Editorial

Warum heißt Ihre Firma eigentlich Enzymicals, Herr Menyes?

(1.6.17) Rede und Antwort steht Ulf Menyes, promovierter Verfahrenschemiker und seit 2011 Geschäftsführer des Greifswalder Mittelstandsunternehmens Enzymicals.
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Ulf Menyes
© Enzymicals AG

Herr Menyes, wer hat die Firma gegründet und sind noch alle Gründer dabei?

Ulf Menyes: Nein, leider nicht. Und Sie reden auch mit keinem Gründer dieses Unternehmens. Die Basis der Gründung war eine Idee von Uwe Bornscheuer, Professor für Biochemie an der Uni Greifswald. 2009 hat er als Mentor mit drei seiner Postdoktoranden das Unternehmen mithilfe einer EXIST-Förderung gegründet und ist auch weiterhin Vorsitzender des Aufsichtsrates. Mitgründer Rainer Wardenga war bis Ende März unser wissenschaftlicher Vorstand, ist jetzt aber in eine einjährige Elternzeit gegangen. Eine weitere Gründerin, Marlen Schmidt, ist inzwischen in Heidelberg. Der dritte Mitgründer ist bereits 2010 aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen, wie sich das Unternehmen entwickeln soll, ausgeschieden. Und da bin ich dann gefragt worden. Seit dem ersten Januar 2011 bin ich nun Geschäftsführer, genauer Vorstandsvorsitzender der Enzymicals AG.

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Enzymicals klingt nach Kunstwort, nach Symbiose zweier Begriffe.

Menyes: Genau, Enzymicals setzt sich zusammen aus "Enzyme", "Chemical", und das hochgestellte "S" im Kreis steht für "Solutions", also Lösungen, Prozesse, die wir entwickeln. Das ist eine optische Abgrenzung zu Enzymical, wie ein Registered-Trademark-Zeichen. Wenn wir das S nur hinten angehängt hätten, hätten alle immer nur Enzymicals gelesen. Die Prozessentwicklung sollte aber als eigener, wichtiger Bereich erkennbar bleiben.

Der i-Punkt von Enzymicals ist sicherlich auch nicht ganz zufällig auf der stilisierten Weltkugel gesetzt, nicht wahr?

Menyes: Richtig. Wenn Sie mal genau hingucken, ist das gar nicht die Weltkugel, sondern die Küstenlinie hier oben an der Ostsee. Sie sehen Rügen und Usedom. Und der Punkt, das ist Greifswald.

Sie verkaufen also Enzyme und Chemikalien, das lässt zumindest der Firmenname vermuten.

Menyes: Wir verkaufen Enzyme, aber das ist nicht unser Kerngeschäft, davon können wir nicht leben. Die Enzyme sind eher unser Fenster nach außen. Damit zeigen wir, dass wir wissen, wie man mit Enzymen umgeht, wie man sie herstellt, wie man sie nach Indien, die USA, Südafrika oder Brasilien verschickt. Denn auch das ist eine Herausforderung, etwas thermisch nicht gerade stabiles wie einige der Enzyme um die Welt zu schippern. Da kann es schon einmal passieren, dass einem die Lieferung flöten geht, weil sie beim Zoll liegen bleibt. Dann sind da noch die Chemikalien, die sollen in Zukunft unser Standbein werden. Wir produzieren biokatalytisch, also mithilfe von Enzymen, hergestellte Chemikalien und hoffen natürlich auf die Chemikalie, die dann mal groß am Markt nachgefragt wird.

Sie hoffen noch? Das ist also auch noch nicht Ihr Kerngeschäft?

Menyes: Nein, noch nicht. Da wollen wir hin; wir wollen im großen Maßstab Chemikalien produzieren. Aber was der Markt im Moment braucht, sind die Wege und Prozesse, mit den Enzymen Chemikalien herzustellen, also Prozessentwicklung: Was mache ich mit den Enzymen, wie nutze ich sie, um eine Chemikalie wirtschaftlich sinnvoll herzustellen, einschließlich der Aufarbeitung des Produktes? Das ist unser eigentliches Ziel, den ganzen Prozess, inklusive Analytik, inklusive Prozessparameter und Aufarbeitung, zu erarbeiten. Das ist dann das, was wir verkaufen.

Das heißt, Sie verkaufen das als Dienstleistung oder als eine Art Wissenspaket?

Menyes: Das hängt vom Kunden ab. Was wir wollen, ist das eine. Wir haben auf einige Prozesse Patente angemeldet, dafür würden wir gerne Lizenzzahlungen erhalten. Aber Firmen wir Roche, Novartis oder Pfizer sind nicht so 'amused', wenn wir diese Forderungen stellen. Die Großen aus der pharmazeutischen Industrie, in Europa und den USA, versorgen wir deshalb eher mit Dienstleistungen.

Und Universitäten? Kleine Unternehmen? Gehören die auch zu Ihren Kunden?

Menyes: Unsere Hauptkundschaft sind Mittelstandsunternehmen. Es sind auch einige Hochschulen dabei, die unsere Enzyme für die Forschung und zum Ausprobieren kaufen. Ansonsten sind das meistens Kooperationen in Förderprojekten des Bundes oder auch der EU.

Außer über Förderprojekte, wie finanzieren Sie sich?

Menyes: Unsere Firma ist auf strategischen Investments aufgebaut. Wir haben also weder Venture Capital noch Bankkapital als Unternehmenskapital im Unternehmen, sondern zwei Firmen mit Minderheitsbeteiligung, die selber Startups waren und den Firmenaufbau hinter sich haben. Dadurch ist der Aufsichtsrat, neben Herrn Bornscheuer bestehend aus Brain-AG-CEO Jürgen Eck sowie Dagmar Braun, Mitinhaberin und -geschäftsführerin der Braun Beteiligungs GmbH, ein exzellentes Beratungsgremium. Seit zweieinhalb Jahren sind wir nicht mehr fremdfinanziert, leben also von unseren eigenen Umsätzen.

Die Fragen stellte Sigrid März

Steckbrief: Enzymicals AG

Gründung: 27.08.2009

Sitz: Greifswald

Mitarbeiter: 16

Produkt: Enzyme, Chemikalien und Prozessentwicklung



Letzte Änderungen: 28.06.2017