Scharfe Optik in Handarbeit

(18.07.2019) In Leipzig geht‘s Glasscheiben mithilfe von Plasmastrahlen an den Kragen. Die Strategen des Startups Trionplas Technologies formen so hochpräzise Linsen.
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Editorial

Laborjournal fragt: Warum heißt Ihre Firma Trionplas? Physiker und Geschäftsführer Hendrik Paetzelt kennt die Antwort.

Herr Paetzelt, im letzten Jahr hat Trionplas Technologies den Innovationspreis Mittel­deutschland in gleich zwei Kategorien abgeräumt: im Cluster Chemie/Kunststoffe und den Lokalpreis Leipzig. Was genau macht Ihre Technologie so ‚innovativ‘?

Hendrik Paetzelt: Im Prinzip geht es darum, die Form einer Linse zu gestalten. Klassisch macht man das mit Schleifen und Polieren. Wir gehen einen anderen Weg und nutzen einen Ätzprozess. Dem Plasmastrahl, den wir erzeugen, wird ein reaktives Gas zugesetzt. Das löst Quarzglas auf. Je länger wir den Plasmastrahl an einer Stelle verweilen lassen, desto mehr Material wird abgetragen. Damit können wir sehr feine Strukturen erzeugen.

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Das Plasma ätzt also nur an der spezifischen Kontaktstelle Plasma-Gas-Gemisch/Glas?

Paetzelt: Genau. Das Plasmagas ist Helium, und dem wird die reaktive Komponente Fluorgas beigemengt. Im Vorfeld simulieren wir, welche Form eine Linse haben soll. Das Programm gibt dann die Geschwindigkeit vor, mit welcher der Plasmajet über die Ober­fläche fährt. So können wir lokal begrenzt Oberflächen bearbeiten.

Wer benötigt denn solche handgefertigten Optiken?

Paetzelt: Das sind Firmen, die optische Systeme neu aufbauen wollen. Die brauchen für ihre Systeme keine klassischen Linsen wie Sphären oder Planflächen, sondern etwas Besonders wie zum Beispiel spezielle Freiformen oder Asphären. Die bekommt man aber nicht auf dem Markt oder nur gegen sehr viel Geld. Wir bieten das Verfahren günstiger und schneller an. Eingebaut werden unsere Linsen etwa in Interferometer oder zur Strahl­formung, sprich um Laserstrahlen gewisse Formen zu verleihen.

Wagen wir einen Blick in die Lebens­wissenschaften und hier auf Optiken in Mikroskopen. Waren Sie schon bei Ihren Nachbarn in Jena?

Paetzelt: Klar, in Jena sind viele große Optik-Firmen, die unsere Kunden sind. Da gibt es schon Kontakt. Oft werden unsere Linsen dort eingesetzt, um Standard-Mikroskope zu verbessern. Denn um Fehler zu korrigieren, weil die Optiken nicht hundertprozentig genau sind, benötigt man spezielle Linsen.


Georg Böhm (links) und Hendrik Paetzelt. Credit: T. Schoch

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Welche anderen Anwendungspotentiale Ihrer Technologie sehen Sie? Es war von Dekontaminationen die Rede, auch in der Medizin?

Paetzelt: Das war im Institut eine Zeit lang ein Forschungsprojekt, also Plasma zur Oberflächen-Desinfektion. Um jedoch Medizinprodukte auf den Markt zu bringen, müssen etliche regulatorische Hürden genommen werden. Darauf waren wir als Institut nicht ausgerichtet, und als Firma auch nicht. Außerdem sind im medizinischen Anwendungs­bereich von Plasmen bereits viele Forscher unterwegs, zum Beispiel das INP in Greifswald [Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie]. Das ist einfach nicht der Markt, in dem wir uns wohlfühlen. Die Optik liegt uns mehr.

Genau das macht die Firma Trionplas: präzise Optiken. Gibt es eine Gründungs­geschichte?

Paetzelt: Nach meinem Studium bin ich an das Leibniz-Institut für Oberflächen­modifi­zierung gewechselt, das ebenfalls hier in Leipzig sitzt. Dort habe ich neun Jahre als Wissenschaftler an Plasma-Verfahren zur Oberflächen-Bearbeitung gearbeitet. Ich bin dann immer mehr in die Richtung Technologietransfer gerutscht, also Kundenakquise, Verfahrens­optimierung, Messeauftritte. Denn das Interesse von Kunden an unserer Technologie war da. Trotzdem wurden wir noch als Forschungsinstitut wahrgenommen, nicht als Dienstleister. Irgendwann haben wir entschieden auszugründen, insgesamt mit fünf Gesell­schaftern. Aktiv waren wir anfangs zu zweit, Georg Böhm und ich. Inzwischen haben wir einen weiteren Mitarbeiter, der Pro­grammier-Arbeiten übernimmt.

Das klingt sehr rational und wohldurchdacht.

Paetzelt: Als Wissenschaftler in Deutschland sind Sie in der Regel Projekt-Angestellter. Das heißt, man arbeitet zwei oder drei Jahre auf seinem Projekt und muss sich danach ein neues Projekt, neues Geld suchen. Das ist für eine langfristige Lebensplanung, ich sag mal, nicht so gut [lacht]. Die Chancen, als nicht-promovierter Physiker eine feste An­stellung zu bekommen, stehen schlecht. Deshalb habe ich das mit der Firmengründung einfach versucht.

Im Firmennamen finde ich Ionen und Plasma, dennoch die Frage: Was bedeutet Trionplas?

Paetzelt: Transfer von Ionen- und Plasma­technologie. Die Namensfindung war schwierig. Wahrscheinlich ist das ein wichtiger Punkt während einer Firmengründung, aber trotzdem hat man dafür wenig Zeit. Im Vorfeld hatte ich einige andere Namen im Kopf. Aber wenn man zu fünft ausgründet, hat jeder seine Meinung dazu. Trionplas war der kleinste gemeinsame Nenner.

Welche anderen Vorschläge gab es denn?

Paetzelt: Eigentlich sollte die Firma Triplas heißen. Wir waren zu diesem Zeitpunkt nur zu dritt, deswegen hätte das mit ‚tri‘ gut ge­passt. Dann kamen aber noch zwei Wissenschaftler dazu, von denen einer die Ionenstrahl-Technologie mitbrachte. Daraus wurde dann Trionplas. Der erste Gedanke war aber ‚Atasco‘. Das fand ich persönlich sehr ansprechend, bis ein Gesellschafter den Begriff googelte und feststellte, dass die Übersetzung dieses spanischen Wortes ‚Verstopfung‘ ist. Zwar im Sinne von Stau, also Straßenverstopfung, trotzdem wurde ein Veto eingelegt, denn das war dann doch zu mehrdeutig.

Die Fragen stellte Sigrid März


    Steckbrief Trionplas

  • Gründung: 2017
  • Sitz: Leipzig
  • Mitarbeiter: 3
  • Produkt: Plasmajet-Technologie zur Herstellung präziser Glaslinsen