Editorial

Warum heißt Ihre Firma eigentlich Scalable Minds, Herr Rzepka?

(9.11.17) Rede und Antwort steht der Informatiker Norman Rzepka, Gründungsmitglied und Co-Geschäftsführer der Potsdamer Softwarefirma Scalable Minds.
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Norman Rzepka © Privat

Herr Rzepka, Sie haben Scalable Minds gemeinsam mit Tom Bocklisch und Tom Herold noch während Ihres Studiums gegründet. Wie kam es dazu?

Norman Rzepka: Wir haben das Unternehmen sogar schon ziemlich zu Beginn unseres Studiums gegründet, im dritten Bachelor-Semester. Zum einem wollten wir praktische Erfahrungen sammeln – für den Beruf, den wir später ausüben. Mit einer Firma kann man mit Kunden direkt an Problemen arbeiten, abseits von dem, was die Uni zur Verfügung stellt. Der zweite Grund war, dass wir Kontakt zum Frankfurter Max-Planck-Institut für Hirnforschung hatten, die bei einem Softwareprojekt Unterstützung brauchten. Das war sozusagen unser erster Auftrag. Tja, und seitdem gibt es uns.

Sind Sie alle klassische Informatiker, oder gab es Exkurse in die medizinische oder Bioinformatik?

Rzepka: Wir sind eher klassische Informatiker. Allerdings haben wir am Hasso-Plattner-Institut hier in Potsdam studiert. Dort liegt der Fokus im Vergleich zu anderen Informatik-Studiengängen auf der praktischen Anwendung, hin zur Unternehmungsgründung. Deshalb lag die Firmengründung schon nahe.

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Wer nimmt Ihre Dienste in Anspruch? Sie erwähnten eben bereits das MPI für Hirnforschung in Frankfurt.

Rzepka: Ja genau, die sind noch immer ein großer Kunde von uns. Wir sind eine Softwareprojektfirma, das heißt, wir arbeiten viel mit Artificial-Intelligence-Technologien und bauen Systeme, die mit sehr großen Datenmengen klarkommen. Bisher lag unser Fokus auf der Hirnforschung, aber wir übertragen diese Technologie jetzt auch auf andere Anwendungsgebiete. Inzwischen arbeiten wir mit verschiedenen Firmen zusammen, breit gefächert, Forschungsinstitute und Unternehmen. Aber wir bieten beispielsweise auch Workshops an.

Erklären Sie bitte, wie Sie auf den Namen Scalable Minds gekommen sind. Der hört sich ja doch recht wissenschaftlich an.

Rzepka: Als wir die Firma gründen wollten, brauchten wir für den Eintrag beim Gewerbeamt zügig einen Namen. Irgendwann hatten wir dann eine Shortlist von drei verschiedenen Namen, darunter eben auch Scalable Minds. Ein anderer war zum Beispiel Scalox. Letztendlich haben wir unsere Freunde über Facebook abstimmen lassen, welchen Namen sie am griffigsten fänden, welcher sich auch für professionelles Auftreten eignet, und was man damit in Verbindung bringt. Scalable Minds ist es dann geworden. Wir sind sehr glücklich mit dem Namen. Er beschreibt die Scalability – sprich, dass wir Systeme bauen, die mit sehr großen Datenmengen hantieren. Außerdem zeigt der Name mit 'Minds', dass unsere Wurzeln in der Hirnforschung liegen.

Dementsprechend sieht Ihr Logo auch verdächtig nach einer Zelle aus ...

Rzepka: Genau, unser Logo ist einer Nervenzelle nachempfunden und eine Anspielung auf die Hirnforschung. Die Zelle streckt ihre Fühler in verschiedene Richtungen aus und integriert sich so in verschiedene Prozesse. In der Zelle, in dem Hexagon, ist ein kleines Kraftwerk. Das ist unsere Software, die Daten verarbeitet.

Ihre Webadresse endet auf .io. Ich habe mir sagen lassen, dass diese Endung bei „Techies“ beliebt ist, da sie als Kürzel für Input/Output steht. Was hat es damit auf sich?

Rzepka: Ja, das ist zurzeit eine sehr beliebte Domain-Endung. Wenn man sich Softwaresysteme anschaut, dann gibt es Daten, die auf der einen Seite herein- und auf der anderen Seite wieder herauskommen. Das ist mit 'Input/Output' gemeint. Die Software, die Datenverarbeitung, steckt quasi dazwischen. Wir haben aber auch noch die typischen Adressen mit .com und .de. Meist nehmen wir aber scm.io, weil es kürzer ist und Informatiker tippfaul sind [lacht].

Kommen wir noch einmal auf die Hirnforschung zurück. Ihr erster großer Auftrag war das Programm webKnossos, das Sie gemeinsam mit dem MPI für Hirnforschung entwickelt haben (doi:10.1038/nmeth.4331). Was kann dieses Programm?

Rzepka: Das ist ein Tool, mit dem man sehr große, dreidimensionale Bilddatensätze anschauen und – vor allem – annotieren kann. Wenn Sie zum Beispiel einen Datensatz aus der Hirnforschung haben, dann wollen Sie wissen, wie die Zellen aussehen, wohin sie gehen und so weiter. Die Datenmengen sind so umfassend, dass die Forscher sie nicht alleine auswerten können. Das Besondere an webKnossos ist nun, dass das Programm im Browser funktioniert (https://webknossos.org/). So können Leute weltweit, eine große Gruppe menschlicher Annotatoren, die Software verwenden, um ihr Puzzlestück zur Hirnforschung beizutragen. WebKnossos ist also ein Annotierungstool, dass menschliche Operationen bei der Datenanalyse so effizient wie möglich macht.

Und wie sind Sie auf den Namen gekommen?

Rzepka: Gar nicht. Es gab bereits vorher eine Software, die Knossos hieß (doi:10.1038/nn.2868) und von der webKnossos inspiriert ist. Die wurde ursprünglich von Wissenschaftlern am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg entwickelt und wird dort auch weiterentwickelt (https://knossostool.org/). Der Name basiert auf dem Palast von Knossos auf Kreta aus der griechischen Mythologie. In einem Labyrinth am Palast wurde der Minotaurus festgehalten. Die Aufgabe der Software ist es, das Labyrinth der Nervenzellen zu rekonstruieren.

Die Fragen stellte Sigrid März

Gründung: 2011

Sitz: Potsdam

Mitarbeiter: 12, inklusive der drei Gründer

Produkt: Programme zur Verarbeitung großer Datenmengen

 

Foto zur Verfügung gestellt von Norman Rzepka.



Letzte Änderungen: 04.12.2017