Editorial

Strom beschleunigt Gel-Färbung

(06.06.2018) Die Coomassie-Färbung von Protein-Banden ist zeitaufwendig und das verwendete Methanol giftig. Schneller und gesundheitsschonender geht es mit der elektrophoretischen Variante.
editorial_bild

Die gute alte Coomassie-Färbung für das Anfärben von Proteinen in PAGE-Gelen – verlässlich, ja, aber man muss mindestens vier Stunden dafür einrechnen oder man färbt das Gel gleich über Nacht. Durch Kochen der Färbelösung in der Mikrowelle lässt sich die Coomassie-Färbung beschleunigen. Doch eine siedende Methanol-Lösung macht die Prozedur nicht gerade ungefährlicher. Verzichtet man auf Methanol, bleibt immer noch die Gefahr, sich bei den Waschschritten mit kochend heißen Lösungen zu verbrühen. Kommerzielle Färbe-Systeme sind zwar schnell und kommen ohne Methanol aus - sie sind aber kostspielig.

Alles nicht gerade das Non-Plus-Ultra, dachte sich der Japaner Fumihiro Motojima, Molekularbiologe am Biotechnology Research Center der Toyoma Prefectural University. Motojima tüftelte solange, bis er einen Weg fand, seine Gele schnell, einfach und kostengünstig mithilfe der Elektrophorese zu färben.

Coomassie-Blau enthält zwei negativ geladene Sulfit-Gruppen, wodurch der Farbstoff in einem elektrischen Feld beweglich ist. Auf die Idee, Gele elektrophoretisch zu färben, kamen Forscher schon in den sechziger Jahren. Ihre Färbelösung enthielt jedoch Methanol und die Elektrophorese dauerte zwei Stunden.

Editorial
Glycin verbessert Mobilität

Motojima experimentierte mit verschiedenen Ansätzen, um die elektrophoretische Gel-Färbung deutlich schneller mit ungefährlichen Färbelösungen zu erreichen. Dabei konzentrierte er sich insbesondere auf die pKa-Werte von Coomassie-Blau, die bei 1,15 und 1,82 liegen. Er setzte der zehnprozentigen Essigsäurelösung, die standardmäßig als Färbelösung verwendet wird, 100 mM Glycin zu, um den pH-Wert der Lösung von 2,2 auf 2,6 zu erhöhen. Dies führte zu einer stärkeren negativen Ladung des blauen Farbstoffs, wodurch sich auch dessen Mobilität im elektrischen Feld in Richtung Anode verbesserte. Außerdem resultierte hieraus eine höhere elektrische Feldstärke, da Glycin als Gegen-Ion zu Acetat wirkt.

Die Ergebnisse dieser Vorversuche waren der Grundstein für Motojimas elektro­phoretisches Färbe-Protokoll. Für die schnelle Fixierung der Proteine ohne Methanol erhitzte Motojima die Gele nach der Elektrophorese in der Mikrowelle in fünfzig Milliliter Wasser. Fünf Minuten bei 600 W reichten aus, um das destillierte Wasser zum Kochen zu bringen. Zwei Minuten benötigte er zum Abkühlen und Entfernen von überschüssigem SDS.

Ab in die Transfer-Einheit!

Im nächsten Schritt erfolgte die elektrophoretische Färbung-/Entfärbung in einer Semi-Dry-Transfer-Einheit. Als Kathodenpuffer verwendete der japanische Forscher eine verdünnte Coomassie-Blau-Lösung aus 0,08 Prozent (w/v) Coomassie, zwanzig Prozent Ethanol, zehn Prozent Essigsäure sowie 0,1 M Glycin. Der Anodenpuffer hatte die gleiche Zusammensetzung, enthielt aber kein Coomassie-Blau.

Vor dem Zusammenbau der Elektrophorese-Einheit tränkte der Japaner ein Filterpapier jeweils in Kathodenpuffer sowie Anodenpuffer. Das fixierte Gel tauchte Motojima ebenfalls in Anodenpuffer und platzierte es zwischen die Filterpapiere in die Transfer-Einheit. Bei 1200 mA lief der Farbstoff innerhalb von fünfzehn Minuten durch das Gel und färbte die aufgetrennten Proteine. Anschließend entfärbte Motojima das Gel. Dazu tauchte er es in die Entfärbelösung, die statt Methanol Ethanol enthielt, erhitzte es kurz in der Mikrowelle und schüttelte es in der Entfärbelösung für maximal sechzig Minuten bei Raumtemperatur.

Das Ergebnis des Japaners kann sich im Vergleich mit der Standardfärbung durchaus sehen lassen. Motojima konnte mit seinem neuen Protokoll fünf Nanogramm Protein nachweisen. Bei der konventionellen Coomassie-Färbung liegt die Detektionsgrenze bei etwa zehn Nanogramm. Auch bei aufgetrenntem E.coli-Lysat war die Bandenintensität bei der elektrophoretischen Methode sowohl bei hohen als auch bei mittleren Molekulargewichten stärker als bei der Standardfärbung.

Ethanol effizienter als Methanol

Zudem ist der abschließende Entfärbe-Schritt in Ethanol effizienter als in Methanol. Führte Motojima die Entfärbung in der konventionellen methanolhaltigen Lösung durch, glich das Ergebnis dem des Standard-Protokolls. Offensichtlich beugt Ethanol einer übermäßigen Entfärbung effizienter vor als Methanol.

Die elektrophoretische Trennung nach Motojimas Protokoll dauert zwar länger als bei kommerziellen Färbesystemen, dafür punktet sie bei den Kosten. Lediglich für das Elektrophorese-Netzteil muss man etwas tiefer in die Taschen greifen. Die Kosten für die Gel-Färbung selbst sind aber sehr überschaubar und liegen unter einem halben Dollar pro Färbung.

Ein weiterer Vorteil ist das Ethanol in der Entfärbelösung, das sich positiv auf die Detektions-Empfindlichkeit auswirkt und weitaus weniger gesundheitsgefährdend ist als Methanol. Die Entfärbung der Gele dauert in der Regel nicht länger als eine halbe Stunde. Das ist äußerst praktisch, wenn die Zeit für Folge-Experimente im Labor entscheidend ist, mehrere Gele pro Tag gefärbt werden müssen oder Ärzte in Krankenhäusern auf schnelle Ergebnisse warten.

Motojimas Elektrophorese-Färbung ist eine echte Alternative zur Standard-Coomassie-Färbung, die schnell, sicher, kostengünstig und sensitiv ist.

Miriam Colindres



Letzte Änderungen: 06.06.2018