Editorial

Auge auf Wanderschaft

(25.8.16) Ein Stranderlebnis mit einem Plattfisch erinnert unseren Autor an eine Abbildung im Entwicklungsbio-Lehrbuch.
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© Wikimedia, user 4028mdk09, CC-BY-SA

Bei der Jagd auf Krebse im flachen Meerwasser ist dem Laborjournal-Autor und seinen Kindern diesen Sommer ein richtig großer Fisch ins Netz gegangen (naja, "groß", mit etwas Anglerlatein. Aber immerhin größer als die erwarteten Krebse).

Eine zufällig vorbeisausende Flunder oder Scholle verfing sich im Kindernetz. Zur Artbestimmung fehlte die Expertise, und der Zufallsfund machte sich auch gleich wieder auf und davon.

Allerdings reichte der kurze Moment aus, um die Besonderheit der bizarren Plattfische zu bewundern: Flundern und Schollen schwimmen auf der Seite. Die weiße "Unterseite" ist eigentlich die linke (oder, je nach Art, die rechte) Seite, an den Kiemen sieht man das deutlich.

Aber die Anpassung an eine Lebensweise des gut getarnten, auf der Seite liegenden Lauerns am Sandboden brachte ein Problem mit sich. Augen entwickeln sich bei Wirbeltieren für gewöhnlich links und rechts der Mittellinie, das heißt, ein Auge der Flunder würde nutzlos im Sand stecken. Erwachsene Plattfische haben deshalb – sehr ungewöhnlich im Tierreich – beide Augen auf der linken bzw. rechten Seite.

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Embryonal sind die Augen aber ganz konventionell  angelegt, eines links, das andere rechts. Erst im Verlauf der Larvalentwicklung wandert ein Auge rüber auf die andere Seite.

Der Entwicklungsbiologe  Alexander Schreiber (St Lawrence University, New York State)  hat die Plattfisch-Metamorphose mitsamt der bizarren Augenwanderung vor ein paar Jahren in einer beeindruckenden Bilder-Serie festgehalten:

 

Wer sagt's denn, Reisen bildet – manchmal sogar ein fauler Strandurlaub.

 

Hans Zauner



Letzte Änderungen: 21.09.2016