilfe weiterer BOMB-Protokolle gereinigt oder an Folgeexperimente für weitere Analysen übergeben werden.

200 Proben in 45 Minuten

Ein großer Vorteil der Methode ist es, sequentielle Aufreinigungen in einem Röhrchen effizient durchzuführen. Mit den BOMB-Mikroplatten-Racks im 96-Well-Format kann man circa 200 Proben innerhalb von 45 Minuten bearbeiten. Da die BOMB-Methoden außerdem gut zehn bis zwanzigmal billiger sind als kommerzielle säulenbasierte Protokolle, eignen sie sich hervorragend für groß angelegte Experimente von Gruppen mit begrenztem Budget.

Besonders schön ist das Format der BOMB-Plattform. Sie enthält neben den Protokollen ein Forum, das Forschern die Möglichkeit bietet, die Plattform aktiv mitzugestalten, indem bestehende Protokolle verbessert und neue hinzugefügt werden können. Die BOMB-Betreiber sehen dies als wichtigen Schritt zur Demokratisierung der Life Sciences.

Derzeit liegt der Fokus von BOMB noch auf Nukleinsäuren. Das Ziel der Initiatoren ist, weitere Bead-basierte Protokolle für vielfältigere Anwendungen zu entwickeln. So können beispielsweise sowohl die Carboxylat- als auch die Silicat-Beschichtung durch weitere funktionelle Gruppen wie Cofaktoren, Proteine oder Antikörper (zum Beispiel Beschichtung mit Protein G) chemisch derivatisiert werden, was zusätzliche Funktionalitäten der Beads ermöglicht. Jurkowski und Co. sind sich sicher, dass die BOMB-Website und das Forum diese Entwicklung erleichtern werden.

Miriam Colindres

Oberacker P. et al. (2018): Bio-On-Magnetic-Beads (BOMB): Open platform for high-throughput nucleic acid extraction and manipulation. bioRxiv, DOI:10.1101/414516



Letzte Änderungen: 26.09.2018