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Geldsegen für Risikoprojekte

(01.02.2018) Immunologe Veit Hornung von der LMU erhält einen der begehrten Leibniz-Forschungspreise. Wir sprachen mit ihm.
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(01.02.2018) Am 19. März diesen Jahres verleiht die DFG in Berlin den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2018 – unter anderem an Veit Hornung, Professor für Immunbiochemie am Genzentrum der LMU München. Für seine Beiträge zur angeborenen Immunität erhält er 1,25 Millionen Euro. Die andere Hälfte des Preisgeldes geht an seinen Kollegen Eicke Latz von der Universität Bonn, mit dem Hornung bereits als Postdoc in den USA zusammenarbeitete. Die Forschungsgelder können die Ausgezeichneten nach ihren eigenen Vorstellungen für ihre Forschungsarbeit verwenden.

Laborjournal: Waren Sie überrascht, den Leibniz-Preis zu bekommen?

Veit Hornung: Ich habe erst unmittelbar vor Veröffentlichung der Pressemitteilung davon erfahren. Das war natürlich eine Überraschung. Meine Kollegen haben absolut dicht gehalten.

Was macht das Gebiet der angeborenen Immunität für Sie so interessant?

Hornung: Das angeborene Immunsystem unterscheidet über rezeptor-basierte Mechanismen körpereigene von fremden Molekülen und kann damit mikrobielle Pathogene erkennen. Im Laufe der Evolution sind Erkennungsstrategien entstanden, die hochspezifisch einzelne mikrobielle Muster erkennen können, die im Wirt so nicht existieren. Deswegen spricht man hier auch von Mustererkennungs-Rezeptoren.

Gleichzeitig gibt es Sensoren, die indirekt auf Eindringlinge reagieren. Diese Systeme reagieren zum Beispiel auf Zellschäden, die durch mikrobielle Erreger verursacht wurden. Das ist zwar ein sensitives Verfahren, um Gefahr wahrzunehmen, birgt andererseits aber das Problem, dass endogene Stresssignale ebenfalls zur Aktivierung führen können. Diese Mechanismen spielen deshalb auch bei sterilen Entzündungserkrankungen eine wichtige Rolle. Neben den molekularen Mechanismen ist das auch konzeptionell für uns ein interessantes Thema.

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Können Sie einige Ihrer Entdeckungen genauer beschreiben?

Hornung: Als Postdoc im Labor von Gunther Hartmann an der LMU konnte ich zeigen, dass der Rezeptor RIG-I virale RNA erkennt, wenn sie am 5´-Ende eine Triphosphatgruppe trägt. Das ist ein Beispiel für eine typische Mustererkennung. Als Postdoc an der University of Massachusetts Medical School konnte ich den Rezeptor AIM2 charakterisieren, der doppelsträngige DNA im Zytoplasma erkennt.

Mit meiner eigenen Arbeitsgruppe habe ich mich dann weiter auf zytosolische Nukleinsäureerkennung fokussiert. Hier konnte ich mit meiner Gruppe zum Beispiel den neuartigen Second Messenger cGAMP charakterisieren, der nach Erkennung von Virus-DNA im Zytoplasma erzeugt wird und so eine antivirale Immunantwort induziert. Für dieses System konnten wir einen neuen Amplifikationsmechanismus der antiviralen Immunität aufzeigen. So wird cGAMP über Gap Junctions auch in Nachbarzellen transportiert, wo es eine antivirale Immunantwort induzieren kann.

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Credit: LMU/Jan Greune

Ein weiterer Schwerpunkt meiner Forschung ist das Inflammasom-System, dessen Rezeptor-Liganden-Interface bisher nur wenig verstanden ist. Auf diesem Gebiet konnten wir in den letzten Jahren Fortschritte verzeichnen, indem wir stark in Genome Engineering-Technologien investiert haben. So können wir jetzt mittels Knockout-Technologie Signaltransduktionsprozesse in Zellsystemen Schritt für Schritt auseinandernehmen. Mit konventioneller Mausgenetik würden solche Projekte viele Jahre dauern, unabhängig davon, dass man hier viele technische Hürden überwinden müsste. So konnten wir kürzlich einen neuen Zelltod charakterisieren, der nach DNA-Erkennung zur Inflammasomaktivierung führt.

Wann haben Sie Ihren Kollegen Eicke Latz zum ersten Mal getroffen?

Hornung: Das war wohl Anfang der 2000er auf einem TOLL-Meeting, einem großen Innate Immunity-Kongress. Ich habe mir lange überlegt, wo ich meinen zweiten Postdoc machen könnte. Die Frage war, wo ich genug Momentum aufnehmen kann, um später eine eigene Gruppe zu gründen. Ich habe mich dann bewusst gegen einen Principal Investigator entschieden, den schon jeder kennt und der bereits 10 bis 20 Postdocs hat.

Stattdessen bin ich zu zwei jungen Arbeitsgruppenleitern an die University of Massachusetts Medical School gegangen, Kate Fitzgerald und Eicke. Es hat sich gelohnt. In dieser Zeit konnte ich zwei wesentliche wissenschaftliche Arbeiten zur Charakterisierung von AIM2 sowie zur Aktivierung des NLRP3-Inflammasoms durch lysosomalen Schaden veröffentlichen, die in Nature sowie Nature Immunology erschienen sind.

Was waren weitere ausschlaggebende Faktoren für Ihre erfolgreiche Forschungskarriere?

Hornung: Ich hatte das Glück, in Laboren zu arbeiten, wo junge Leute früh gefördert wurden. Mein Doktorvater Stefan Endres und auch mein damaliger Arbeitsgruppenleiter Gunther Hartmann haben Ratschläge gegeben, worauf man bei einer wissenschaftlichen Karriere achten muss. Harte Arbeit gehört natürlich auch dazu. Mir hat die Forschung aber immer großen Spaß gemacht, da man nicht so schnell in Routine verfällt.

Inwieweit unterstützt der Leibniz-Preis Ihre Forschung?

Hornung: Mit dem Preisgeld kann ich Projekte angehen, die nicht rein hypothesen-getrieben und auch etwas risikoreicher sind. Das ist schon ein großer Vorteil, zumal sich sonst solche Arbeiten nur schwer beantragen lassen.

Sie waren in den USA und Deutschland tätig. Wie beurteilen Sie die beiden Forschungsumfelder im Vergleich?

Hornung: Die Funding-Situation in Deutschland ist für junge Arbeitsgruppenleiter derzeit weniger kompetitiv als in den USA. Auch auf europäischer Ebene gibt es gute Fördermöglichkeiten. Ich selbst habe zwei ERC Grants bekommen. Langfristig wäre es schön, wenn Standorte in Deutschland die gleiche Anziehungskraft auf Spitzen-Postdocs haben könnten wie zum Beispiel Boston oder San Francisco.

Interview: Bettina Dupont



Letzte Änderungen: 01.02.2018