Editorial

Do-It-Yourself-Detektion

(11.07.2018) Nukleinsäuren detektiert man entweder mit radioaktiven Proben oder teuren Digoxigenin-Kits. Genauso sensitiv und wesentlich günstiger ist ein Hybridi­sierungs-Protokoll vom Institut Pasteur.
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Ob Southern-, Northern- oder „nur“ Dot-Blot – die Detektion von Nukleinsäuren ist ein Klassiker. Wer damit zu tun hat, weiß, dass wirklich strahlend schöne Blots am besten mit Sonden gelingen, die mit radioaktivem 32P markiert sind. Die Sonde findet sequenz-spezifisch ihr komple­mentäres Gegenstück in einem Nukleinsäure-Gemisch. Ein Denaturierungs-Schritt sorgt dafür, dass sich etwaige Doppelstränge trennen und neue Partner­schaften eingehen können.

Nur hat nicht jedes Institut ein 32P-Abonnement und manchmal nicht einmal ein Isotopen-Labor. Selbst wenn, steht mitunter eine Schwangerschaft im Weg. Längst gibt es deshalb Kits mit nicht-radioaktiven Sonden, die zum Beispiel mit Digoxigenin (DIG) markiert sind. Die Detektion erfolgt hier mit einem anti-DIG-Antikörper, der an ein entsprechendes Signal-Enzym gekoppelt ist. Das übliche Bauchweh mit Kits gilt aber auch hier: die Kits sind teuer, die Komponenten einzeln schwer nachzubestellen und die Puffer-Rezepturen Betriebs­geheimnis.

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Eigene Rezeptur

Ein Team um den Molekular­biologen Guy-Franck Richard vom Institut Pasteur in Paris kreierte deshalb seine eigene Rezeptur für die DIG-vermittelte Nukleinsäure-Detektion. Das Verfahren ist günstiger und schneller als die kommerziellen Pendants. Dass es in mancher Hinsicht mit radioaktiven Verfahren nicht ganz mithalten kann, schmerzt den Experimentator nur, wenn er exakte quantitative Daten sehen will.

Die Gruppe hat drei Hybridi­sierungs-Verfahren verglichen: Detektion mit radioaktiv-markierter Sonde, DIG-markierte Sonde und kommerzieller Detektions-Kit sowie DIG-Probe und selbst zusammen­gestelltes Hybridisierungs-Protokoll. Testobjekte waren drei gereinigte Gen-Abschnitte aus Hefe unterschiedlicher Länge (300, 500, 750 Basenpaare), die jeweils mit einer PCR hergestellt wurden.

Bei der radioaktiven Detektion markierte die Gruppe die Sonde mithilfe der Klenow-Polymerase, die den heißen Phosphat-Rest von 32P-dATP an das PCR-Produkt hängt. Die DIG-Markierung für die nicht-radioaktive Hybridisierung führte sie mit einer Taq-Polymerase durch, die während der PCR-Amplifikation hie und da ein DIG-tragendes dUTP in die entstehende Sonde einbaute.

Ab in den Chemikalien-Raum

Bei der Hybridisierung trennten sich jedoch die Wege von kommerziellem Kit und Do-It-Yourself-Protokoll. Während die Kit-Route diverse Puffer verlangte, genügte bei der Selfmade-Version ein Gang in den Chemikalien-Raum. Die Hybridisierung verlief über Nacht: beim Kit in einer ominösen Lösung bei 42°C, bei der DIY-Variante bei 65°C in 250mM Natrium­phosphat-Puffer, 7% SDS und 1mM EDTA. Die Franzosen wuschen die Membran danach zweimal zehn Minuten in 20mM Natrium­phosphat-Puffer, 1% SDS und 1mM EDTA. Anschließend blockten sie die Membran eine Stunde in 75mM Maleinsäure (pH7,5), 200 mM NaCl, verfeinert mit fünf Prozent fettfreiem Trockenmilch-Pulver bei 60°C.

Anders als beim Kit verwendete das Team für den Blockierungs- und anschließenden Antikörper-Bindeschritt (Phosphatase-gekoppelter anti-DIG-Antikörper, eine Stunde bei Raumtemperatur) dieselbe Mixtur. Beim Waschen (zweimal fünfzehn Minuten bei Raumtemperatur) gaben sie statt Milchpulver 0,3 Prozent Tween20 hinzu.

Die Detektion (fünf Minuten bei Raumtemperatur) der Phophatase-Aktivität erfolgte mit dem chemi­lumineszenten Substrat CSPD in 100 mM Tris (pH 9,5) und 100 mM NaCl. Alles in allem dauerte die Prozedur von der (über Nacht-)Hybridisierung bis zum detektieren Signal (Chemdoc oder Film) eine knappe Stunde - und damit etwa zwanzig Minuten weniger als bei dem Kit. Doch wie sah es mit der Ergebnisqualität aus?

Dreißig-mal sensitiver

Die Sensitivität ihrer Technik ermittelten die Forscher mit Dot-Blots, auf denen sie Verdünnungs-Reihen genomischer Hefe-DNA auftrugen. Die DNA hybridisierten sie mit je einer der drei gen­spezifischen Sonden. Anschließende beobachteten sie, bis zu welcher Verdünnung noch ein messbares Signal zu erkennen war. Die DIY-Variante war je nach DNA-Probe genauso sensitiv wie der kommerzielle Kit oder sogar fünf- bis dreißig-mal sensitiver. Warum die Empfindlichkeit bei den drei getesteten Gen-Abschnitten derart schwankte, ist unklar.

An die schönen Hybridisierungs-Signale der radioaktiven Detektions-Methode kommt aber auch die DIY-DIG-Methode nicht heran: Nur bei ihr waren die Signal-zu-Hintergrund-Verhältnisse perfekt linear.

Dennoch liefert die neue Methode durchaus brauchbare Southern-Blots und kann zum Beispiel Hefe-Klone mit unterschiedlich langen Gen-Varianten unterscheiden. Sie ist nach den Angaben der Franzosen mindestens genauso gut wie die kommerzielle DIG-Variante, aber zwölfmal billiger und insbesondere für qualitative Tests geeignet. Geht es um Akkuratesse und quantitative Aussagen, raten die Franzosen jedoch zu radioaktiven Hybridisierungs-Proben.

Andrea Pitzschke

Viterbo D. et al. (2018): A fast, sensitive and cost-effective method for nucleic acid detection using non-radioactive probes. Biology Methods and Protocols, 3(1), 1 January 2018, bpy006



Letzte Änderungen: 11.07.2018