Editorial

„Wir sind ein Copyshop für Plasmide“

(20.09.2018) Kleine hochreine DNA-Ringe vom Fließband? Genau das gibt's seit 18 Jahren in Bielefeld. Wir betreten die PlasmidFactory.
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Laborjournal fragt: Warum heißt Ihre Firma PlasmidFactory? Geschäftsführer Martin Schleef, Biologe und DNA-Dompteur, antwortet.

Herr Schleef, wie sind Sie zum Geschäftsführer einer Plasmidfabrik geworden?

Martin Schleef: Ich habe an der Uni Bielefeld studiert und promoviert und bin dann als Postdoc ans Institut Pasteur gegangen. Zu der Zeit wurden dort DNA-Impfungen entwickelt, und so bin ich auf die Plasmide gekommen. Nach sechs Jahren als Gruppenleiter ‚Gentherapie‘ bei Qiagen in Hilden habe ich dann mit drei weiteren Leuten die Firma PlasmidFactory gegründet. Und die wird dieses Jahr 18, also volljährig. [lacht]

Editorial

Was stellen Sie in Ihrer Fabrik her?

Schleef: Manchmal fragen mich Menschen, die keinen wissenschaftlichen Hintergrund haben: Was genau macht ihr eigentlich? Denen sage ich: Wir sind ein Copyshop. Wir bekommen eine Vorlage geschickt, das ist ein Plasmid als Ausgangsmuster, wir stellen dann viel und in hoher Qualität davon her und liefern es zurück.

Sie produzieren also große Mengen an Plasmid-DNA. Sie erwähnten eben die DNA-Impfung. Was haben Plasmide mit Impfungen zu tun?

Schleef: Die braucht man, um zu impfen. Bis damals ging man davon aus, dass DNA immunologisch nicht wirksam ist, dass stattdessen – wie bei einer klassischen Vakzine – ein Protein in den Körper eines Lebewesens gebracht werden muss, um eine Immun­reaktion auszulösen. Bei der DNA-Vakzine injiziert man aber Gene, so dass die Zelle diese Proteine selbst herstellt. Das führt zu einer wesentlich besseren Immun­reaktion, da der Zelle eine Infektion mit zum Beispiel einem Virus vorgegaukelt wird. Das haben wir damals am Pasteur-Institut mit der Impfung gegen Hepatitis B begonnen. Diese Genstücke, die man in der Zelle zum Zwecke der Impfung exprimieren möchte, werden auf Plasmiden in die Zellen gebracht.


Geschäftsführer Martin Schleef

… oder als Minicircle-DNA. Was genau ist das?

Schleef: Die Minicircle-DNA ist unsere eigene Entwicklung. Sie ist wie ein Plasmid ein super-spiralisierter Ring. Auf einem Plasmid befindet sich neben dem relevanten Gen aber auch noch der sogenannte Backbone, also der für die Replikation in E. coli wichtige Origin of Replication sowie eine Antibiotika-Resistenz. Das sind mindestens 2.000 Basenpaare, die wir für eine Vakzine oder eine Gentherapie nicht benötigen. Das Ausgangs- oder Parentalplasmid für die Minicircle-DNA hat zwei Rekombinations­sequenzen, zwischen denen sich auf der einen Seite das Gen von Interesse befindet und auf der anderen Seite das Plasmid-Backbone. Bei der Cis-Rekombination des Parentalplasmids entsteht eine Art Acht und dann zwei Ringe. Wir haben ein Verfahren entwickelt, mit dem wir den relevanten Ring, die Minicircle-DNA, in hochreiner Form und homogen super-spiralisiert erhalten können. Beides ist wichtig für eine spätere Anwendung in Gentherapie-Ansätzen.

Wer benötigt so große Mengen hochreiner DNA und wofür?

Schleef: Ich gehe auf die letzte Frage zuerst ein. Riesige Mengen braucht man, damit man eine konsistente Charge hat. Wenn ich immer wieder zwei Milligramm herstelle, muss ich jedes Mal eine Qualitätsprüfung und Anwendungsoptimierung durchführen. Mit 100 Milligramm kommt der Kunde aber mehrere Wochen oder Monate hin. Das ist beispielsweise in klinischen Studien wichtig, in denen mit der Zeit immer mehr Patienten eingebunden werden. Wir bieten auch sogenannte pDG-Plasmide an, mit denen man ein Zwei-Plasmid-System zur Herstellung Adeno-assoziierter Viren (AAV) betreiben kann. Die AAV-Gentherapie boomt momentan, und das Ausgangsmaterial für die viralen Vektoren, saubere Plasmide, machen wir hier in Bielefeld.

Ihre Kunden stammen also hauptsächlich aus der pharmazeutischen Industrie?

Schleef: In der Anfangsphase waren 90 Prozent unserer Kunden aus der Akademia. Dort haben wir uns etabliert, weil wir garantierte Mengen liefern: Wenn jemand 100 Milligramm bestellt, dann bekommt er sie auch. Wir sagen nicht: Sorry, da kam nicht mehr raus. Mittlerweile sind wir bei etwa 60 Prozent Industrie, wobei die akademischen Kunden nicht weniger wurden sondern die Zahl aller Kunden mehr, so dass sich das Verhältnis verschiebt. Anfangs interessierten sich die Großen nicht für uns. Sie dachten: Wer weiß, wie lange es euch noch gibt. Das hat sich inzwischen geändert.

Ihr Fabrikprodukt schlägt sich offensichtlich im Namen wider.

Schleef: Ja. Zu der Zeit der Gründung, also im Jahr 2000, hatten wir uns noch keinen Namen ausgedacht, weil wir erst einmal damit kämpften zu lernen, wie man einen Businessplan schreibt. Deshalb haben wir als Platzhalter für den Firmennamen ‚DNA-Fabrik‘ eingesetzt. Später haben wir festgestellt, dass man einen solchen Namen außer im deutschsprachigen Raum nicht gut verwenden kann. Die englische Übersetzung wäre ‚DNA Factory‘ gewesen. Da wir aber Plasmide herstellen, ist es eben PlasmidFactory geworden. Der Firmenname ist also die englische Übersetzung eines deutschen Platzhalters.

Die Fragen stellte Sigrid März

    Steckbrief PlasmidFactory

  • Gründung: 2000
  • Sitz: Bielefeld
  • Mitarbeiter: 18
  • Produkt: Herstellung und Analyse von Plasmid- und Minicircle-DNA


Letzte Änderungen: 20.09.2018