Editorial

Suche nach E.T.

(08.08.2018) Wenn jemals Leben auf dem Mars existierte, basierte es vermutlich auf Nukleinsäuren. Eine US-amerikanische Gruppe will den Marsboden nach diesen außerirdischen Genomen absuchen.
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Wie sucht man etwas, von dem man nicht einmal weiß, ob es überhaupt existiert? Solange niemand die Nicht-Existenz bombensicher bewiesen hat, spricht, abgesehen vom Zeit- und Kostenaufwand, nichts gegen eine Suchaktion. Je höher der Wert beziehungsweise die Bedeutung des potenziellen Fundes, desto geringer ist die Hemmschwelle loszulegen. Eine ungefähre Ahnung, von dem was man finden will, sollte man aber schon haben.

Ein Beispiel hierfür ist die Suche nach außerirdischem Leben auf dem Mars. Mit hoher Wahrschein­lichkeit würde es, wie auch auf der Erde, auf Nukleinsäuren basieren. Und die müsste man auch heute noch im Marsboden nachweisen können. Fehlt nur noch ein geeignetes Instrument, das kleinste DNA-Mengen auch in der bitterkalten Marswüste aus dem Boden extrahieren und detektieren kann. Ein Team um Christoffer Carr und Maria Zuber vom Massachusetts Institute of Technology hat sich im Rahmen des „SETG-Projekts“ (Search of ExtraTerrestrial Genomes) vorgenommen, dieses Mars- und Raum­stationen-taugliche Nukleinsäure-Detektions­gerät zu bauen. Carrs Life-Detection-Gerät besteht aus zwei Komponenten: einer Nukleinsäure-Extraktions­einheit, die Spuren von Nukleinsäuren aus Bodenproben extremer Standorte isoliert, sowie einem MinION-Nanoporen-Sequenzierer. Wie weit die Gruppe inzwischen ist, beschreibt sie auf bioRxiv.

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Karg wie auf dem Mars

Irdische Böden enthalten ein Sammelsurium an Substanzen die DNA regelrecht festkrallen. Extrem­standorte, wie zum Beispiel karge Wüstenböden, unterscheiden sich nicht allzu sehr vom Marsboden und eignen sich daher als Testgelände für das Extraktionsgerät. Enthalten sie Nukleinsäuren, dann nur in homöo­pathischen Mengen und von schwer zugänglichen Organismen, wie zum Beispiel Bacillus-Sporen.

Die Mannschaft aus Massachusetts versetzte deshalb verschiedene „Marsboden-Analoga“, etwa von Vulkankratern, Atmosphä­renstaub oder stocksauren Böden, gezielt mit winzigen Mengen (16.000 Sporen mit circa 70pg DNA/50mg Boden) Bacillus-Sporen. Anschließend untersuchte sie, wie viel DNA das Life-Detection-Instrument extrahierte und zu brauchbaren Sequenzdaten verarbeitete.

Für die Extraktion der DNA-Spuren nutzte die Gruppe eine sogenannte Carrier-DNA aus einer beliebigen, bekannten DNA (in diesem Fall Lambda-Phagen-DNA), um die für die Isolierung nötige kritische Nukleinsäure-Menge zu erreichen. Die extrahierte DNA bestand also aus einem Gemisch aus der zugesetzten Carrier-DNA und den in der Probe vorhandenen seltenen Nukleinsäuren.

Robuster Sequenzierer

Bei der anschließenden Nanoporen-Sequen­zierung wird jede einzelne Nukleinsäure zuerst aufgedröselt, dann durch eine Nanopore geschickt, und anhand der basen­spezifischen Potenzial-Unterschiede sequenziert. Der MinION-Sequenzierer ist ziemlich hart im Nehmen und funktioniert auch unter simulierten Marsbe­dingungen. Da jede Nukleinsäure einzeln sequenziert wird, gehen die Signale der gesuchten seltenen Sequenzen nicht im Hintergrund-Rauschen der Carrier-DNA unter. Interessant für Astrobiologen ist, dass der Nanoporen-Sequen­zierer nicht nur die Standard-Nukleinsäuren A,C,G und T erkennt, sondern auch ungewöhnliche Vertreter wie zum Beispiel Inosin, dessen Nukleobase Hypoxanthin in Meteoriten-Material vorkommt.

Wie weit man die Detektions­grenze mit dem Carrier-DNA-Trick drücken kann, demonstriert die Gruppe in einem separaten BMC Bioinformatics-Paper. Den Forschern gelang es, 0,2 ng Bacillus subtilis-DNA in einem Hintergrund von 1.000 ng Lambda-Phagen-DNA mit der sogenannten CarrierSeq nachzuweisen.

Artefakte in den Mülleimer

Ein eigens ausgetüftelter Algorithmus sortierte hierbei die Sequenzdaten. Da die Sequenz der Carrier-DNA bekannt ist, lässt sie sich leicht aussortieren. Was bleibt, sind aber nicht nur die heißersehnten echten Proben-Sequenzen, sondern auch Artefakte. Letztere entlarvte das Team, indem es anhand von Poisson-Verteilungs-Berechnungen ein Qualitäts­kriterium einbaute: Lieferte eine einzelne Nanopore (Channel) sieben oder mehr Reads, war etwas faul. Diese Datensätze ordnete die Gruppe als high quality noise reads ein und warf sie in den digitalen Mülleimer - nach dem Motto: „besser etwas durch die Lappen gehen lassen, als in die Irre laufen“.

Wenn tatsächlich Nukleinsäure-Spuren im Marsboden vorhanden sein sollten, besteht also durchaus eine Chance, dass das Life-Detection-Instrument der SETG-Gruppe sie findet. Die Mitarbeiter von Carr und Zuber arbeiten deshalb mit Hochdruck daran, ihre Weltraum-taugliche DNA-Spürnase in einen Mars-Rover zu integrieren.

Andrea Pitzschke



Letzte Änderungen: 25.07.2018